Mit dem Fahrrad nach Istanbul

[AndreasXT600]

Guten Abend.
Ein Tag mit Auf und Ab geht zu Ende. Zum einen die Berge...auf und ab. Zum anderen die Gefühle...auf und ab.
Heute morgen radle ich um die Bucht von Kotor, die kleinen Dörfer entlang. Quasi alleine. Irgendwann steht dann ein Herr am Straßenrand und schaut aufs Meer. Ich blicke hinterher, was er denn da sieht: Delfine. Vermutlich 4 an der Zahl. Und das gratis, zum Sonnenaufgang. Wie glücklich darf man sein...

Szenenwechsel:
Ab Nachmittag setzt der Regen ein. Der wurde dann zu Hagel. Komplett durchnässt (das Wasser stand in den Schuhen, der Rücken war klatschnass) fahre ich mir 10km vor dem Tagesziel eine Scherbe rein. Flicken am Straßenrand bei 9 Grad im Regen. Die anschließende ~300hm Abfahrt war schrecklich. Ich hab am ganzen Körper gezittert. Konnte jedoch kein Tempo raus nehmen, weil die Autos, Lieferwägen und LKWs dermaßen gedrückt haben.

Auf einer solchen Tour ist für jeden etwas dabei 🫠

 

[Andi#87]

Darf ich mal fragen, was Du für Reifen fährst? Irgend sowas Unkaputtbares? Da geht ne Scherbe trotzdem durch? Oder wenn nicht, warum, was anderes?

 

[AndreasXT600]

Darf ich mal fragen, was Du für Reifen fährst? Irgend sowas Unkaputtbares? Da geht ne Scherbe trotzdem durch? Oder wenn nicht, warum, was anderes?

Freilich, Fragen immer willkommen
Ich fahre einen Schwalbe Reifen in der Größe 28x2.0 Zoll. Die haben fast kein Profil. Wiegen dafür pro Stück nur ca. 550g.
Was viele nicht wissen: es gibt bei Fahrradreifen Angaben, wie haltbar diese gegen Durchschlag etc. sind. Dort sind meine Reifen ein vernünftiges Mittelmaß.

Ein Unplattbar-Reifen von Schwalbe wiegt über 1kg, also ziemlich das Doppelte. Das als rotierende Maße ist nicht so nice.

Mit insgesamt erst einen Platten bis hierher (toitoitoi) bin ich sehr zufrieden. Für mich war die Entscheidung bei der Reifenwahl somit die richtige.

 

[AndreasXT600]

Tag22+365:
Albanien. Wer nie hier war, vergisst alles was er gehört hat. Es ist anders. Es ist toll.
Sooo fahrradfreundlich im Vergleich zu den Küsten-Ländern. Selbst die LKWs halten meist die 1,5m Abstand ein. Leute grüßen permanent am Straßenrand. Halten an und nennen den Weg (ohne dass man fragt). Das ist mal wow.
An dieser Stelle auch: die 1% der schlimmsten Autofahrer sind leider auch in diesem Land. 99% machen es toll. Die anderen sind Amok².

Heute ist's einige Kilometer gelaufen (siehe letztes Bild)...

 

[janus]

Danke, Andreas, dass Du nach einem harten Tag noch die Mühe machst und hier schreibst. Das ist mühsam!
Ich lese deinen Beitrag sehr gern.
Eines fällt mir auf: Die Taschen am Vorderrad. Wenn ich solche Masse, noch dazu recht lose am Lenk-rad spazieren fahre, wie kann ich damit geradeaus fahren? Mein TÜVler würde einen Herzinfarkt erleiden, wenn ich damit zu ihm käme (Kurven fahrend).
Dir Gute Fahrt!
Gruß janus

 

[AndreasXT600]

Danke, Andreas, dass Du nach einem harten Tag noch die Mühe machst und hier schreibst. Das ist mühsam!
Ich lese deinen Beitrag sehr gern.
Eines fällt mir auf: Die Taschen am Vorderrad. Wenn ich solche Masse, noch dazu recht lose am Lenk-rad spazieren fahre, wie kann ich damit geradeaus fahren? Mein TÜVler würde einen Herzinfarkt erleiden, wenn ich damit zu ihm käme (Kurven fahrend).
Dir Gute Fahrt!
Gruß janus

Danke, Janus.
Die Taschen sind dieses Jahr nur "wenig" gefüllt. Die eine fahre ich meist leer spazieren, weil ich die (lange) Kleidung noch anhabe, die da rein soll. In der anderen Tasche habe ich hauptsächlich Futter für mich.
Bei Kurvenfahrten und plötzlich aufkommendem Seitenwind versetzt es einen schon mal um nen guten halben Meter, inklusive Schrecksekunde. Also: Lenker gut festhalten.
Ansonsten ist die Fuhre so stabil, dass ich damit schon knapp 64km/h den Berg runter geschafft hab.

 

[AndreasXT600]

Heute ging es von Albanien über die Grenze nach Nordmazedonien. Vielleicht heißt es auch nur Mazedonien. Das ist mir allerdings zweitrangig, um Politik geht es hier nicht.
Die Fahrt selbst war unspektakulär. Das darf auch mal sein. Die letzten 30km hat leichter Rücken(!)wind eingesetzt, so dass ich auch mal entspannt 30km/h+, trotz bereits knapp 100km in den Beinen, treten konnte. Insgesamt haben mich heute 122km an den Ohrid-See gebracht.
Meine Knie melden eine leichte Erschöpfung. Die Oberschenkel würden sich mal über einen Tag Pause freuen. Daher werde ich den morgigen Tag komplett hier verbringen. Bei 19 Grad, Sonnenschein und einer leichten Brise lädt das Wetter zum Verweilen ein. Ich freu mich riesig.

Wenn ich in der Planung zurück blicke: an sechs Fahrtagen habe ich es nun von Split an den Ohrid-See geschafft. Und dabei noch Mostar abseits der Küsten besucht. Krass.
Von Thessaloniki bin ich zudem nur noch ~240km (dafür einige Höhenmeter!) entfernt. Das kann ich also auch in zwei Etappen erreichen und wäre damit schon wieder am Mittelmeer. Und somit "nur" noch die Küste entlang von Istanbul entfernt. Krass².

Let the good times role!

 

[x-file]

Sehr beeindruckend deine Reise

 

[AndreasXT600]

What to say... Heute war Restday (also Pause). Hab die Stadt genossen. Und zwei-drei Bilder für euch geschossen.
Enjoy.

 

[BigJay]

Hallo Andreas!

Gerade erst entdeckt: Coole Nummer!

Wünsche eine gute Fahrt und Danke für´s Mitnehmen!

 

[AndreasXT600]

Gestern war Tag 25+365. Gibt nicht viel zu berichten über Griechenland bisher. 🫡

 

[AndreasXT600]

Der Plan war, an zwei Fahrtagen vom Ohrid-See nach Thessaloniki zu kommen. Das hat geklappt. Mit 138km gestern und 133km heute war's allerdings ein bisschen mehr als nur ein "lockeres Ausrollen".
Nachdem der gestrige Tag Recht unspektakulär war, was die Fahrt betrifft, kann ich heute zumindest über das liebe Wetter berichten.
Wärmer als 12 Grad wurde es nicht. Auf gut über 100km hat es nicht aufgehört zu regnen. Da bist dann bedient.
Alle warnen vor Albanien, was die Straßenhunde betrifft. Dort sind sie jedoch alle zu erschöpft und verfolgen einen nicht.
Hier in Griechenland schaut's schon anders aus. Ich kann jetzt noch auf den Millimeter abschätzen, wie lang die Zähne des Hundes waren, der bei 37km/h drei Meter hinter mir klebte...
Später am Tag hat mich eine 4er Gruppe gejagt. Zwei haben direkt aufgegeben. Zweien musste ich mich geschlagen geben. Die Hatz habe ich ziemlich schnell abgebrochen und bin mit 10km/h vor mich hin gerollt. Wenn man sie wenig beachtet, verlieren sie nach 500m Begleitung endlich das Interesse an einem und bleiben stehen. Bellen hört man sie noch lange.

Unspektakuläre Bilder von heute:

 

[Ragnar_Borg]

Das mit dem Wetter ist in diesem Jahr wirklich sehr ausgeprägt. Und für den Norden von Italien sind bis zum Wochenende Mengen von bis zu 300 Litern pro Quadratmeter angesagt.
Trotzdem weiter gute und vor allem eine heile Fahrt.

 

[GS-Man]

Wahnsinn! Positivem Sinne. Ich beneide deine Fahrt. Di KM muss man erstmal machen, alleine. Wahnsinn.

 

[AndreasXT600]

Das mit dem Wetter ist in diesem Jahr wirklich sehr ausgeprägt. Und für den Norden von Italien sind bis zum Wochenende Mengen von bis zu 300 Litern pro Quadratmeter angesagt.
Trotzdem weiter gute und vor allem eine heile Fahrt.

Irgendwie sind Fahrradtouren, das Wetter und ich keine gemeinsamen Freunde Wenn ich so höre wie es die letzten Tage in Deutschland war...
Für die nächste Woche bis nach Istanbul ist wohl Kaiserwetter bei mir gemeldet. Wenn's so kommt, werden's immer Anfang 20 Grad mit leichter Sonne sein. Ich bin gespannt.

Wahnsinn! Positivem Sinne. Ich beneide deine Fahrt. Di KM muss man erstmal machen, alleine. Wahnsinn.

Danke. Oft frage ich mich, ob ich alleine weiter fahre, als wenn man zu zweit wäre, oder andersrum. Ganz einfach: ich weiß es nicht.
Man muss schon extrem auf einer Wellenlänge sein um sich da gegenseitig zu pushen, wenn der Kopf mal nicht mehr will. Für mich alleine kann ich mir zumindest ziemlich gut vorstellen, was noch drin ist, wenn's eng wird.

 

[Cloudy]

Ja, in manchen Ecken wirkt GR schon ziemlich trostlos. Weiterhin Hals u. Beinbruch.

 

[GS-Schwede]

Man muss schon extrem auf einer Wellenlänge sein um sich da gegenseitig zu pushen, wenn der Kopf mal nicht mehr will. Für mich alleine kann ich mir zumindest ziemlich gut vorstellen, was noch drin ist, wenn's eng wird.

Ich bin in jungen Jahren mal eine Alpenüberquerung mit dem MTB gefahren.
Die Routenplanung war im nachhinein sehr extrem.
Da mir damals alle Mitfahrer vor der Tour abgesagt hatten, stand ich vor der Entscheidung, auch hin werfen oder alleine los...
Hab mich dann alleine in den Zug nach Oberstdorf gesetzt und bin von dort am nächsten Tag los geradelt.
War ne harte und extreme Tour.
War danach sehr froh, alleine gefahren zu sein.
An allen Entscheidungen war ich selbst schuld, und kein anderer.
Zu zweit wäre es nicht einfacher gewesen.
Eine prägende Fahrt damals für mich.
"Verlass dich nicht auf andere und mach dein eigenes Ding"

 

[AndreasXT600]

Ich bin in jungen Jahren mal eine Alpenüberquerung mit dem MTB gefahren.
Die Routenplanung war im nachhinein sehr extrem.
Da mir damals alle Mitfahrer vor der Tour abgesagt hatten, stand ich vor der Entscheidung, auch hin werfen oder alleine los...
Hab mich dann alleine in den Zug nach Oberstdorf gesetzt und bin von dort am nächsten Tag los geradelt.
War ne harte und extreme Tour.
War danach sehr froh, alleine gefahren zu sein.
An allen Entscheidungen war ich selbst schuld, und kein anderer.
Zu zweit wäre es nicht einfacher gewesen.
Eine prägende Fahrt damals für mich.
"Verlass dich nicht auf andere und mach dein eigenes Ding"

Ab und zu sehe ich hier mehr Leute, die unterwegs sind. Die (leichte) Tendenz geht eher dazu, dass sie zu zweit fahren. Ich erkläre mir das oft aber an den Kilometerleistungen. Zu zweit fahren sie meist weniger. Das geht dann wahrscheinlich auch besser, weil man weniger in mentale Grenzsituationen kommt, wenn mal wieder die 130km am Tag überschritten sind.

 

[gsnorbert]

Hi Andreas, das ist eine tolle Reise und deine Fotos sagen alles! Geil. Vielen Dank für die Mühe uns deine Reise näherzubringen.
was machen dein Rücken und die Arme? Was war das schlimmste und schönste Erlebnis? Gute Fahrt und wir sehen uns….. Grüße Norbert

 

[AndreasXT600]

Hi Andreas, das ist eine tolle Reise und deine Fotos sagen alles! Geil. Vielen Dank für die Mühe uns deine Reise näherzubringen.
was machen dein Rücken und die Arme? Was war das schlimmste und schönste Erlebnis? Gute Fahrt und wir sehen uns….. Grüße Norbert

Hi Norbert.
Danke.

Rücken und Arme sind bei mir super entspannt. Am ganzen Oberkörper habe ich zu keiner Zeit Probleme, einschließlich Nacken. Das liegt wohl daran, weil das Fahrrad halbwegs zu mir passt. Insgesamt ist das ja eher ein Tourenrad, keine Rennmaschine.
Im Vergleich zum letztem Jahr habe ich jetzt auch den Sattel gewechselt. Damit komme ich viel besser zurecht. Zwar war auch der vorherige ein Testsieger und mit 160 Euro UVP nicht günstig, aber hilft ja nix, wenn's einfach nicht passt.

Schrecklich: Die Küstenstraße von Kroatien mit allem was zum Unfall dazu gehört hat.

Herrlich: Delfine zum Sonnenaufgang. Die körperlichen Grenze erfahren und Situationen meistern. Die kleinen Gespräche mit den Leuten zwischendurch.