In unseren Breiten ist der Winter ja leider mehr oder weniger Mopped-frei. In Deutschland hat es Usselwetter, es ist nass, kalt, Schnee liegt. Außerdem sind die Tage im Winter hier doch sehr kurz für eine längere Moppedtour.
Seit einigen Jahren fliege ich daher mit Freunden in den Süden. Die letzten Tage Resturlaub soll verbraten werden. Eine gute Gelegenheit, ferne Regionen zu erkunden, fremde Mentalitäten zu erfahren und auch mal neue Eindrücke von anderen (Miet-)Motorrädern zu bekommen.
Viermal war ich jeweils im Dezember auf Mallorca. Die Infrastruktur dort stimmt. Flüge und Hotels gibt es zur Genüge. Vor Ort hat sich ein sehr kompetenter
Motorradvermieter etabliert. Spannende, vielfältige Straßen, von Autobahn bis Schotterpisten, hat es sowieso. Aufpassen sollte man dort bei nassem Wetter. Vor allem die von Autoreifen blank polierten Kreisverkehre können rutschig sein.
Für diesen Winter hatten wir uns ein anderes Ziel ausgesucht.
Teneriffa soll es werden. Leider haben wir ein bissel spät mit der Planung angefangen.
Zeitfenster, freie Urlaubstage, verfügbare Finanzen ließen sich für eine größere Gruppe nicht unter einen Hut bringen. Ans und ich wollten es wagen. Da die Finanzen begrenzt waren, hat Ans die Planung übernommen.
Sie hat bei Verwandten den Schlüssel zu einer Ferienwohnung organisiert. Dort durften wir in der ersten Januar-Woche kostenlos wohnen, weil die Bude gerade im Umbau war.
Für uns beide war das OK. Flug und
Mietmoppeds wurden dann im Internet bestellt. Die Herausforderung war, auf der Insel die Transfers zwischen Flughafen (Süden), Mietstation (Südwesten) und Ferienwohnung (Norden) zu organisieren. Taxi (zu teuer), Leihwagen (in unserer Konstellation nur die Notlösung) und öffentliche Verkehrsmittel (Ans liebt das Abenteuer
) standen zur Auswahl. OK, Ans war der Planungschef und war fest entschlossen, die Öffis zu verwenden. (Und ich habe mir einen Hunni für Taxifahrten weggelegt
).
Der Plan war, vom Flughafen direkt mit Öffis zum Vermieter zu fahren, dort die Moppeds zu übernehmen, Navis ranzufriemeln, Gepäck aufzuschnallen und dann in die FeWo zu fahren. Auf der Rückreise dann entsprechend umgekehrt. Ich war skeptisch. Als erstes galt es, das Gepäck auf moppedreisentauglichen Umfang einzudampfen und entsprechend unterzubringen. Da kommt die Malle-Erfahrung zum Einsatz. Die Reise starten wir mit angezogenem Motorradanzug und –Stiefel. Der Helm reist im Flieger als Handgepäck. Eine Ortlieb-Rolle mit dem sonstigen Krempel wird am Flughafen aufgegeben. Der Flug war also organisiert. Am Flughafen in Teneriffa angekommen, war die Freude groß. Ich stand am Gepäckband und wartete auf unsere Ortlieb-Taschen. Ans war schon draußen, um sich ein
Bono-Ticket für die Öffis zu organisieren. Da klingelte mein Handy. Eine Nummer mit 0034 bimmelt mich an. Der Mopped-Vermieter war es: “
Bin gerade auf dem Weg zum Flughafen, andere Kunden dort abzuliefern. Soll ich euch auf der Rückfahrt mitnehmen?“
Goil! Stilecht wurden wir dann mit einem 40 Jahre alten Rover abgeholt.
In der Mietstation waren die Moppeds schon vorbereitet. Ans hat sich eine F650GS (den Zweizylinder) und ich mir eine F800GS rausgelassen. Beide nicht mehr die aktuelle Ausbaustufe. Die Dinger standen aber tiptop da. Als ich daran ging, den „Tankdeckel“ abzuschrauben, um an die Batterie für die Navistromversorgung zu kommen, hat der Vermieter ein bissel komisch gekuckt, aber dann doch geholfen. Das nächste mal organisiere ich mir einen kleine 12-Volt-Stecker für die Bordsteckdose. Versprochen.
Zwischenzeitlich hat die Dämmerung eingesetzt. Für die Fahrt von der Mietstation zur Wohnung auf der gegenüber liegenden Inselseite hatte ich 2 Routen vorbereitet. Eine westlich über die Masca-Schlucht oder östlich über die Autobahn. Im Dunkeln ist die Landschaft nicht zu sehen, also dann die Autobahn.
Den eigentlichen Moppedurlaub auf der Insel möchte ich hier nicht mit Worten beschreiben. Bilder sprechen für sich. Nur soviel: Eine Bekannte von Ans, die in Teneriffa eingeheiratet hat, beschreibt es: „
Innerhalb von 2 Stunden könnt ihr auf Teneriffa jede Landschaft Südamerikas finden, Meer, Strände, Vulkane, Berge, Wüsten, Steppen, Urwald.“
Noch ein Wort zu „meiner“ F800GS.
Das Ding hatte 130.000 km als Leihmotorrad hinter sich. Außer dass der schwarze Lack am Motorengehäuse in der südlichen Sonne etwas matter geworden war und einige Schauben nach jahrelangen Seeklima etwas Flugrost angesetzt hatten, stand die GS tiptop da. Der Motor stand voll im Futter, unterstützt durch ein Ritzel mit 2 Zähnen weniger. Auf der Autobahn dreht der Motor bei 120 km/h mit 5.500 RPM. Mehr als 180 wären also nicht drin gewesen. Da war Feuer in der Bude. Das Motorrad hat dermaßen angerissen, dass ich einen Tag brauchte, um damit klar zu kommen. Einfach immer einen Gang höher fahren und gut isses.
Die Straßen auf Teneriffa und auch auf La Gomera sind sehr abwechslungsreich. Die Strecken folgen der Topographie der Insel. Es hat einen Kurvenanteil von 95 %
. Der Asphalt ist auf den Hauptstrecken erstklassig. Wenn man sich traut, auf Nebenstrecken zu fahren und auch mal Stichstraßen durch die Barrancos runter zu Küstenorten nimmt, um dort aufgegebene Häfen für den Bananen-Export zu erkunden, dann findet man alle Straßentypen bis hin zu Schotterpisten. Nur oben auf der Hochebene vor dem Teide und auf La Gomera, oben im Lorbeerwald, ist Rücksicht geboten. Abseits der legalen Straßen ist Wanderer-Revier. Also seit anständig und respektiert eure Gastgeber.
Gruß - Pendeline