Ich rate ab.
Tach !
Ich bin selbst Späteinsteiger, habe erst 05 mit 40 Jahren den A-Schein gemacht, natürlich auch unbeschränkt - mein "Anfängermoped" war eine K 75 RT, und das war auch gut so.
Ich halte die GS ab den 4-V-Modellen nicht für Anfängertauglich.
Das ist bei der GS auch eine Frage von Größe und Gewicht. Das reine Gewicht, die kg-Angabe im Datenblatt ist hier weniger wichtig, als die Verteilung dieses Gewichts. Die GS baut sehr hoch. Dadurch ist sie im Stand, beim rangieren und in allerlangsamster "Schleichfahrt" im 1. Gang mit schleifender Kupplung etwas kippelig.
Setzt Dich einfach mal auf eine drauf, die bei irgendeinem Händler zum Verkauf steht. Probesitzen geht immer ! Beim ersten Aufsitzen auf einer GS kommt man sich nämlich vor, wie in der Turnstunde. Und wenn Du dann oben sitzt, mit dem riesigen Lenker, dem gewaltigen Tank ... naja ...
Die GS ist leicht zu fahren und "handeln", wenn man schon Vertrauen ins Motorrad ganz allgemein gefunden hat. Ganz am Anfang ist das wohl meist nicht der Fall. Da überwiegen noch gewisse, natürliche Ängste.
Aber das mußt Du selbst wissen ! Wenn Du Dich als Fahrschüler schon für die GS interessierst, dann braucht dieser Faktor nicht entscheidend zu sein.
Das hohe Gewicht alleine braucht Dich nicht abzuschrecken. Sowie der Brocken Schrittgeschwindigkeit erreicht, wird er "gefühlte" 2 Zentner leichter.
Aber:
Ich meine, daß sie sich zu leicht fährt - vor allem auch mit der falschen Technik: eine GS kann aus der Perspektive des Anfängers unendlich lange durch die Kurve "gedrückt" werden. Dh der Oberkörper bleibt in der Vertikalen, und man 'drückt' das Motorrad mit dem Lenker unter sich in die Schräglage. Diese Technik, die eigentlich eine Ausnahmetechnik ist, kann bei der GS den Fahrbetrieb dominieren, so daß man als blutiger Anfänger geradezu verführt wird. "Drücken" ist viel leichter und kompfortabeler als das "Legen", bei dem man mit dem Oberkörper zusammen mit dem Motorrad in die Kurve legt, Körperhochachse und Hochachse des Motorrades zumindest parallel bleiben. Diese Kurventechnik ist wesentlich anspruchsvoller - aber auch wesentlich leistungsfähiger. Um das Potential einer Maschine voll nutzen zu können, muß man "legen" können. Das gilt auch für die GS, wenns flotter zur Sache geht. Wenn man die GS durch eine schnelle Kurve "drücken" will, geht man in Gefahr, daß die Zylinderköpfe dem Asphalt sehr nahe kommen. So eine Bodenberührung ist nicht unbedingt eine Katastrophe - aber sie erschreckt einen Anfänger jedoch gewaltig.
Wer auf einer GS fahren lernen will, ist daher meiner Meinung nach der Gefahr ausgesetzt, "falsch fahren" zu lernen. Und je tiefer sich so ein Fehler einschleift, um so schwerer ist es, ihn später wieder zu korrigieren.
Ich würde dem Boxer-interessierten Anfänger zu einem Roadster raten: R 850, 1100, 1150 R ! Man sitzt auf den Roadstern mindestens genauso kompfortabel, wie auf der GS, hat aber einen weniger extremen Lenker. Das Fahrwerk liegt deutlich tiefer, was das Bewegen im Schiebebetrieb, Aufbocken usw. erleichtert. Man freundet sich mit dem Roadster weitaus schneller an, als mit dem Riesengebirge von Motorrad namens GS !
Ich selbst bin 183cm lang, habe auch "extralange" Beine - aber trotzdem kann ich meiner 1150er, wenn sie auf dem Hauptständer steht, gerade so über die Scheibe linsen. Sie ist fast so hoch wie ich selbst. Wie ich schon sagte: man muß sie besteigen - auf den Roadster setzt man sich, wie vom Fahrschulmoped gewohnt, von oben drauf.
Für den Anfänger dürften sich ferner hinsichtlich der Fahreigenschaften keine wesentlichen Unterschiede bemerkbar machen - für die ersten 2-3 "Saisons" reicht es allemal ! Die Roadster haben zudem einen großen Vorteil: sie sind preismässig regelmässig 1-2.000 € unter dem vergleichbaren GS-Modell (gleicher Motor, Baujahr, Laufleistung, Ausstattung, Zustand) angesiedelt.
Und mit dem Roadster fällt es wesentlich leichter, sich in die Kurve zu legen. Man muß es auch - eben weil das Fahrwerk weniger Bodenfreiheit bietet, man mit "drücken" beim Roadster schneller an die Grenzen kommt. Man tut sich leichter, weil der Lenker schmaler ist. Bei der GS muß ich den kurvenäusseren Arm ganz schön lang machen, wenn ich mich in die Kurve hineinlegen will - oder muß. Und der Roadster läuft in schnellen Kurven deutlich stabiler - eben weil er "tiefer gelegt" ist. Das ist schlichte Fahrphysik.
Wenn Du also schon zum BMW-Händler für ne Probefahrt mußt, dann schau Dir doch auch mal die Roadster an, setzt Dich drauf, fahr sie mal ! Ich möchte fast eine Wette abschließen, daß Du Dich schon bei der Sitzprobe "in" einem Roadster wohler fühlen wirst, als "auf" einer GS.
Und warum fahre ich keinen Roadster ?
Erstens bin ich kein Anfänger - die GS habe ich November 2008 am Ende meiner vierten Saison und weit über 100.000 km auf dem Bock gekauft. Ich fühlte mich ihr "von Anfang an gewachsen".
Zweitens sind die Kurveneigenschaften der GS im engsten Geläuf, auf schmalen Bergstraßen und in Spitzkehren weitaus besser - und solche kleinen, engen, schmalen Strassen, zudem noch mit mässigem oder gar schlechten Belag sind nun mal das Revier der GS - ich wohne am Südrand des Thüringer Waldes, in ländlicher, bergiger Gegend - da gibt es viele solche Strässlein.
Drittens hat die GS hervorragende "Schlechtwegeigenschaften" - auch wenn ich kein Geländefahrer bin: über jede Schotterpiste kommt man drüber, und kann - in unserer Gegend zumindest - auch mal in den Wald oder das Feld fahren ... oft steht noch nicht mal ein Verbotsschild da, und wenn eins da steht, kümmert sich selten jemand drum, eben weil die Gegend dünn besiedelt ist.
Viertens ist die GS wegen dieser Schlechtwegtauglichkeit, der besseren Möglichkeit der Zuladung und dem besseren Wetterschutz "alltagstauglicher".
Viel Spaß bei der Qual der Wahl !
Aber eines würde ich Dir wirklich anraten: egal ob Roadster oder GS, ob Boxer oder "F", oder gar K - bleib beim weissblauen Hause für das erste Moped. Ein wirklich schlechtes Motorrad hat BMW wohl nie gebaut, die Kisten fahren sich leicht und gut, sind leistungsfähig, tolerieren die beim Anfänger unvermeidlichen Fahrfehler weitaus großzügiger, als andere Mopeds, und vermitteln ihrem Fahrer von Anfang an ein großes Vertrauen zur Maschine - sie sind nämlich spätestens seit den 80ern, seit der "K-Serie" konsequent ergonomisch "auf den Fahrer zu gebaut", sozusagen um den Fahrer herum.
Gruß
Kroni