Mein Schlüsselerlebnis beim TÜV:
Meine Honda hat eine winzig kleine, ca. daumengroße Rolle am Fußbremshebel. Da ich auch auf der Straßenmaschine meistens mit Cross-Stiefeln unterwegs bin, habe ich ein paarmal an dem winzigen Hebel vorbei getreten. Also hab ich eine Messingrolle mit etwas größerem Durchmesser auf den Originalhebel gesteckt, ordentlich verschraubt und ein paar O-Ringe für besseren Grip darüber gezogen. 4x beim TÜV gewesen und keine Beanstandung der Rolle. Beim 5. Termin dann folgende Geschichte. Ich komme mit der Kiste aus den Dolomiten und fahre am nächsten Tag ohne vorherige Inspektion zur HU, weil doch in den Bergen alles i.O. war und mir auch nix besonderes aufgefallen war. Nach nur 5 min. Begutachtung ohne Probefahrt bekomme ich kommentarlos die Plakette verweigert und auf dem Protokoll steht: Rastpunkt Lenkkopflager und unerlaubte Manipulation an der Bremsanlage. (Die Rolle)
Ich also nach Hause, das Lenkkopflager überprüft und festgestellt, dass eine gewisse Schwergängigkeit vorhanden war. Beim genauen hinsehen ergab sich aber, dass die beiden Gaszüge und der Kupplungszug genau vor dem Lenkkopf über Kreuz lagen und sich gegenseitig geklemmt haben. Also die Züge auseinander gezupft und keine Schwergängigkeit mehr. Weil ich schon mal vorne dran war, habe ich dann noch einen Kontrollblick in die Bremszangen geworfen und gedacht mich trifft der Schlag. Alle vier Beläge runter bis auf 0,5mm Reststärke. War wohl doch etwas viel Passabfahrt in den letzten 14 Tagen. Die Bremsklötze hatte der Prüfer offensichtlich gar nicht gesehen. Was mich jetzt geärgert hat, dass er mir die Plakette verweigert hat wegen Blödsinn und man die wirklich lebenswichtigen Dinge nicht gefunden hat. Fazit: den vollen Betrag kassiert, aber nur mangelhafte Leistung erbracht. Ein Beschwerdebrief beim Dienststellenleiter wurde höchst arrogant abgebügelt mit der süffisanten Bemerkung, dass seine Mitarbeiter hochqualifizierte Fachkräfte seien und letztendlich immer Recht hätten, auch wenn das dem Laien nicht passt. Danach habe ich die Geschäftsleitung des TÜV in Essen angeschrieben, Protokoll und Schriftverkehr beigelegt und um Stellungnahme gebeten. Als Antwort kam ein Anruf eines Mitarbeiters, der sich mein Motorrad gern mal anschauen würde. Zum vereinbarten Termin stand dann ein Moppedfahrer vor meiner Tür, stellte sich als Leiter des TÜV-Ausbildungszentrums vor und sah sich mein Fahrzeug an. Nach Austausch der Bremsbeläge hatte ich nur einen Tag nach der erfolglosen TÜV-Geschichte bei einer Dekra-Prüfstelle anstandslos eine Plakette bekommen, was dem Ausbilder sofort auffiel. Nach Besichtigung und langer Diskussion bei 2 Tassen Kaffee, meinte er dann, dass er den Prüfer wohl zu einer technischen Weiterbildung einladen wolle und den Prüfstellenleiter zu einem Seminar Kundenfreundlichkeit. Das vergrößerte Bremspedal wurde von ihm als gelungene Lösung bezeichnet, die restliche Prüfung als Schlamperei. Von den vorliegenden Bremsklötzen hat er sich Fotos gemacht. Er meinte dann, ich würde noch von ihm hören und fuhr auf seiner R1100GS davon.
Eine Woche später hatte ich ein Schreiben des Geschäftsführers TÜV Essen in der Post. Die Entschuldigung war in warme Worte gefasst und sowohl von der Geschäftsleitung wie auch vom TÜV-Prüfer und seinem Prüfstellenleiter unterschrieben. Außerdem einem Scheck beiliegend über die Prüfgebühren, weil für eine definitiv nicht erbrachte Leistung keine Gebühren einbehalten werden könnten.
Die Moral von der Geschichte: Beschweren kann sich schon lohnen. Denn wenn man nicht weiß, wo man besser werden kann, dann bleibt man schlecht. Und letztendlich hat das Qualitätsmanagement doch gegriffen.
Gruß
Chris