Ich nehme ein Auseinanderdriften der Positionen wahr. In meiner Wahrnehmung gibt es einen Mainstream, der immer weiter in Richtung "Achtsamkeit", "Rücksicht" und "Ressourcenschonung" geht und gleichzeitig einen Trend zur Erlebnismaximierung. Man sehe sich mal an, mit was für einem High-Tech-Geschoss sich heute ein Hobby-Rennradfahrer auf seine Abendrunde begibt - vor 30 Jahren wäre jeder Tour-de-France-Fahrer froh um ein solches Equipment gewesen. Und während sich gleichzeitig Fahranfänger von heute nicht trauen, auf dem Beschleunigungsstreifen die Gänge mal richtig auszudrehen - weil sie das in der Ausbildung nie gelernt haben - gibt es andererseits Leute, die ihr Auto so "soundtunen", dass es sogar in einer Tempo-30-Zone in einer Tour Fehlzündungen raushaut.
Es gibt eine Gruppe von Leuten, denen es Spaß macht, einen auf dicke Hose zu machen. Im Grunde beziehen sie ihre Befriedigung daraus, andere Leute zu belästigen. Auch akustisch. Mir fallen diese Leute heute unangenehmer auf als früher. Ich frage mich, ob das daran liegt, dass ich älter geworden bin, ob diese Gruppe von Leuten heute größer ist als früher oder ob sie in einer Umgebung von Lastenradfahrern mehr auffällt als früher.
Ich persönlich brauche es nicht laut. Wenn man mal davon ausgeht, dass ein Akra etc. eine Zusatzinvestition von rund 1.000 Euro am Krad bedeutet, würden mir sehr viele Dinge einfallen, die ich an meinem Mopped für einen Tausender eher machen würde als den serienmäßigen Auspuff lauter zu machen.
Ich habe allerdings etwas Merkwürdiges festgestellt. Ich fahre seit Jahren mit Gehörschutz und probiere da immer wieder neue Sachen aus. Eigentlich hätte ich am liebsten einen Helm, der so leise ist, dass ich keinen Gehörschutz brauche, aber das ist bei unseren vollverkleideten Reiseenduros wohl eine Illusion. Mir ist aber aufgefallen, dass ich mein Mopped mit Stöpseln im Ohr nicht nur besser höre als ohne, es klingt auch besser. Bevor jetzt Bemerkungen kommen: Das ist nicht nur bei meiner Affentwin so, das war bei der R1100GS fast noch ausgeprägter. Mit Gehörschutz klingt sie dumpf und satt, geschmeidig und präzise. Ohne klingt sie klapprig und unruhig.
Diese Erfahrung hat mich auf den Gedanken gebracht, ob es nicht möglich wäre, den Motorsound - gegebenenfalls klanglich nach Wünschen des Fahrers optimiert - direkt in den Helm zu spielen. Der erste Reflex ist be iso was natürlich "Das ist fake, da kann ich ja gleich Playstation spielen". Andererseits ist Sounddesign heute ja gang und gäbe. Ich erinnere an Audi, wo sie Lautsprecher in die Endtöpfe ihrer 3.0 TDI gebaut haben, um einen Turbodiesel so klingen zu lassen wie einen Big Block. BMW spritzt bei der S1000RR im Schiebebetrieb geringe Mengen Sprit ein, um so ein geiles/aufdringliches Auspuffsprotzeln hinzukriegen. Und bei Licht betrachtet finde ich auch die Lösung mit dem Klappenauspuff als eher unschön.
In dieser Diskussion soll es ja um Nachrüstlösungen gehen, die Moppeds leiser machen. In dem Zusammenhang habe ich von der Firma Hattech gelesen, die so was offenbar baut. Ich las über die Aprilia RSV 1100, die mit einem Standgeräusch von 105 db eingetragen ist - in Tirol wird man für so was ohne Verfahren gleich erschossen. Hattech bietet eine Lösung an, die das Standgeräusch auf eingetragene 95 db bringt. 10 db weniger - das ist natürlich schon eine Menge Holz. Fraglich ist, ob sie das nur so hinschwiemeln, dass der Auspuff bei halber Nenndrehzahl kurzfristig dichtgemacht wird, oder ob die Mühle insgesamt leiser wird.
In einer Facebook-Diskussion pries jemand die Aprilia lobend mit den Worten an, der Sound sei "voll der Hass". Meinen Einwand, dass wir bestimmt nicht mehr Moppeds auf der Straße haben, die "voll nach Hass" klingen, kam bei dem Sportsfreund nicht an.
Würde ich 1.000 Euro ausgeben, um meine Affentwin leiser zu machen? Eher nicht. Ich fahre wegen der Windgeräusche im Helm ohnehin mit Gehörschutz, und ob mein Mopped nun etwas leiser ist, wird die öffentliche Wahrnehmung von Motorrädern auch nicht ändern.