Christoph Lipjes
Themenstarter
Teil 19
Auf zum Vansee 15.05.2012
[Christoph] Nach einem guten Start über die D-380 aus Mardin biegen wir bald in eine kleine Nebenstrecke ab, die uns über Savur bis Gercüs viel Fahrspaß bereitet. Teilweise wachsen die Bäume über der Straße zusammen. Wir fahren durch einen grünen Tunnel. Vorher sehen wir die ersten Militärkonvois, die wohl Richtung syrische Grenze unterwegs sind. Hinter Gercüs biegen wir wieder links auf die D-955 und fahren nordwärts bis kurz vor Batman.
In Hasankeyv machen wir natürlich eine Pause. Ist quasi Pflicht, denn hier plant der türkische Staat im Zuge des Südostanatolien Projektes den Ilisu Staudamm. Neben den hier ansässigen Kurden protestieren auch internationale Organisationen gegen die Aufstauung des Tigris. Trotz dieser Proteste hat die Regierung 2006 mit dem des Staudammes begonnen. Deutsche, Schweizer und österreichische Banken haben entsprechende Kredite zur Finanzierung bereitgestellt. Da die Umweltauflagen und die Auflagen zum Schutz der Kulturgüter der Geberstaaten nicht erfüllt wurden, wurde der Bau gestoppt.
Seit 2010 hat Ministerpräsident Erdogan bekannt gegeben, das neue Kreditgeber gefunden wurden und der Staudamm weiter gebaut werden kann. Vielleicht schaut dann bald nur noch die Spitze des Minarettes der El-Risk-Moschee aus den aufgestauten Fluten hervor. Allerdings nur theoretisch. Denn die wichtigsten Gebäude sollen in einem archäologischen Park umgesetzt werden. Am neuen Hasankeyv wird schon gebaut. Die Entschädigungen, die gezahlt werden sollen, reichen allerdings nicht für den Ankauf der neuen Häuser durch die jetzigen Einwohner des alten Hasankeyv.
Vielleicht kommt es aber ganz anders. Es gibt ein Alternativprojekt, bei dem fünf kleinere Staudämme geplant sind. Wir schauen uns das Örtchen von einem Café an und erwerben noch Schlüsselanhänger für unsere Motorradschlüssel bevor es weiter geht. Auf den Straßen sind fast alle Anwohner auf den Tourismus eingeschworen. Alles mögliche ist hier zu erwerben. Vom Schal über Teppiche bis hin zu echt chinesischen Spielzeugpistolen.
Auf der anderen Seite des Tigris fahren wir zunächst einige Kilometer entlang des Flusses, bevor die Straße nach Norden Richtung Batman abbiegt. Den "Batman" haben wir dort zwar nicht getroffen, dafür aber gut zu Mittag gegessen. Der Name stammt von dem nahegelegenen Bati Raman Bergen und natürlich von dem fliegenden Amerikaner. Von hier fahren wir dann nicht weiter auf der D-955, sondern biegen vorher auf eine weiteren Nebenstrecke, der D-370 Richtung Van See. So hoffen dem drohenden Regen zu entkommen. Was uns auch relativ gut gelingt. Auf der D965 fahren wir mal langsamer, mal schneller durch eine 20 km lange Baustelle. Zwischenzeitlich sind wir auch mal eben über 1800 Höhenmeter. Es wird mal wieder kühler. Dafür wird der Pass immer kurviger.
Endlich Tatvan am wunderschönen blaugrünen Vansee. Der Vansee liegt auf gut 1600 m Höhe und es ist abends angenehm kühl. Er ist mit gut 3700 km² der größte See der Türkei. Der Nemrut Daghi, nicht der mit dem Königsgrab, auf dem wir schon gestanden haben, hat durch seine Eruptionen eine riesige Staumauer erschaffen und so hat der See keinen Abfluss mehr. Aus den umliegenden Bergen wird der See mit Schmelzwasser versorgt. Im Sommer verdunstet dieses wieder. Das Wasser wäscht aus dem Gestein sodahaltige Mineralien aus. Daher ist der See leicht seifig. Das ist zwar gut für das Wäschewaschen, aber eine Hand mit einer kleinen Wunde sollte man nicht gerade eintauchen. Aus Schaden lernt man. Schwimmen kann man auch, uns ist es allerdings noch zu kalt. Außerdem muss man sich natürlich vor dem "Vannessi" in Acht nehmen. Dieses Seeungeheuer soll erstmals 1960 gesichtet worden sein. Also immer schön aufpassen. Ansonsten schwimmt in dem See auf Grund des hohen Sodagehaltes nicht mehr viel herum. Lediglich an den Flussmündungen halten sich Fische. Eine Fischart hat es allerdings geschafft sich der neuen Umwelt anzupassen. Es ist der Inci Kefal.
Tatvan selber ist nicht sehr interessant. Wir fahren zunächst über die zentrale Straße in die Stadt ein und suchen ein Hotel. Da wir nichts finden, biegen wir zur Uferstraße ab und suchen hier. Aber auch ein Hotel mit Seeblick ist nicht zu finden. Irgendwann frage ich dann zwei Männer und die schicken uns in eine kleine Seitenstraße. Das empfohlene Hotel ist allerdings ausgebucht und so bekommen wir eine weiter Empfehlung. Nach kurzer Suche checken wir im Otel Karaman ein. Das ist das beste Hotel am Platz, soweit wir gesucht haben. Guter **Sterne Stil. Wie gewohnt handeln wir natürlich, wenn es um die Übernachtung geht. Manchmal klappt es ganz gut, hier war es eher schwierig.
In der Regel geht die Verhandlung folgendermaßen vonstatten: Ich gehe als Erster ins Hotel und versuche mit ein paar Brocken türkisch je ein Einzelzimmer klar zu machen. Die Angestellten bieten dann ein Zimmer für drei Personen, ich bestehe dann aber auf drei Zimmer für jeweils eine Person. Wenn das klar ist, unterhalten wir uns über den Preis. Ich schaue mir die Zimmer an und habe in der Regel etwas zu meckern. Nicht das die Zimmer schlecht wären, aber wir müssen ja noch über den Preis verhandeln. Fast immer gehen 10% bis 15%. Wenn nicht, gehe ich raus zu Schwager und Thomas. Erzähle Wort- und vor allem Gestenreich das bisher Erreichte, bzw. Nichterreichte und heftiges Kopfschütteln folgt dann von Beiden. Natürlich immer unter Beobachtung der Angestellten. Dann gehe ich zurück und verhandele weiter. Wir haben Nebensaison. Das Hotel ist total leer. Wir können ja nochmal woanders schauen. Und und und. Bis auf einen Fall hat das immer geklappt. Wir reizen das natürlich nicht bis zum bitteren Ende aus. Am Ende sind beide Seiten zufrieden und wir haben mal wieder eine gute Übernachtung.
[Thomas] Bei strahlendem Sonnenschein und 28 Grad verließen wir Mardin in Richtung Osten nach Tatvan am Van-See. Auf typischen Motorradstraßen tourten wir zunächst durch eine landschaftlich reizvolle Gegend. Nachdem wir vor ein paar Tagen den Euphrat überquert haben, kreuzten wir heute den Tigris und verließen das Zweistromland Mesopotamien.
Am Tigris besuchten wir das Dorf Hasankeyv, das bald mit seinen gesamten Sehenswürdigkeiten in einem riesigen Stausee verschwinden wird. Eigentlich unvorstellbar aber wohl nicht aufzuhalten. Der Zeitpunkt der Flutung wird zwar von der Regierung geheim gehalten, ist aber beschlossene Sache. Die Auswirkungen für die Nachbarländer spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle. Vielleicht finden wir beim nächsten Besuch dort ein Taucherparadies vor, das die Unterwassererkundung einer Moschee, von Felswohnungen und einer alten römischen Brücke anbietet.
Je weiter wir nach Osten kamen, je karger und weniger besiedelt aber umso dramatischer wurde die Landschaft. Zeitweise fühlte ich mich an Karl Mays Buch "Durchs wilde Kurdistan" erinnert, in dem er die Landschaft genauso beschreibt, obwohl er sie selbst ja nie gesehen hat. Leider wurden aber auch Wetter und Straßen immer schlechter. Nur durch geschickte Auswahl der Strecke und gutes Pausentiming erreichten wir trocken aber erschöpft um 19 Uhr unser Etappenziel Tatvan.
Auf zum Vansee 15.05.2012
[Christoph] Nach einem guten Start über die D-380 aus Mardin biegen wir bald in eine kleine Nebenstrecke ab, die uns über Savur bis Gercüs viel Fahrspaß bereitet. Teilweise wachsen die Bäume über der Straße zusammen. Wir fahren durch einen grünen Tunnel. Vorher sehen wir die ersten Militärkonvois, die wohl Richtung syrische Grenze unterwegs sind. Hinter Gercüs biegen wir wieder links auf die D-955 und fahren nordwärts bis kurz vor Batman.
In Hasankeyv machen wir natürlich eine Pause. Ist quasi Pflicht, denn hier plant der türkische Staat im Zuge des Südostanatolien Projektes den Ilisu Staudamm. Neben den hier ansässigen Kurden protestieren auch internationale Organisationen gegen die Aufstauung des Tigris. Trotz dieser Proteste hat die Regierung 2006 mit dem des Staudammes begonnen. Deutsche, Schweizer und österreichische Banken haben entsprechende Kredite zur Finanzierung bereitgestellt. Da die Umweltauflagen und die Auflagen zum Schutz der Kulturgüter der Geberstaaten nicht erfüllt wurden, wurde der Bau gestoppt.
Seit 2010 hat Ministerpräsident Erdogan bekannt gegeben, das neue Kreditgeber gefunden wurden und der Staudamm weiter gebaut werden kann. Vielleicht schaut dann bald nur noch die Spitze des Minarettes der El-Risk-Moschee aus den aufgestauten Fluten hervor. Allerdings nur theoretisch. Denn die wichtigsten Gebäude sollen in einem archäologischen Park umgesetzt werden. Am neuen Hasankeyv wird schon gebaut. Die Entschädigungen, die gezahlt werden sollen, reichen allerdings nicht für den Ankauf der neuen Häuser durch die jetzigen Einwohner des alten Hasankeyv.
Vielleicht kommt es aber ganz anders. Es gibt ein Alternativprojekt, bei dem fünf kleinere Staudämme geplant sind. Wir schauen uns das Örtchen von einem Café an und erwerben noch Schlüsselanhänger für unsere Motorradschlüssel bevor es weiter geht. Auf den Straßen sind fast alle Anwohner auf den Tourismus eingeschworen. Alles mögliche ist hier zu erwerben. Vom Schal über Teppiche bis hin zu echt chinesischen Spielzeugpistolen.
Auf der anderen Seite des Tigris fahren wir zunächst einige Kilometer entlang des Flusses, bevor die Straße nach Norden Richtung Batman abbiegt. Den "Batman" haben wir dort zwar nicht getroffen, dafür aber gut zu Mittag gegessen. Der Name stammt von dem nahegelegenen Bati Raman Bergen und natürlich von dem fliegenden Amerikaner. Von hier fahren wir dann nicht weiter auf der D-955, sondern biegen vorher auf eine weiteren Nebenstrecke, der D-370 Richtung Van See. So hoffen dem drohenden Regen zu entkommen. Was uns auch relativ gut gelingt. Auf der D965 fahren wir mal langsamer, mal schneller durch eine 20 km lange Baustelle. Zwischenzeitlich sind wir auch mal eben über 1800 Höhenmeter. Es wird mal wieder kühler. Dafür wird der Pass immer kurviger.
Endlich Tatvan am wunderschönen blaugrünen Vansee. Der Vansee liegt auf gut 1600 m Höhe und es ist abends angenehm kühl. Er ist mit gut 3700 km² der größte See der Türkei. Der Nemrut Daghi, nicht der mit dem Königsgrab, auf dem wir schon gestanden haben, hat durch seine Eruptionen eine riesige Staumauer erschaffen und so hat der See keinen Abfluss mehr. Aus den umliegenden Bergen wird der See mit Schmelzwasser versorgt. Im Sommer verdunstet dieses wieder. Das Wasser wäscht aus dem Gestein sodahaltige Mineralien aus. Daher ist der See leicht seifig. Das ist zwar gut für das Wäschewaschen, aber eine Hand mit einer kleinen Wunde sollte man nicht gerade eintauchen. Aus Schaden lernt man. Schwimmen kann man auch, uns ist es allerdings noch zu kalt. Außerdem muss man sich natürlich vor dem "Vannessi" in Acht nehmen. Dieses Seeungeheuer soll erstmals 1960 gesichtet worden sein. Also immer schön aufpassen. Ansonsten schwimmt in dem See auf Grund des hohen Sodagehaltes nicht mehr viel herum. Lediglich an den Flussmündungen halten sich Fische. Eine Fischart hat es allerdings geschafft sich der neuen Umwelt anzupassen. Es ist der Inci Kefal.
Tatvan selber ist nicht sehr interessant. Wir fahren zunächst über die zentrale Straße in die Stadt ein und suchen ein Hotel. Da wir nichts finden, biegen wir zur Uferstraße ab und suchen hier. Aber auch ein Hotel mit Seeblick ist nicht zu finden. Irgendwann frage ich dann zwei Männer und die schicken uns in eine kleine Seitenstraße. Das empfohlene Hotel ist allerdings ausgebucht und so bekommen wir eine weiter Empfehlung. Nach kurzer Suche checken wir im Otel Karaman ein. Das ist das beste Hotel am Platz, soweit wir gesucht haben. Guter **Sterne Stil. Wie gewohnt handeln wir natürlich, wenn es um die Übernachtung geht. Manchmal klappt es ganz gut, hier war es eher schwierig.
In der Regel geht die Verhandlung folgendermaßen vonstatten: Ich gehe als Erster ins Hotel und versuche mit ein paar Brocken türkisch je ein Einzelzimmer klar zu machen. Die Angestellten bieten dann ein Zimmer für drei Personen, ich bestehe dann aber auf drei Zimmer für jeweils eine Person. Wenn das klar ist, unterhalten wir uns über den Preis. Ich schaue mir die Zimmer an und habe in der Regel etwas zu meckern. Nicht das die Zimmer schlecht wären, aber wir müssen ja noch über den Preis verhandeln. Fast immer gehen 10% bis 15%. Wenn nicht, gehe ich raus zu Schwager und Thomas. Erzähle Wort- und vor allem Gestenreich das bisher Erreichte, bzw. Nichterreichte und heftiges Kopfschütteln folgt dann von Beiden. Natürlich immer unter Beobachtung der Angestellten. Dann gehe ich zurück und verhandele weiter. Wir haben Nebensaison. Das Hotel ist total leer. Wir können ja nochmal woanders schauen. Und und und. Bis auf einen Fall hat das immer geklappt. Wir reizen das natürlich nicht bis zum bitteren Ende aus. Am Ende sind beide Seiten zufrieden und wir haben mal wieder eine gute Übernachtung.
[Thomas] Bei strahlendem Sonnenschein und 28 Grad verließen wir Mardin in Richtung Osten nach Tatvan am Van-See. Auf typischen Motorradstraßen tourten wir zunächst durch eine landschaftlich reizvolle Gegend. Nachdem wir vor ein paar Tagen den Euphrat überquert haben, kreuzten wir heute den Tigris und verließen das Zweistromland Mesopotamien.
Am Tigris besuchten wir das Dorf Hasankeyv, das bald mit seinen gesamten Sehenswürdigkeiten in einem riesigen Stausee verschwinden wird. Eigentlich unvorstellbar aber wohl nicht aufzuhalten. Der Zeitpunkt der Flutung wird zwar von der Regierung geheim gehalten, ist aber beschlossene Sache. Die Auswirkungen für die Nachbarländer spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle. Vielleicht finden wir beim nächsten Besuch dort ein Taucherparadies vor, das die Unterwassererkundung einer Moschee, von Felswohnungen und einer alten römischen Brücke anbietet.
Je weiter wir nach Osten kamen, je karger und weniger besiedelt aber umso dramatischer wurde die Landschaft. Zeitweise fühlte ich mich an Karl Mays Buch "Durchs wilde Kurdistan" erinnert, in dem er die Landschaft genauso beschreibt, obwohl er sie selbst ja nie gesehen hat. Leider wurden aber auch Wetter und Straßen immer schlechter. Nur durch geschickte Auswahl der Strecke und gutes Pausentiming erreichten wir trocken aber erschöpft um 19 Uhr unser Etappenziel Tatvan.