Habe Antwort von BMW Motorrad Direct auf meine Mailanfrage bekommen.
Da ich die Stichworte daraus nicht über die Suchfunktion finde, stelle ich
es mal ein. Steht für euch vermutlich nichts Neues drin aber vielleicht ist
es für einige ja doch interessant.
"Sehr geehrter Herr XY,
zur Zeit erreichen uns viele Anfragen aufgrund kritischer
Berichterstattungen zum BMW I-ABS.
So wurde in einem Fernsehbeitrag unter anderem über zwei Stürze bei
Fahrsicherheitstrainings des ADAC berichtet. Die ABS-Regelung setzte in
diesen Fällen nicht ein, wodurch es in der Folge zu blockierenden Rädern
kam. In einem Fall erlitt der Fahrer bedauerlicherweise
Sturzverletzungen.
Über unsere Erkenntnisse zu diesen Sachverhalten sowie über die daraus
abgeleiteten Maßnahmen möchten wir Sie mit diesem Schreiben in Kenntnis
setzen. Ergänzend möchten wir Sie über die Gesamtsituation zum Thema
I-ABS informieren.
Sondersituation Fahrsicherheitstraining
Das I-ABS hat beim Bremsen im Regelbereich einen hohen Strombedarf.
Dieser wird beim normalen Fahren nach der Bremsung durch die reguläre
Ladeleistung der Lichtmaschine ausgeglichen, so dass im Kundenbetrieb
auf der Straße, im Gelände und selbst im Renneinsatz ein ausreichender
Ladezustand der Batterie sowie eine normale Stromversorgung des
Motorrades gewährleistet sind.
In der Sondersituation „Fahrsicherheitstraining“ werden zu Übungszwecken
mehrfach hintereinander Panik-/Notbremsungen durchgeführt. Dabei kann es
dazu kommen, dass nachfolgend aufgeführte Faktoren zusammentreffen, die
sich negativ auf die Stromversorgung auswirken und dadurch die Batterie
kurzzeitig geschwächt werden kann:
-Mehrfachbremsung im Regelbereich des I-ABS, mit extrem hohem
Strombedarf in kurzer Folge;
-direkt nach der Bremsung häufig keine oder nur eine geringe Nachladung
der Batterie, weil das Motorrad im Leerlauf läuft;
-Stillstandsphasen des Fahrzeugs und Motors mit weiterem Stromverbrauch
durch das eingeschaltete Fahrlicht (Licht-Dauerschaltung).
Beim Fahrsicherheitstraining soll der Übende zudem durch gezielte
mehrfache Bremsübungen trainieren, den Handbremshebel mit maximaler
Kraft und Schnelligkeit zu bedienen.
In der Kombination von geschwächter Batterie und mehrfacher
Panik-/Notbremsübung kann das I-ABS dann unter Umständen an seine
technischen Grenzen gebracht werden, mit der Folge, dass das ABS seine
Regelfunktion nicht mehr erfüllen kann. Ein Blockieren der Räder in der
speziellen Übungssituation kann dann nicht mehr ausgeschlossen werden.
Unsere Überzeugung, dass der Ausfall des ABS nur bei Zusammentreffen
einer Defizitphase der Stromversorgung mit einer extremen Betätigung des
Handbremshebels auftreten kann, wird dadurch bestätigt, dass uns kein
einziger vergleichbarer Fall bei allen bisher gebauten Motorrädern mit
I-ABS im Straßenbetrieb, auf der Rennstrecke, im Gelände oder bei Stop-
and Go-Fahrten beziehungsweise im Stau bekannt geworden ist. Dies liegt
daran, dass die Ladebilanz selbst unter solchen Voraussetzungen zwischen
den Bremsungen im ABS-Regelbereich positiv ist.
Seitens BMW Motorrad werden wir über die dargestellten Zusammenhänge
kurzfristig und aktiv informieren, in dem wir unter anderem die Stellen,
die Fahrsicherheitstrainings durchführen, auf diesen Sachverhalt
hinweisen. Zudem werden wir empfehlen, die Zahl der kurz hintereinander
durchgeführten Übungen zu Panik-/Notbremsungen auf fünf Zyklen zu
begrenzen. Erneute Bremsübungen dieser Art sollen dann erst nach einer
ausreichenden Erholungsphase der Batterie durch andere Fahrübungen
durchgeführt werden. Eine entsprechende Kundeninformation ist ebenfalls
in Vorbereitung.
Funktionalität I-ABS
BMW Motorrad möchte die Möglichkeit nutzen, über die Funktionalität des
I-ABS zu informieren. Das I-ABS unterliegt, wie alle Komponenten unserer
Motorräder, einer intensiven, permanenten Feldbeobachtung durch BMW.
Händler, in Verbindung mit dem zentralen Kundendienst sowie der
BMW Qualitätssicherung analysieren alle gemeldeten Störungen und werten
die relevanten Fakten einschließlich der Rückmeldungen unserer Kunden
aus. Die Analyse dieser Daten brachte hervor, dass einige Kunden einen
Ausfall der Funktion „Bremskraftverstärkung“ moniert haben. In diesen
Situationen hatten die Kunden nicht mehr die volle Bremskraft, sondern
nur mehr die Restbremsfunktion zur Verfügung.
Der Sicherheitsgewinn durch das I-ABS kann nur durch einen komplexen
technischen Aufbau erreicht werden. Sobald das System einen nicht
vorgesehenen Zustand erkennt, wird die Restbremsfunktion aktiviert.
Selbstverständlich erfüllt dabei auch die rein mechanisch-hydraulische
Restbremsfunktion alle Anforderungen der weltweiten Gesetzgebung für die
Bremsauslegung von Kraftfahrzeugen. Sie ermöglicht dem Fahrer, sein
Fahrzeug sicher abzubremsen. Dennoch muss die Ursache für die
Aktivierung der Restbremsfunktion möglichst schnell behoben werden. Das
Fahren in Restbremsfunktion ist nicht dauerhaft vorgesehen, sondern
stellt eine „Notlauffunktion“ dar, die sicherstellt, dass selbst bei
einem nicht vorgesehenen Systemzustand des I-ABS das Motorrad in
ausreichender Weise abgebremst werden kann. Die Einschränkungen im
Betrieb ohne Bremskraftunterstützung sind im Einzelnen:
-die durch den Fahrer aufzubringenden, deutlich erhöhten
Betätigungskräfte und längeren Betätigungswege;
-der Wegfall der ABS-Regelfunktion.
Wir haben bei der Konzeption des Bremssystems umfassende technische
Vorkehrungen getroffen, um den Fahrer unmittelbar zu warnen, wenn nur
noch die Restbremsfunktion zur Verfügung steht. Bestandteile dieses
Sicherungssystems sind Prüfzyklen, wie der obligatorische umfangreiche
Anfahrtest bei jedem Neustart, sowie eine permanente, zyklisch
durchgeführte Eigendiagnose im Fahrbetrieb. Sobald ein nicht
vorgesehener Zustand des I-ABS erkannt wird, wird der Fahrer über eine
entsprechende, blinkende Warnleuchte über die Aktivierung der
Restbremsfunktion informiert. Potentielle Störungen erkennt die
Eigendiagnose selbst dann, wenn keine Bremsung durchgeführt wird.
Vereinzelt wurde das Bremsverhalten bei welligen Straßenverhältnissen
kritisiert. Aufgabe des ABS ist es, in den Regelbereich zu gelangen,
wenn ein Rad zum Stillstand kommt. Es wird dabei den Bremsdruck so lange
und so weit reduzieren, dass das Rad wieder anlaufen kann. Ein
gebremstes Rad wird nach einem - etwa durch eine Bodenwelle verursachten
- Abheben aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten zum Stillstand
kommen. Das ABS erkennt dies und greift regelnd ein. Bis zum
Wiederaufbau des Bremsdrucks steht in einer solchen Situation kurzzeitig
keine Bremswirkung zur Verfügung.
Subjektiv wird dies von einzelnen Fahrern als erhebliches Ereignis
erlebt. Objektive Messungen haben jedoch gezeigt, dass die
Gesamtverzögerung nur ganz geringfügig beeinträchtigt wird. Unabhängig
davon hat die Zeitschrift Motorrad (Heft 12/2005) dem I-ABS auch auf
welliger Fahrbahn sehr kurze Bremswege bestätigt.
Der Vorteil des I-ABS gegenüber allen heute auf dem Markt befindlichen
Bremssystemen, ist die sehr gute Bremsleistung und die Unterstützung
auch ungeübter Fahrer während des Bremsvorgangs. Die hohe Regelungsgüte
gewährleistet bestmöglich die Beibehaltung der Stabilität des Motorrads
trotz höchster Verzögerungswerte vom ersten Augenblick der Bremsung an.
Dies wird in unabhängigen Tests und von Kunden seit der Einführung des
Systems vor vier Jahren immer wieder bestätigt. Auch deshalb sind wir
der Überzeugung, mit dem I-ABS ein hervorragendes Bremssystem anbieten
zu können.
Durch permanente interne Qualitätsüberwachung und intensive
Feldbeobachtung sind wir sicher, kritische Problemstellungen frühzeitig
erkennen und zum Schutz unserer Kunden reagieren zu können. Der
vorliegende, aktuelle Sachverhalt im Zusammenhang mit Fahrertrainings
zeigt dies.
In Kürze werden alle Fahrzeugbesitzer einer BMW mit dem I-ABS persönlich
angeschrieben um den Sachverhalt zu erläutern und damit die allgemeine
Verunsicherung zu klären. Weiterhin bieten wir diesen Kunden zusätzlich
eine kostenlose Bremssystemkontrolle (keine Rückrufaktion) durch unsere
BMW Motorrad Händler an.
Viele Grüße
BMW Motorrad Direct"