Es gibt drei grundsätzliche Probleme beim Sitzen auf dem Motorrad:
1) Temperatur und Luftzufuhr
Temperatur ist häufig ein Problem. Wenn man Kunstfasterunterwäsche, Textilkombi, Plastiksitz miteinander kombiniert entsteht sehr häufig ein sehr unangenehmes, feucht-warmes Klima, die Haut wird weich und reibt sich auf.
Hier muss jeder für sich eine Kombination finden, die mit dem individuellen Empfinden funktioniert. Viele Leute schwören auf Synthetik-Funktionsunterwäsche, ich mag lieber Baumwolle oder, noch besser, Merinowolle. Wichtig ist, keine Nähte im Sitzbereich zu haben. Fast alle Unterhosen haben diese Nähte und dort bilden sich Druckstellen.
Weiterhin hilft, auf irgendeine Art und Weise für Luft- und Feuchtigkeitsaustausch zwischen Sitz und Mensch zu sorgen. Dafür verwende ich ein Sitzpolster aus Schaffell. Das macht den Sitz nicht weicher, sondern dient ausschließlich dem besseren Klima. Das funktioniert tatsächlich, ist aber mit Sicherheit nicht jedermanns Sache. Wir (meine Frau und ich) schwören beide drauf. Ein weiterer Vorteil ist, dass man weniger rumrutscht, auch wenn man Textilkleidung trägt.
Der letzte Punkt hier ist die Frage nach der Kleidung. Wenn diese keine ausreichende Belüftung zulässt, ist das ein Problem. Rukka ist sicherlich nicht verkehrt, aber wenn man darin sehr schwitzt, kann es zu oben genannten Hautproblemen durch feuchte, weiche Haut kommen.
2) Sitzpolster
Meist sind Sitzpolster zu weich. Die Sitze von Motorrädern sind fast immer auf den Ausstellungsraum ausgelegt. Will sagen, die müssen für wenige Minuten ein gutes Gefühl geben. Das macht eine weiche Sitzbank besser als eine harte. Die harte Bank funktioniert sehr viel besser auf langen Touren, aber die meisten Leute entscheiden nach 5 Minuten draufsitzen, ob sie ein Motorrad kaufen, deswegen sind Sitzbänke darauf ausgelegt.
Daran kann man im Endeffekt nicht viel machen außer halt den Schaum oder die ganze Bank gegen was besseres zu tauschen. Die einzig wirklich gute Seriensitzbank, die ich bisher auf einem Motorrad erlebt habe, war die Komfortsitzbank der R1200R - hier in den USA kommen die meisten R mit der niedrigen, unsere hatte eine hohe, die meine Frau aber gegen eine niedrige getauscht hat. Wir haben auch noch eine Touratech Bank. Beide sind sehr viel fester als meine Bank auf der GS und beide sind sehr viel bequemer. Dazu kommt noch, dass meine Frau erstens leichter, zweitens fitter, drittens sehr viel leidensfähiger ist. Daher tut mir am Ende einer Tour immer der Hintern weh während sie allgemein total fertig ist (sie ist das Fahren viel weniger gewohnt als ich).
Grundregel hier: lieber fest als weich, Form ist Geschmacksache.
Ein Fehler, den sehr viele Leute machen, ist, dass sie unbedingt "flach" sitzen wollen. Also eine Bank haben wollen die flach von vorne nach hinten geht. Diese Leute beschweren sich dann darüber, dass die BMW Bänke sie "nach vorne rutschen lassen". Was sie dann nicht verstehen, verstehen wollen, bewusst ignorieren ist die Tatsache, dass diese Art Bank eine bessere Sitzhaltung fördert. "Flache" Sitzbank == Schmerzen im Lendenwirbelbereich. Wenn man eine ordentliche Haltung lernt und die Rückenmuskeln etwas aufbaut, ist das alles kein Problem mehr.
3) Das Gewicht und der Fitnesszustand des Fahrers
Grundregel: je schwerer desto mehr Schmerz. Gewicht drückt auf die Muskeln, belastet die Haut, führt zu mehr schwitzen, verhindert eine gute Haltung, belastet die Wirbelsäule und die Oberschenkel, geht mit einem schlechten Verhältnis von Muskelmasse zu Gewicht einher.
Am besten hilft Sport der Oberschenkel, Hintern und Rücken trainiert. Auf einmal braucht man auch keine anderen Sitzbänke, höher gelegten Lenker und andere Spielereien mehr.
Das ist sicherlich die unbequemste Art, den Sitzkomfort zu verbessern, aber die einzige, die auf Dauer wirklich gut funktioniert, da man sie mit #1 und #2 kombinieren kann.
Wenn ich hier von Leuten lese, die meine Größe haben, aber über 30kg mehr wiegen, kann ich mir nicht vorstellen, dass das die muskelbepackten Fitnesspakete sind, sondern vermute, dass die Leute schlicht und einfach zu fett sind. Das ist für diese Leute halt besonders unangenehm, wenn das ganze Gewicht auf eine kleine Fläche verteilt wird und man nicht den Hintern auf einem monströsen Sofa ausbreiten kann. Sorry, wenn ich das so hart sage, aber
das ist das Hauptproblem für schmerzende Hinterteile. #1 und #2 tragen dazu bei, sind aber meist nicht das größte Problem.
Zum Thema Normgewicht: das Fahrwerk einer GS ist auf einen Fahrer von ca. 80kg ausgelegt. Der Schaum der normalen Sitzbank der GS ist für meine 72kg schon zu weich. Ich kann dennoch problemlos 600 bis 800km am Tag fahren ohne mich zu schlecht zu fühlen. Das Schaffell funktioniert für mich sehr gut:
Der letzte Punkt, außerhalb der eigentlich Auflistung und mit einem Schmunzeln gesagt: manche Leute jammern halt einfach mehr als andere.