Ich habe noch nie gelesen oder gehört, dass sich Omnivore an einen vegetarischen Imbiss stellen und dort die Gäste bekehren wollen oder gar anmachen. Schon aufgrund ihrer Gläubigen ist mir diese Pflanzenfresser-Ideologie zutiefst unsympathisch.
Ich habe in einem Kommunikationsseminar für Manager mal einen Grundsatz für Diskussionen auf Augenhöhe gelernt, der lautet: "ich bin okay - du bist okay." Und die meisten Streitigkeiten, die wir - die wir das gleiche Hobby teilen - hier haben, entstehen dadurch, dass wir dieses Prinzip missachten.
Da reicht es dann eben nicht aus, sich darüber zu freuen, dass man auch mit einer ganz alten, ganz billigen japanischen Reiseenduro an fast jeden Punkt der Erde fahren kann, ohne sich groß zu verschulden. Nein, diese an sich ganz positive Erfahrung wird zunichte gemacht, indem alle, die das Hobby anders leben - weil sie vielleicht nicht über Mitteleuropa hinauskommen, dafür aber auch gern mal 200 auf der Autobahn fahren und insgesamt großen Spaß an modernen Technik-Spielereien haben, als dumm und unfähig verunglimpft werden.
Ich fahre jetzt seit zehn Jahren Motorrad, und ich kenne eigentlich wenige andere Hobbys, bei denen die Identifikation mit Gleichgesinnten so stark verbunden ist mit der Verächtlichmachung anderer. Das mag bei Fußballfans noch üblich sein, die Hassgesänge gegen die "gegnerische" Mannschaft spielen. Aber eigentlich ist mir das als Mensch mit Abi und akademischem Hintergrund zu blöd und zu primitiv.
Wenn ich ein TomTom-Navi benutze, und kein Garmin-Navi oder Michelin-Generalkarten, dann kann man mir - bis zum Beweis des Gegenteils - durchaus glauben, dass ich vielleicht gute Gründe dafür habe - genau so wie andere gute Gründe dafür haben, sich bei diesem Thema anders zu verhalten. Und vor allem kann man mir glauben, dass ich mit meinem Navi zurecht komme und es für mich die in das Gerät gesteckten Erwartungen erfüllt, solange ich nicht selbst große Defizite beklage.
Und wenn ich sage, dass ich davon überzeugt bin, dass mein Motorrad mit 20W50 ruhiger läuft als mit 10W40, dann kann man das auch einfach als unverbindlichen Hinweis und Einzelmeinung auffassen, den man gelegentlich mal selbst überprüfen kann, aber nicht muss.
Es gibt Grenzen. Viele Vertreter der "Political Correctness" haben eine Theorie, die ihren Forderungen zugrundeliegt. Sie glauben, dass jemand, der "Kollegen" statt "Kollegen und Kolleginnen " sagt, Männer mehr schätzt als Frauen. Das, darauf muss ich leider bestehen, ist eine unbewiesene Theorie, mehr nicht. Und der Wunsch von Political-Correctness-Aktivisten, ich möge meinen Sprachgebrauch ihren Wünschen anpassen, ist für mich nicht bindend und wird höflich zur Kenntnis genommen, ansonsten aber nicht befolgt.
Ähnlich ist das mit Veganern: Die sind der Ansicht, dass kein Tier von einem Menschen ausgebeutet werden soll. Okay, diese Meinung kann man teilen, muss man aber nicht. Aus Sicht eines Veganers macht es aber wenig Sinn, wenn nur er keine Tiere ausbeutet, er muss auch andere davon überzeugen, es nicht zu tun. Das ist gegebenenfalls störend, und das sollte man dann Veganern auch sagen. Ich empfinde es aber ebenso störend, wenn ein Nichtveganer sich über Veganer lustig macht oder sie verächtlich macht. Sie haben sich zu einem bestimmten Leben entschieden, sollen sie doch.
Natürlich gibt es auch engere Grenzen: Meine Frau und ich haben eine Katze, sie ist unser ein und alles. ich habe schon Motorradfahrer getroffen, die, als sie dies mitbekamen, sich in meiner Gegenwart damit brüstete, wie sehr sie Katzen hassen würden, und dass sie Katzen totfahren würden, wo sie das nur könnten. Was soll man zu solchen Leuten sagen, wie soll man mit solchen Leuten umgehen? Soll man wirklich sein Bier am selben Tisch trinken?
Was du nicht willst, was man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu. Das sollten viele Leute beherzigen. Gerade im Internet.