Schräglagenfreiheit
Mahlzeit !
Schräglagenfreiheit kann man nie genug haben - und es ist immer besser, mehr davon zu haben, als man im normalen Fahrbetrieb braucht, nämlich als Sicherheitsreserve für den Fall der Fälle.
Aufsetzende Bauteile sind kein Zeichen besonders rasanter Fahrweise, sondern Zeichen eines Fehlers - entweder hat ihn der Konstrukteur gemacht (was bei der GS wohl ausgeschlossen werden kann), oder jemand, der dran rumgebastelt hat, oder der Fahrer. Entweder, weil er - wie völlig richtig gesagt wurde - sein Fahrwerk nicht richtig eingestellt hat (oder mit einem völlig ausgelutschten Federbein durch die Lande schaukelt), oder aber weil er falsch fährt. Und selbstverständlich können auch alle diese Fehler zusammenkommen.
Aufsetzende Fußrasten sind nicht schlimm: weil sie - heutzutage - nachgiebig gelagert sind. Man muß den Innenfuß etwas anziehen, aber das ist nicht so schlimm, man steht sowieso auf dem Aussenfuß in Schräglage, wird mehr von der Zentrifugalkraft gehalten, als von den Beinen. Wer das nicht glaubt, möge versuchen, sich auf dem Hauptständer so weit nach einer Seite zu legen, wie er sich normalerweise in die Kurveninnenseite legt - wenn das Moped nicht vorher umplumpst, fällt er runter, wenn er kein durchtrainierter Sportler ist.
Schlimm sind aufsetzende Starrbauteile, wie eben der Schutzbügel. Auf dem Bild von Christian S (S. 2 des threads unten) sieht man sehr schön, wie es schon ganz schön eng geworden ist. Viel war da nicht mehr drinn, und man sieht auch, daß ohne Schutzbügel auf jeden Fall noch ein bissl mehr drinn gewesen wäre. Deswegen wurde hier auch schon sehr richtig darauf hingewiesen, daß die kleinen Plastedinger von BMW an den Zylinderköpfen intelligenter sind, als sie aussehen: sie sind nämlich flexibel, lassen den Kopf "sanft" und weich aufsetzen, wenn es denn schon sein muß. Die schicken Alu-Teile jedoch rupfen die Gewindebohrungen auf, weil sie so stabil sind. Die Plasteteile zerbröseln sich statt dessen, und es würde mich nicht wundern, wenn sie sogar Sollbruchstellen hätten.
Das Bild ist übrigens sehr instruktiv: man sieht nämlich auch sehr schön, warum z.B. an meiner GS die Hinterreifen auf Kante gefahren sind: weil man die GS nämlich gerne "drückt". Drücken spart keine Schräglage, es verbraucht Schräglage. Drücken hat den Vorteil, daß es schnell und ohne Vorbereitung möglich ist, eine einfach, intuitive Bewegung. Der Oberkörper bleibt oben, was auch der natürlichen Schräglagenscheu zugute kommt, und man behält eine gute Übersicht. Das ist wohl gerade im Gelände sehr wichtig. Wenn man sich stark in die Kurve hineinlegt, sieht man fast nur noch die Innenseite. Auf der Strasse ist das hinnehmbar, da hat man - oder sollte man zumindest haben - den Belag im Schräglagenbereich sowieso vorher gecheckt. Im Gelände kann man so wohl kaum fahren, denke ich mir. Um sich in die Kurve weit hineinlegen, bis an die Grenze vom "hanging off" dagegen, muß man den inneren Schweinehund überwinden, die Bewegung ist komplex, will bewußt erlernt und antrainiert werden, braucht einiges an Vorbereitung, wenn man von der langen Geraden kommt, auf der man in inaktiver Sitzposition "abgeruht" hat.
Auf der Strasse muß man auch die GS bei langsamen und bis in mittlere Geschwindigkeitsbereiche drücken, weil sie zum in die Kurve hineinlegen dann noch zu instabil ist, ihres hohen Schwerpunktes wegen. Ab einer bestimmten Geschwindigkeit jedoch muß man sich legen, weil man nämlich sonst aufsetzt. So stabil wie ein Sporttourer ist die GS dann immer noch nicht, eher etwas nervös, aber es geht, ist "beherrschbar".
Auf Christians Bild drückt der Fahrer durch die Kurve - sein Helm ist in einer Linie mit der oberen äusseren Ecke der Scheibe - er sollte genau auf der anderen Seite sein, dann wäre auch noch deutlich mehr Platz zwischen dem Asphalt und den Sturzbügeln, Fußrasten usw.
Und eben weil das Drücken Schräglage verbraucht, bekommt man damit seinen Hinterreifen ganz leicht auf Kante geschmirgelt und kann am Treff damit angeben. Man guckt ja automatisch auf den Hinterreifen - gelle ? Mach ich auch, aber mir ist klar geworden, daß die "Angstrille" bei weitem nicht die Aussagekraft hat, die man ihr landläufig so beimißt. OK, klar - drei Fingerbreit oder mehr lassen wohl deutlich erkennen, daß der Fahrer das Potential seiner Maschine nicht ausnutzt. Aber bei weniger "Angstrille" - so 1 Fingerbreit rum - kann es auch heißen: der Fahrer fährt sehr aktiv, lehnt sich in schnellen Kurven weit nach innen, fährt eventuell sogar "hanging off" (wenn der Arsch schließlich auch nach innen wandert) - und: der Fahrer hat Reserven für den Fall der Fälle !
Die GS in schnellen Kurven zu drücken, ist mir unheimlich - das habe ich schon bei den ersten, tastenden Fahrversuchen letzten November gemerkt. Denn wenn dann was Hartes (der Zylinderkopf oder ein eventuell montierter Sturzbügel) aufsetzt, habe ich zumindest keine Handlungsmöglichkeiten mehr, kann nur noch beten, das es langt, die Kurve rechtzeitig wieder aufgeht. Ist es jedoch eine Hundskurve, dann schmiert man ab. Ich zumindest würde mir nicht zutrauen, aus dem "Drücken" schnell genug zum "Legen" zu kommen, um dann noch eine Chance zu haben. Beim Legen kann man jedoch eine viel größere Schräglagenfreiheit nutzen, und hat meistens noch gute Reserven, wenn die Kurve zugeht, oder man einen Zacken zu schnell war. Wie Spiegel so schön schreibt: schlimmstenfalls "steigt man innen ab". Das ist nämlich, wenn man nicht unter oder in ein Auto hineinkullert, nicht so schlimm, als das Absteigen nach aussen, daß die Folge eines aufsetzenden harten Bauteils sein kann: da fliegt man erst mal ein paar Meter hoch und weit durch die Luft, und kann nur beten, daß die Landezone frei und weich ist. Wenn man sich weit in die Kurve legt, kann man sowieso den Aphalt vom Moped aus schon mit der Hand streicheln; wenn man dann schon "innen absteigen muß", fällt man nicht sehr tief, aus grad mal einem halben Meter. Ein guter Protektorenkombi müsste das ebenso abkönnen, wie der ICE-genormte Helm. Ich bin mal vor Jahren von meinem ersten Moped - einer K 75 RT - geplumpst, als ich an der Tanke mit dem Fuß an der erstmals angebrachten Gepäckrolle hängengeblieben bin, und zu eitel gewesen war, über den Seitenständer abzusteigen (passiert mir garantiert nie wieder!) - ich mußte mich dann auf den Beton der Tanke plumsen lassen - und nix ist passiert, nicht mal ein blauer Fleck.
Was bei einem eventuellen Sturz mit dem Moped passiert, und was daran kaputtgeht - das ist für mich sekundär. Teuer wird es so oder so, wenn man sich mit mehr als Schrittgeschwindigkeit ablegt. Primär ist für mich, was mit mir passiert. Blech, Plastik und Alu kann man ersetzen, wenn die Kohle grad nicht langt, hat muß man halt ein bissl warten. Aber Knochen, Gelenke, Blutgefäße und Nervenbahnen sind nicht so einfach für ein paar tausender wieder hinzufrickeln.
Gruß
Kroni
PS: Damit will ich niemandem seine Stürzbügel verleiden - erst recht den Geländefahrern nicht. Vom Gelände habe ich Null Ahnung - das höchste ist mal eine Schotterpiste für mich, und auch dort eiere ich mehr rum, als das ich Motorradfahre. Auf der Strasse fahre ich gerne mal - nicht immer, aber öfters - auch mal schnell, und quetsche die Kuh auch manchmal aus, wie eine Zitrone. Und da ist mir Schräglagenreserve auf jeden Fall wichtiger, als das Vermeiden von Kratzern bei einem Umfaller.