Ich halte es für einen Irrglauben, dass man alles um die Situation von Unternehmen weiß, bevor man einsteigt. Die Verkäufer sind auch nicht dämlich und wissen, wie man Unternehmen schön darstellt und schönrechnet. Alles bekommt man auch nicht offengelegt - muss der Verkäufer auch gar nicht. Ich war schon in den ein oder anderen Unternehmenszukauf involviert hab da schon alles mögliche erlebt, von übertrieben positiver Darstellung der Produkte (die sich auch mit der Marktwahrnehmung gedeckt hat, was aber nichts bringt, wenn die Produkte dem Markt unbekannte Probleme haben!!) bis zur Bilanzmanipulation in Form von Luftbuchungen.
Die schweren Leichen im Keller wird BMW erst gefunden haben, als es schon zu spät war. Ausserdem war das Risiko gering, verglichen mit BMWs finanziellen Möglichkeiten. Sowas kann man auch nicht einfach rückabwickeln. Selbst, wenn es möglich wäre, würde das die sofortige Insolvenz für das Unternehmen bedeuten und einen viel größeren Schaden verursachen. Wie käme das auch in der Öffentlichkeit an: BMW kauft Husqvarna und macht SOFORT zu. Da war der spätere Ausgang das kleinere Übel.
BMW wird eine Risikoabwägung betrieben haben und sich angesichts des überschaubaren Risikos dafür entschieden haben. Dummerweise ist das Risiko eben eingetreten, weil die Produktion, Entwicklung und Produkte beschissener als angenommen waren.
Was man als Kunde von Castiglioni mitbekommt, sind alles leicht behebbare Misstände. Dass sie in der Realität nicht haben behoben werden können, würde ich weniger als BMWs Unfähigkeit (BMW hat schon genügend bewiesen, dass sie wissen, wie man gewinnbringend Motorräder baut), sonder als Beleg für viel tiefergehende, uns Aussenstehenden unbekannten Probleme des Unternehmens sehen. Castiglioni ist kein Depp. Wenn es einfach wäre, hätte er es auch selbst stemmen können.
Andere vergleichbare Klitschen wie Aprilia hatten diese Probleme nie, weder vor noch nach der Piaggio-Übernahme. Aprilia hatte aber auch technsiche Innovationskraft und über die Roller ein laufendes Tagesgeschäft, was beides Castiglioni fehlte.
Hätte es geklappt, hätte BMW mit Husqvarna den großen Reibach machen können. Wäre Husqvarna unter BMW zu einem ernstzunehmendem KTM-Konkurrenten geworden, hätte BMW den Einstandspreis locker verzehnfacht. Das wird mit Ducati nicht möglich sein, weil aufgrund der Marktposition, Finanzzahlen und Unternehmensstruktur der Einstandspreis zu hoch ist, um so richtig Knatter zu machen. Ducati ist ein reifes, professionalisiertes Unternehmen, das sicher eine gute Anlage ist. Den Kaufpreis vermehrfachen wird man mit Ducati aber nicht mehr. Das haben die beiden anderen Investoren vor Audi schon getan.