Kaffeefahrt zum Col du Parpaillon - oder "Mit der fetten Alten und der noch älteren Schlanken ins Abenteuer"

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Kaffeefahrt zum Col du Parpaillon – oder „Mit der fetten Alten und der noch älteren Schlanken ins Abenteuer“

Juni 2022 – Eigentlich ist alles klar und geplant. Rund um den 18.08. wollen meine Freunde Stefan und Peter mit mir gemeinsam unseren Traum, den Col du Parpaillon zu fahren endlich umsetzen. Der Plan war aus Tirol startend einen langen Ritt bis nach Turin zu machen, um dann in zwei Tagen gemütlich die Seealpen zu erkunden und dann am vierten Tag wieder der lange Ritt nach Hause. Mit dabei ein wenig Offroad und ansonsten jede Menge Teer und Pässe. Übernachtet wird, wo man gerade stehen bleibt und mit drei BMW GS (meine 1100er Brunhilde, eine 1200er und eine 1250er) waren wir auf alles vorbereitet. Aber erstens kommt es immer anders, und zweitens als man denkt.

Anfang Juli bekomme ich einen Anruf von Peter. Du, die Kuh ist klinisch tot. Von hinten abgeschossen und in einen LKW geschoben. Ihm ist wie durch ein Wunder kaum etwas passiert aber das HAG ist jetzt unterm Fahrersitz. Er muss leider passen. Sehr schade, aber nach so einem Unfall braucht man gar nicht diskutieren, Peter hat seine Schutzengel 2022 aufgebraucht. Stefan und ich beschließen die Tour dennoch zu zweit zu fahren. Als mein Handy weitere zwei Wochen später klingelt, und Stefans Name am Display steht, da ahne ich schon Böses. „Du, ich muss absagen. Meine Frau hat mich in einer ungünstigen Situation erwischt. Wir müssen jetzt einiges klären. Bis August wird’s aber sicher nix.“. Stellt sich heraus, dass Stefan leider nicht nur hin und wieder gerne fremde Motorräder Probe fährt, sondern manchmal auch andere Ehefrauen.

Kacke. Was jetzt? Mit einer dunklen Gewitterwolke über dem Kopf sitze ich vor Brunhilde und ärgere mich. Allein ist mir eine solche Tour mit der Dicken dann doch zu heiß, schließlich bin ich mit einem Big Bike noch nie auf Schotter gefahren. Meine letzte Schotterpiste habe ich vor gut 20 Jahren und 20kg mit der Honda Transalp bestritten. Horrorszenen aus YouTubes „Offroad Bike Fails“ verstärken meine Angst. In einem Akt der Verzweiflung greife ich auf Facebook zurück. Warum nicht mal wieder neue Leute kennenlernen? Vielleicht finden sich ein paar Begleiter und, sind wir ehrlich, wie groß ist die Chance, dass sich gleich mehrere Massenmörder oder Kannibalen melden?

Jetzt muss man dazu aber wissen, dass Stefan, Peter und ich eher von der extremeren Sorte sind. Aufstehen um 5, um 7 auf dem ersten Pass, schlafen im Zelt, Essen aus der Konserve und Wasser aus dem Bach. Im Jahr 2022 jemanden zu finden, der bei sowas mitmacht, und dann auch noch sein geliebtes Bike über handballgroße Steine jagen würde, ist dann schon eine ziemliche Herausforderung.

Mit einer gewissen „jetzt ist eh schon alles wurscht“ Einstellung wurde daher folgender unsympathischer Text auf Facebook in drei Gruppen (Motorradfreunde Tirol, GS Freunde Deutschland und Moto Guzzi Freundeskreis) gepostet.

Hallo die Runde,

Ich plane im August zwischen 18 und 23 von Tirol startend den Col de Parpaillon zu fahren. Tatsächlicher Start hängt von den Wetterverhältnissen am Col d P. ab. Ich träume schon lange davon und dieses Jahr solls passieren.

Die Streckenführung wäre so +/- diese hier:

https://goo.gl/maps/FHsF49DoPDoGHCMP7

Nachdem mir meine zwei anderen Mitreisenden jetzt kurzfristig abgesagt haben, einer hat das Moped zerlegt, beim anderen hängt der Haussegen wegen einem "intimen sonderausritt" schief, suche ich einen, eine, divers, wieauchimmer, gerne auch 2+, die mit mir dieses Abenteuer angehen wollen. Für eine Solo Tour habe ich zu viel Respekt vor dem Pass.

Bevor Frau, Mann, Divers aber gleich feuchte Augen bekommt und ja schreit, bitte weiterlesen:

1. Die Kiste wird an vier Tagen, drei Nächten durchgezogen. Das heißt zwischen 400 und 500km pro Tag. Tagwache ist gegen 05.00. Möglichst viele KM rein bekommen, bevor die Lederkombi zum Kelomat wird. Wem das zu viel oder zu früh oder zu doof ist

-> leider nicht kompatibel.

2. Der Col du Parpaillon ist ein Schotter - Offroadpass. Für jene, die noch nie auf Schotter oder ähnlichem gefahren sind, ist er nicht der beste Partner zum entjungfern. Videos auf YT ansehen, sacken lassen, Respekt bekommen, in die Schottergrube fahren, ein paarmal umfallen, mehr Respekt bekommen, mit Gepäck nochmal in die Schottergrube, noch mehr umfallen. Entscheiden ob Kompatibel oder...

-> leider nicht kompatibel

3. Der Col du Parpaillon ist ein Schotter - Offroadpass die Zweite.

Wer angst davor hat, dass


  • das Moped mal umfällt
  • der Lack nen Kratzer bekommt
  • die Garantie es nicht abdeckt
  • der BMW Kundendienst nicht um die ecke ist
  • seine CB500 vielleicht nicht 100% geeignet ist
  • seine Pirelli Sport Demon ungeeignet sind
  • er mal die Mcguyver Nummer an seinem Moped abziehen und vlt. mit einer Kugelschreibermine und einem Faden eine Sicherung überbrücken muss...
-> leider nicht kompatibel

4. Der Col du Parpaillon ist ein Schotter - Offroadpass die Dritte: Wenns geil ist, dann fahren wir ihn nochmal. In umgekehrter Richtung. Wer diese Option nicht möchte

-> leider nicht kompatibel

5. Übernachtung vorwiegend im Zelt. Vielleicht sogar am Col. D.h. Kaffee vom Gaskocher, Essen aus der Dose. Ein Glas vernünftigen Rum am Abend spendier ich. Wer keinen Rum mag, leider nicht kompatibel, würde aber ein Auge zudrücken.

6. Ich bleib hin und wieder stehen, um Fotos zu machen. Kann auch mal öfter sein, denn ja, ich bin eine Insta-Schlampe (Philipp Amann (@foo_ridr) • Instagram photos and videos). Wen das nervt...

-> leider nicht kompatibel.

Wer bis hierher gelesen hat und mich trotzdem noch nicht vollends unsympathisch findet 😜, ein passendes Bike und in besagtem Zeitraum lust auf eine unvergessliche Reise hat, PN me!

PS: Auch wenn man schon Californias auf dem Col de P. gesichtet hat... ich nehme das Ganze mit der BMW in Angriff...


Wenn sich da auch nur einer meldet, dann passt das, hab ich mir gedacht.

Im Handumdrehen hatte ich neben vielen positiven, aber auch negativen Kommentaren auch einige potenzielle Begleiter und mit den ersten fünf wurden tiefergehende Gespräche geführt. Es war schon drei Wochen vor dem geplanten Start, und erfreulicherweise zeigten sich einige spontan genug, sich auf einen Wetterbedingten Start einzulassen. Während dieser Gespräche fiel immer wieder die berechtigte Frage, wenn schon der Col. du Parpaillon, warum dann nicht gleich auch die Ligurische Grenzkammstraße? Ja warum eigentlich nicht? Gepriesen im Denzel und hey, wenn ich schon das erste mal seit Jahrzehnten wieder Offroad fahre, dann ist es egal ob ich am Col du. P. oder dem LGKS umfalle. Dann planen wir den eben mit ein und so kristallisierte sich nach stundenlangem Brüten über dem Denzel, einer old School Landkarte und dem Internet langsam eine sehr interessante Strecke heraus.

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Tag 1 – Samstag 20.08.2022 „The Long Shot”

Start in Telfs, dann über das Stilfser Joch und anschließend ein Sprint inkl. Autobahn zum Campingplatz Camping Sole Langhe Südwestlich von Asti.

Distanz: 537km
Zeit: 07:25


Tag 1 - The Long Shot – Google My Maps



Tag 2 – Sonntag 21.08.2022 „Die berüchtigte LGKS“

Distanz: 237km

Zeit: ???


Start am Campingplatz, Einstieg in die LGKS bei Limonetto. Fahrt nach Süden und nach Ende des LGKS Richtung San Remo. Von dort dem Meer entlang bis zum Campingplatz Vallecrosia

Tag 2 - Der LGKS – Google My Maps

Als Vorgeschmack:



Tag 3 – Montag 21.08.2022 „Ein Hauch Monaco und jede Menge Pässe“

Distanz: 286KM

Zeit: 7:27


Vom Campingplatz am Meer entlang nach Monaco, um einmal teure Luft zu schnuppern, dann Richtung Norden und jede Menge Pässe und „Gorges“ erkunden. Campingplatz entweder vor oder nach dem Col. d. Bonette (oder mal wild sein und auf dem Bonette?)

Tag 3 - Ein Hauch von Monaco und jede Menge Pässe – Google My Maps



Tag 4 – Dienstag, 22.08.2022 „Der berühmte Col d. Parpaillon und die erste Etappe heim“

Distanz: 435km

Zeit: 7:27h


Aufbruch Richtung Norden Col d Parpaillon, Col d’Izoard und dann ab über die Autobahn nach Osten zum Comosee.

Tag 4 - Der Col du Parpaillon und die erste Etappe heim – Google My Maps

Weiterer Vorgeschmack:



Tag 5 – “The Last Hop Home”

Distanz: 400km

Zeit: 7:09


Ab nach Hause über das Stilfser Joch – Timmelsjoch – Ötztal – Telfs

Tag 5 - Ein paar Pässe heim – Google My Maps

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Wie bei jeder Tour haben wir uns natürlich nicht ganz an diese Route gehalten, es kommt ja immer was dazwischen, aber im großen und ganzen stimmt sie.

Nach einigen Tagen und Gesprächen waren von den ursprünglich fünf Teilnehmern noch zwei übrig. Zwei waren sich dann doch nicht so sicher, ob sie Offroadtauglich sind, und der Dritte sah sich dann doch nicht in einem Zelt schlafen. Gut, dann fahren wir eben zu dritt. War ja auch der ursprüngliche Plan. Geblieben waren Wolfgang, ein freundlicher Oberösterreicher mit seiner KTM Adventure (mit Baujahr 2006 der Jüngling unter den Bikes) und Petra mit ihrer Maja, einer 1987er BMW R100 GS. Zusammen mit meiner R1100GS aus 1996 also ein schöner Youngtimer Ausflug mit insgesamt 76 Jahren auf dem Buckel. Hat auch was.

Der große Tag rückte immer näher und der Plan war, dass Petra und Wolfgang am Freitag anreisen und wir dann am Samstag gemeinsam losstarten. So hatten alle ihre beruflichen Termine platziert und es gab keinen Spielraum mehr. Leider meinte es der Wettergott dann aber nicht gut mit uns.

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Die Medien kündigten für den Süd-Bayrischen und Tiroler Raum „Sintflutartige Unwetter“ an und die Tiroler Bundesregierung sprach sogar die Empfehlung aus, am Freitag daheim zu bleiben. Gut, dass Bayern und Oberösterreicher nicht auf die Tiroler Bundesregierung hören, denn Wolfgang wagte trotzdem den langen Ritt aus Oberösterreich nach Tirol und Petra legte sattelte ihre Maya in der Nähe von München und machte sich auf den Weg. So prüften beide die Wassersäule ihrer Regenkleidungs aufs Äußerste und kamen nass bis auf die Knochen in der Tiroler Pension an. Besorgt blickten wir alle drei, zwei in der Pension und einer zuhause, auf das Regenradar. Haben wir eine Chance auf eine trockene Fahrt in der Früh? Zumindest finden Petra und Wolfgang ein wenig Zeit sich persönlich kennenzulernen und haben gleich ein gemeinsames Gesprächsthema: Wo zur Hölle hängen wir die Sachen zum Trocknen auf?!

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Tag 1 – Samstag 20.08.2022 „The Long Shot”

Der Plan: Ich hole die beiden um 6 Uhr bei der Pension ab und wir fahren gemeinsam nach Imst. Dort wird beim Bäcker Ruetz ordentlich gefrühstückt und die beiden lernen ihren Mitfahrer und das Mastermind dieser verrückten Idee kennen.

Die Realität: Mein Wecker geht um fünf. Draußen regnet es aus Kübeln und missmutig schnalle ich die letzten Sachen auf Brunhilde und mach mich auf den Weg. Dass ich den nagelneuen Karroo 3 nicht mehr einfahren konnte, soll sich nun als richtig doof erweisen, denn bei der Autobahnausfahrt zur Pension prallen der nagelneue Reifen, 3cm stehendes Wasser und schmierige Pollen aufeinander und Brunhilde legt eine wunderschöne funkensprühende Breze hin und ich Rutsche dank aufgeblasener Airbag Weste wie ein Michelin Männchen hinterher. Die vollgepackte GS aufzustellen erweist sich als leichter gesagt als getan, also Koffer, Rolle und Tankrucksack runter, irgendwo hinlegen wo nicht gerade ein neuer Bach fließt und schon lässt sich das schwere Mädchen in bester Fahrschulmanier wieder aufstellen. Ein kurzer Check ergibt, dass der rechte Koffer und Motorschutzbügel alles abgefangen haben und Brunhilde ansonsten kerngesund ist. Also Gepäck wieder dran und umdrehen, um wieder nach Hause zu fahren. Schließlich möchte ich die nächsten fünf Tage nicht mit einer aufgeblasenen Weste durch die Weltgeschichte tingeln. Sieht auch auf Fotos scheiße aus. Daheim kurz eine WhatsApp an die bereits besorgten Mitfahrer („Es ist 06.15 und er ist noch nicht da… vielleicht alles nur vorgespielt und es gibt gar keine Tour?“), dass ich mich etwas verspäte, die Airbag Weste gegen den klassischen Rückenpanzer getauscht und Start, die Zweite.

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Ohne Zwischenfälle erreiche ich dieses Mal die Pension und da sitzen Petra und Wolfgang schon bei ihrem Kaffee. Gemeinsam schauen wir uns das Regenradar an und die Möglichkeiten sind begrenzt. Entweder den kurzen Weg durchs Tiroler Oberland, Reschen, Stilfser, Bormio und dann runter nach Turin im Dauerregen bis Bormio oder wir nehmen den Langen weg über den Brenner und preschen auf der Autobahn bis Turin, dafür mehr oder weniger im Trockenen. Die Entscheidung fällt den beiden Mitreisenden nicht schwer, schließlich sind die Sachen noch vom Vortag feucht und über den Brenner haben wir zumindest die Chance, dass es ab Bozen nachhaltig trocken wird.

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Wir frühstücken im blauen Backhaus, dem Bäcker Ruetz in Kematen, nochmal ausgiebig und machen uns anschließend auf den Weg Richtung Sonne. Leider folgt uns ein hartnäckiger Nieselregen über die Bundesstraße bis zum Brenner und dann auf der Autobahn weiter bis nach Bozen, wo das Regenradar Recht behalten sollte und es endlich beginnt etwas aufzuhellen. Leider kommt mit dem trockenen Wetter und dem zähen Verkehr auf der A22 ein unerwartetes Problem auf. Wolfgang zeigt besorgt auf die Temperaturanzeige der KTM. Er ist schon im oberen Drittel der Balken angekommen und es steigt langsam weiter. Das sei sehr ungewöhnlich. Wolfgang schließt in einer Pannenbucht den Lüfter an die Nebelscheinwerfer an und versucht durch Dauerbetrieb die Temperatur unten zu halten. Ebenso demontieren wir das Gitter vor dem Radiator, vielleicht hilft das was. Das Gitter findet seinen Platz vorerst unter meiner Gepäckrolle.

Da die Autobahn mit Urlaubsreisenden hoffnungslos verstopft ist, entschließen wir uns sie kurz nach Trient zu verlassen, schälen uns aus den inzwischen trockenen Regenkombis und tingeln durch die schönen kleinen Dörfer in Richtung Affi, auch in der Hoffnung, dass der Fahrtwind der KTM die dringend benötigte Kühlung gibt. Doch schon nach wenigen Kilometern überholt mich Wolfgang wieder und zeigt auf die Anzeige. Sie blinkt, also sofort abstellen. Wir suchen uns einen Parkplatz und beschließen dort, nach einer kurzen Abkühlphase, ein Lokal zu suchen, wo wir was essen und unsere Optionen für eine defekte KTM an einem Samstag um 13.00 Uhr in Italien besprechen. Bereits auf dem Weg zum nächsten Lokal läuft Madame Katl wieder heiß. Zu dritt recherchieren wir im Internet was das Zeug hält, ich rufe meinen Telefonjoker, einen KTM Mechaniker aus Südafrika an und nach Ausschluss aller Faktoren gibt es nur zwei Schadensbilder. Wasserpumpe oder Thermostat. Nachdem die Wasserpumpe des LC6 Motors mehr oder weniger unkaputtbar ist, muss es der Thermostat sein. Erfolglos suchen wir nach einem offenen KTM Geschäft oder einem gebrauchten Thermostat irgendwo in der Nähe in diversen Börsen.

Mit verrinnender Zeit wird aber leider immer mehr klar, dass für die KTM die Reise kurz vor Affi wohl zu Ende ist und Wolfgang schweren Herzens umkehren muss, um mit der angeschlagenen Dame langsam nach Hause zu humpeln. Es sollte sich später herausstellen, dass es wirklich der Thermostat war. Nach einer emotionalen Verabschiedung, wir hatten uns ja schon sehr auf die gemeinsame Reise gefreut und eingestimmt, trennen sich untere Wege und Petra und ich fahren nach weiteren Kilometern auf der Bundesstraße in Peschierra del Garda auf die Autobahn auf und brettern beinahe in einem Zug die 250km nach Asti durch, wo wir am späten Nachmittag endlich von der Autobahn abfahren und durch die Hügel des Piemont Richtung Barolo (wo der sehr gute Rosso herkommt) zum Campingplatz Camping Sole Langhe fahren.

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Der Campingplatz liegt mitten zwischen Olivenhainen und Weinbergen auf einem Hügel über Barolo und ist absolut fantastisch. Beim Aufbauen fällt mir das Lüftungsgitter der KTM entgegen… Das haben wir komplett vergessen.

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Andererseits, so erlebt zumindest 1% der KTM die Reise mit. Nachdem nichts mehr wirklich offen hat, schmeiße ich den kleinen Kocher an und teile mit Petra meine Dose Bohnen mit Speck. Wir kommen uns dabei fast ein wenig vor wie Bud Spencer und Terence Hill, die nach einem wirklich langen Ritt nach Westen, die beiden BMWs haben heute 580km geleistet, den Tag am Lagerfeuer mit einem rustikalen Essen ausklingen lassen. Brunhilde muss als Kleiderständer herhalten und das sollte sich die kommenden Abende wenig ändern.

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Tag 2 – Sonntag, 21.08.2022 „Die berüchtigte LGKS“

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Beide sind schon vor dem Wecker um Sechs wach und nach einem Espresso vom Kocher und einem Müsli mit Hafermilch sind die Pferdchen schnell gesattelt, die Zeche bezahlt und wir machen uns auf den Weg nach Limonetto.

Diese kleine Perle ist eines der letzten Dörfer vor dem Col. du Tende, welcher wiederum den Einstieg in die berühmte und leider auch berüchtigte Ligurische Grenzkammstraße bildet. In Limonetto wollen wir ein letztes mal Tanken und gönnen uns selbst noch einen Espresso und ein Gipferl.

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Meine Nervosität steigt langsam deutlich an, Petra ist die Coolness in Person. Das liegt auch daran, dass sie ein Offroad-Profi ist. Sie besitzt auch nicht eine, sondern vier BMWs und darunter finden sich klingende Abkürzungen wie HPN, HP und PD…. Ich bin also in guten Händen. Am Parkplatz lassen wir noch etwas Luft ab und starten ins Abenteuer. Am „Starthäusschen“ angekommen werden die 15.- für das Tagesticket fällig.

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Diese paar Euro zahlen wir gerne, denn sie fließen in den Erhalt der LGKS. Die immer schwereren Unwetter der vergangenen Jahre verursachen regelmäßig Muren und Auswaschungen, die repariert werden müssen. Ein kleiner Beitrag für etwas mehr Fahrfreude. Vor lauter Aufregung vergesse ich, dass ich mir eigentlich das Fort Central ansehen wollte und komme erst nach einigen Kilometern drauf. Was mich erst ärgert wird aber später zu einem Grund wiederzukommen, denn bereits nach wenigen Kilometern fühle ich mich mit der GS auf Schotter unglaublich wohl.


Die Stoßdämpfer hatte ich zuvor in einem Steinbruch versucht per Daumen mal Pi einzustellen und die Einstellung erweist sich als absolut tauglich. Brunhilde brettert immer schneller über die Piste und es ist wie damals – Entscheide dich für einen Weg, zieh ihn durch, schau nie auf den Vorderreifen, im Zweifel Gas geben, drehende Räder sind Stabilität, Augen immer dorthin, wo du hinfahren willst… Wir fahren durch die atemberaubende Landschaft des Grenzkamms und ich fühl mich seit langem in Europa wieder einmal „alleine“. Es gibt Abschnitte, an denen ich keinen Menschen, kein Haus, kein Fahrzeug, nichts menschgemachtes sehe und das über Kilometer in alle Richtungen hinweg. Das habe ich als ehemaliger Südafrikaner tatsächlich vermisst. Und wo ist Petra? Ihr könnte es nicht besser gehen. Sie ist voll in ihrem Element, lässt ihre alte Dame komplett von der Leine und brettert über Stock und Stein, was das Zeug hält. Jedes Mal, wenn wir uns kurz treffen, dann denke ich „Hätte sie keine Ohren, dann würde der Grinser um den ganzen Kopf gehen“.

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Leider kommt nicht alles an Erfahrung und Können wieder retour und so mache ich nach ca. 5 Kilometer einen Anfängerfehler. Wasserlache und danach Linkskurve… In einem kurzen Moment bin ich unaufmerksam und bremse mit der Rechten. Im Bruchteil einer Sekunde liege ich da, Brunhilde jault noch einmal protestierend auf und geht dann aus. Mir ist nichts passiert, Brunhilde hat aber leider einen ziemlichen Schlag auf den Scheinwerfer und den linken Koffer bekommen. Ich biege alles so weit wie möglich wieder gerade, stelle die Dicke wieder auf und check nochmal alles durch. Petra schaut nochmal kurz bei mir vorbei, checkt bei mir nochmal alles durch und wir fahren wieder los. Warum dieser dumme Anfängerfehler einer Holländischen Familie den Schlaf rauben sollte, dazu später mehr.


Am Monte Saccarello machen wir eine längere Pause und Petra entdeckt eine kleine Hard Enduro Seitenstraße, die sie unbedingt bezwingen will. Angespornt von ihrem Tatendrang und vielleicht etwas übermütig folge ich ihr mit der GS, muss aber in der Hälfte WO geben. Das ist mit der aufmunitionierten 300kg Dame dann doch eine Nummer zu groß. Ich drehe die Kiste um und warte auf Petra, die sich auf der Strecke bis zum Gipfel durchgekämpft, um danach hinter ihr, ihrer Spur folgend, wieder runter zu kriechen. Ich bin froh, als ich endlich wieder auf dem normalen Wahnsinn stehe, aber schließlich ging es bei der Reise ja auch darum, (meine) Grenzen auszuloten.

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Nach weiteren atemberaubenden Kilometern kommen wir am Ende der „Oberen Salzstrasse“ an. Hier treffen wir bei der südlichen „Mautstation“ ein paar Landsmänner von Petra, die mit ihren BMW F650er den LGKS in anderer Richtung fahren. Während wir bei einem 1.- Espresso über Gott und die Welt plaudern fährt ebenfalls von Süden kommend eine Nagelneue 700er Tenere im Gauloises Design vor. Fahrer und Sozia in Jeans und Lederjacke nehmen lächelnd die Komplimente zum Bike entgegen und starten sofort Richtung Norden. Da war ich gerade noch so stolz auf mich, mit der GS den oberen Teil der LGKS bezwungen zu haben und dann kommen ein übergewichtiger Italiener mit seiner überschminkten Bella Donna auf einer Showroom Tenere daher und lassen das ganze wie eine Kaffeefahrt zur Eisdiele aussehen…

Petra und ich fahren weiter Süden über die untere Hälfte der Salzstraße und diese ist etwas brutaler als die vielbefahrene Nordhälfte. Die Steine werden größer, die Überhänge niederer und die Wege schmäler. Man merkt, wo die 15.- für den oberen Teil hingehen. Stunde um Stunde kämpfen wir uns über gewundene, grob in den Felsen gehauene Pfade, wo es rechts hunderte Meter runter geht und der grobe Felsen links ebenso wenig einladend aussieht. Hier komme ich das erste Mal psychisch an meine Grenzen. Nicht nur einmal sehe ich mich im Tal liegen und merke, wie ich mir selber laut im Helm schon beinahe wie ein Mantra die goldenen Regeln vorbete „Entscheide dich für einen Weg, zieh ihn durch, schau nie auf den Vorderreifen, im Zweifel Gas geben, drehende Räder sind Stabilität, Augen immer dorthin, wo du hinfahren willst, entscheide dich für einen Weg…“. Nach gefühlten Stunden auf der bockenden schweren Lady ebnet der Weg sich unterhalb der Baumgrenze langsam aus und wird zum normalen Schotterweg, wo wir dann nach weiteren Kilometern in Molini di Triora endlich wieder auf Zivilisation zu stoßen.

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Durch ein wunderschönes Tal und malerische Bergdörfer geht es über die SP21 nach Süden in Richtung San Remo, wo wir erschöpft, aber ziemlich happy, nach einer Herberge suchen. Da sich alle Campingplätze als ausgebucht herausstellen, müssen wir eben auf ein Hotel zurückgreifen und finden mit dem „La Brise“ ein „shabby chic“ Hotel (Betonung lag dann aber doch auf shabby...), bei dem wir unterkommen.

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Ich nehme das Zimmer im Anbau, denn von dort bin ich schnell bei Brunhilde. Schließlich habe ich noch ein paar Reparaturen zu machen. Der Sturz am LGKS hat den linken hinteren Blinker, den Scheinwerfer, den Nebenscheinwerfer und die Scheinwerferhalterung in Mitleidenschaft gezogen. Der Nebelscheinwerfer ist schnell repariert, leider bleibt er aber dunkel, da die Birne auch hin ist, der Blinker-Gremlin braucht etwas länger, wird aber schlussendlich mit einer ordentlichen Portion Exorzismus ausgetrieben. Der Hauptscheinwerfer hat einen ziemlichen Schlag abbekommen und Brunhilde schielt ganz ordentlich.

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Gut, dass ich ein Werkzeug inkl. Hammer dabei habe. Der Scheinwerfer wird ausgebaut und im Hotelzimmer zwischen zwei Handtüchern wieder gerade gehämmert.

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Die Handtücher und hauchdünnen Wände reichen aber als Schallschutz wohl nicht, denn ein äußerst unrunder Holländer steht wenig später vor meiner Tür und fragt mich, ob ich noch ganz dicht sei um diese Zeit herum zu hämmern. Dabei stelle ich erstaunt fest, dass es schon nach Mitternacht ist. Die Fehlersuche beim Blinker hat länger gedauert wie erwartet und manchmal vergisst man einfach die Zeit. Am nächsten Morgen steht Brunhilde jedenfalls wieder Fit und mit gerader Optik am Parkplatz.

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Morgen geht’s nach Monaco!
 
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Tag 3 – Montag, 21.08.2022 „Ein Hauch Monaco und jede Menge Pässe“

Beim Frühstück im „Shabby Hotel“ teilt mir Petra mit, dass sie von ihrem BMW-Systemhelm ein Stück am LGKS verloren zu haben scheint. Vielleicht können wir eine BMW-Vertretung anfahren und das fehlende Stück kaufen. Wir fahren erst eine BMW-Motorrad Vertretung in San Remo an, nur um festzustellen, dass diese bis Ende August Betriebsurlaub machen. Nachdem wir aber ohnehin nach Monaco wollen passt es gerade, denn dort gibt es die nächste „BMW-Motorrad“ Zweigstelle. Wir quälen uns durch den Morgenverkehr der Küste entlang und rinnen schon um acht Uhr morgens aus den Klamotten. Nachdem aber offensichtlich irgendwo in der italienischen Straßenverkehrsordnung der Passus „Gilt alles für Zweiräder nicht“ steht, blenden wir mit den einheimischen Scooter- und Motorradfahrern ein und schlängeln uns gekonnt durch den Verkehr. Petra tanzt wie eine Ballerina auf ihrer Maja durch den Verkehr, ich komm mir eher wie ein Tanzbär im Porzellanladen vor. Bald wechseln wir von Italien nach Frankreich. Die französische StVo scheint einen ähnlichen Passus zu haben.

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Monaco ist wunderschön. Von der Ferne. Fährt man rein, wird’s furchtbar. Stau zum Quadrat, eng und steil. Meine Kupplung protestiert schon mit einem deutlichen Geruch als wir endlich die BMW-Vertretung erreichen. Der Herr hinter dem Empfang sieht uns mit hochgezogener Augenbraue an, als wir zwei, von oben bis unten dreckigen Motorradfahrer, den Showroom betreten. Darin stehen etwa drei Millionen Euro und kein Hinweis auf BMW-Motorrad Zubehör. Sofort eilt uns ein Verkäufer im Armani Anzug entgegen und fragt nach unserem Begehr. Wir könnten schließlich zwei skurrile Millionäre sein, die eben mal einen M8 kaufen wollen. Petra fragt freundlich nach dem fehlenden Teil am Helm und er überreicht uns eine kleine Hochglanz-Karte mit einer Route zum BMW-Service Monaco. Wir mögen doch bitte dorthin gehen. Noch während wir den Showroom verlassen, eilt der Mann hinterm Tresen davon. Vermutlich geht er Kübel und Wischmopp holen.

Wir quälen uns also weiter durch den monegassischen Verkehr, um nach weiteren 30 Minuten im BMW-Service Monaco zu stehen. Hier wird uns freundlich mitgeteilt, dass man das Teil bestellen könne. Leider brauchen wir es gleich, und so stellen wir die Frage, wo denn die nächste Möglichkeit in Frankreich sei. Die Kollegen sehen sich an und lachen. Am Montag? Nirgends! Da haben alle Motorradgeschäfte in Frankreich geschlossen. Natürlich. Wir Dummerchen, wer möchte schon am Montag Motorradteile kaufen. Ich schmeiße langsam die Nerven weg und will nur noch raus. Es ist bereits nach Mittag und der Stop and Go Verkehr im Fürstentum macht mich fertig. Zudem sind die Straßen so eng, dass ein Vorbeikommen mit den großen Koffern kaum möglich ist. Nach gefühlten Stunden können wir die Stadt endlich nach Norden Richtung Sospel verlassen. In Sospel genehmigen wir uns in einem Bistro ein Panini und ein Coke.

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Leider müssen wir aber feststellen, dass Maja die LGKS auch nicht ganz unbeschadet überstanden hat. Das hintere Federbein hat ein Leck. Mit dem Col du Parpaillon noch vor uns macht das wenig Hoffnung... Wird sie es schaffen? Oder doch lieber die normalen Teerstraßen nach Hause?

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Dann geht’s durch die Gorge du Cians weiter nach Norden. Diese Schlucht ist ein absolutes Muss, wenn man in der Gegend ist. Blutrote Wände, kaum Verkehr und perfekter Teer.


In Beuil biegen wir rechts ab und der Plan wäre gewesen, noch zumindest bis zum Campingplatz „du plan d’eau“ zu kommen. In Saint-Sauveur-sur-Tinée rufe ich dort an und sie sind ausgebucht. Jetzt wird’s mit Campingmöglichkeiten schnell dünn und ich versuche bei weiteren Plätzen noch ein Fleckchen zu kriegen. Erst am Camping Municipal de Valdeblore werde ich fündig und das bedeutet, dass wir nochmal ein Stück Richtung Süden zurückfahren müssen. In dieser Gegend ist jede Straße ein Pass, und so sind es nochmal zahlreiche Kehren, bis wir endlich am Campingplatz angekommen sind. Dort fängt es natürlich prompt an zu regnen, während wir aufbauen.

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Es ist wieder spät und so packe ich meine zweite Notration, Knorr Fusilli in Käsesauce, aus, die wir in der Camping „Küche“ warm machen und uns teilen.

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Kaum liegen wir in unseren Zelten, da kommen wir in den Genuss des letzten Tags (und krönenden Abschlusses) eines dreitägigen Festivals mit Liveband, die am Fußballplatz in 50m Entfernung bis zwei Uhr früh Covers von Starship und den Dire Straits spielen. Der Schlaf kommt trotz Ohropax erst nach drei ordentlichen Gläsern Diplomatico.

To be continued :)
 
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Herrlicher Tourenbericht - genialer Schreibstil!!!

VIELEN DANK und hoffentlich dürfen wir bald die Fortsetzung lesen!

Viele Grüße
Gernot
 
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Tag 4 – Dienstag, 22.08.2022 „Der berühmte Col d. Parpaillon und die erste Etappe heim“

Der Wecker geht wieder um sechs und wir kriechen zu einem kühlen, aber strahlend blauen Morgen aus den Zelten. Das Festival ging wohl bis in die frühen Morgenstunden, denn der Schlaf wurde immer wieder von schlechten Covers von „The Final Countdown“ und „Walk of Life“ unterbrochen. Trotzdem sind wir beide schnell hellwach, denn heute geht’s auf den Col du Parpaillon. Seit 20 Jahren träume ich davon den berühmten Tunnel dort oben endlich zu fahren. Nach einer kritischen Prüfung des Inhalts unseres seit Tagen offenen Hafermilch-Tetrapacks frühstücken wir zu Abwechslung wieder Müsli aus dem Bundeswehr-Geschirr und einen Apfel, dazu Kaffee mit dem man die Farbe vom Tank beizen kann aus dem Espressokocher. Ich begleiche die Zeche für die Zeltnacht und lerne dabei den Geschäftsführer des Campingplatzes Andy kennen. Schon am Vorabend hat mich sein gutes Englisch angenehm überrascht, ich spreche als Ex-Südafrikaner selbst ganz passabel Englisch, und er erzählt mir seine Geschichte. Von Leeds in England auf Urlaub hergekommen, verliebt und dann einfach dageblieben. Mittlerweile zwei Jungs (beide waren auf dem Festival letzte Nacht und kamen gegen sechs heim) und führt seit beinahe 20 Jahren das „Camping Municipal de Valdeblore“. Er möchte gar icht aufhören zu erzählen und erklärt mir dann „When this conversation is over, I have to unclog the ladies toilet – again… - So keep talking.“

Wenige hundert Meter nach dem Campingplatz halten wir nochmal bei einem „Proxi“ Markt an, um Wasser und weiteren Proviant zu kaufen. Endlich denke ich auch dran, ein Deo zu kaufen. Das steht nämlich immer noch daheim auf dem Badezimmerschrank. Gottlob hat Petra bisher nichts gemerkt (oder einfach charmant den Angstschweißgeruch überspielt). Ich liebäugle bei der Suche nach einer neuen „Notration“ kurz mit den Schnecken in der Dose, entscheide mich dann aber dagegen.

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Auch meine Abenteuerlust hat seine Grenzen und es werden zwei Dosen Couscous mit Gemüse. Zusätzlich kaufen wir sechs 1,5L Flaschen Wasser und zwei Schokohörnchen. Was im Geschäft wie eine gute Idee wirkt stellt sich beim Beladen als Problem heraus. Wohin mit den Hörnchen? Wir beschließen, dass der Magen der beste Aufbewahrungsort dafür ist und verspachteln sie an Ort und Stelle. Schwieriger wird’s beim Wasser. Petra lässt zwei Flaschen direkt in ihrem „Camel Pack“ verschwinden und eine Flasche geht in die Gepäckrolle. Bei mir ist alles Randvoll (ich muss schließlich die zwei Dosen Couscous und den Espressokocher transportieren) und daher gurte ich die drei Flaschen vorne an die Gepäckrolle, quasi wie eine Rückenlehne. Ein Fehler, wie sich später herausstellen sollte.

Bevor wir den Parpaillon erreichen, haben wir aber noch ein weiteres Highlight vor uns, den Col de la Bonette. Etwa 40 km feinster nagelneuer Teer in einer der schönsten Landschaften der Seealpen. Dabei fährt man durch das „Camp des Fourches“, ein altes Militärcamp, welches mittlerweile als Ruine eine große touristische Attraktion darstellt.

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Es geht weiter auf ca. 2.700m, wo wir dann die Schleife zur Aussichtsplattform des Col de Bonette fahren. Wenn es einen Ort gibt, dessen Panorama man einmal gesehen haben muss, dann ist es dieser. Die Bilder werden dem Eindruck leider nicht gerecht. Auf jeden Fall ein absolutes Must-See in der Gegend. Zudem sehe ich hier meinen ersten echten Hinkelstein, bilde ich mir zumindest ein...

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An der Nordseite fahren wir wieder nach unten und ich entdecke im Vorbeifahren an einer alten Bunkeranlage eine offene Tür. Der 13 Jährige in mir kann da nicht einfach vorbei und ich kehre um. Petra zeigt sich geduldig und macht anderweitig Fotos, ich steige in die alte Anlage. Mit meiner schwächelnden Taschenlampe und Motorradstiefelsohlen traue ich mich nicht allzu weit einzudringen, aber hier würde ich gerne mal einen Tag mit der richtigen Ausrüstung verbringen.

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Nach einem Tankstopp in Jausiers wird die Nervosität langsam größer, denn die ersten Schilder zum Parpaillon tauchen schon auf. In La Condamine-Châtelard dann die Abzweigung Richtung Norden und es geht steil bergauf über frischen Teer und durch einige Baustellen. Die Straße wird hier fleißig saniert, ich hoffe aber die französischen Behörden wissen, wo sie mit dem Teeren aufhören müssen! Wir kommen zur kleinen Kapelle und hier beginnt das Abenteuer „Col du Parpaillon“ endlich. Bald kommen uns die ersten Jeeps und SUVs entgegen und durch Zufall bin ich dieses Mal vor Petra. Damit habe ich keine Linienvorgabe und fahr frei Schnauze, was mir genaugenommen gar nicht so schlecht gefällt. Nach ca. 3km Schotterweg im Wald lichtet sich die Landschaft und man kommt zur Umfahrung einer weggewaschenen Brücke. Nach einer kurzen Furt Durchfahrt steigt der Weg dann schnell steil an und wird zunehmend steiniger. Jetzt geht’s ans eingemachte und wenig später leider an die Wasserflaschen. Der Gurt scheint sich irgendwie gelöst und im Hinterrad verfangen zu haben, wurde straffgezogen und eine der 1,5L PET Flaschen ist hinter mir förmlich explodiert… Klasse, das kann auch nur mir passieren. Als ich mir die Fahrt über den Col du Parpaillon die tausenden Male zuvor ausgemalt habe, dann war das nie mit einem nassem Arsch…

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Trotzdem fahre ich mit einem riesigen Grinser im Gesicht weiter und merke wie „Entscheide dich für einen Weg, zieh ihn durch, schau nie auf den Vorderreifen, im Zweifel Gas geben, drehende Räder sind Stabilität, Augen immer dorthin, wo du hinfahren willst…“ mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen ist. Ich kann sogar den einen oder anderen Blick in die Landschaft riskieren und diese ist absolut sensationell.


Glücklicherweise ist der Verkehr an diesem Dienstag gering und ich muss nur wenige Male einem entgegenkommenden 4x4 ausweichen, überholen muss ich (außer ganz zu beginn einmal) nie. Etwas verwundert bin ich über so manchen Gegenverkehr auf zwei Rädern. Ein Vater kommt mir mit seiner etwa 12 jährigen Tochter entgegen, beide in Jeans, sie in Sneaker und mit offenem Helm, das Mädel hat keine Schutzkleidung.

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Nach den genialsten Kilometern Schotter meines Lebens stehe ich dann endlich vor dem berühmten Tunnelportal. Was für ein Gefühl…

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Aus dem Tunnel höre ich schon das Grummeln eines Motorrads und man sieht in der Ferne zwei kleine Scheinwerferpunkte. Nach ein paar Minuten spuckt das schwarze Loch zwei deutsche Motorradfahrer aus. Einer auf einer Supermoto mit Straßenreifen, der andere auf einer Tenere. Während der Tenere Fahrer anmerkt, dass es dort drinnen extrem unangenehm zu fahren sei, meint sein Kumpel „Ja, vermutlich weil du hinten einen Patschen hast!“. Entspannt zücken die Burschen die Montier Eisen und legen los.

Petra ist mittlerweile auch mit einem kleinen Juchzer oben angekommen und hat den gleichen Gesichtsausdruck drauf wie ich. Nach einer kurzen Müsliriegel und Wasser Pause wage ich als erster die Durchfahrt. Meine Old-School Bosch Nebenscheinwerfer (naja, einer, im Linken hat die Birne beim Sturz am LGKS ihr Leben ausgehaucht), sind jetzt Gold wert. Das schwarze Loch ist beinahe taghell ausgeleuchtet und ich kann die Fahrt sogar filmen. Der Boden ist zwar extrem nass und schlammig, aber eisfrei und daher einfach nur ein Spaß zu fahren.


Die Fahrt durch den 520m langen Tunnel ist leider viel zu schnell vorbei aber das bemerkenswerteste ist der Exit am Nordportal. Man fährt in ein blendendes Licht, um dann in eines der schönsten Panoramen Europas ausgespuckt zu werden.

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Die Fahr über die Nordseite ist länger aber dafür deutlich weniger steil wie die Südseite, und so fahren wir entspannt den Rest des Col du Parpaillon durch diese einmalige Landschaft. Auf halbem Weg beginnt dann eine Ölspur und erst habe ich sorge, es hat Petra, die jetzt wieder um einiges vorgefahren ist, erwischt. Aber nein, Maja ist nicht inkontinent und wir folgen der Ölspur bis hinunter zum ende der Schotterstrecke und treffen dort auf den unglücklichen Verursacher. Eine Moto Guzzi Stelvio hat hart aufgesetzt und die Ölwanne angeknackst. Leider ist es dem Besitzer zu spät aufgefallen, so ein rotes Öldruck Licht übersieht man beim konzentrierten Offroad Fahren gerne, und er hat sich einen kapitalen Motorschaden eingefahren. Die letzten 5km ist er laut eigenen Aussagen nur noch runter gerollt.

Wir beschließen im „La Petite Fringale“ Pause zu machen und uns eine völlig überteuerte französische Leckerei zu gönnen. Alles ist auf Französisch angeschrieben und so muss die Google Bildersuche herhalten, um ein passendes Gericht zu finden. Ich entscheide mich für irgendwas mit Kartoffel, Speck, Käse und Salat (mit der Kombination liegt man(n) nie falsch) und Petra für was mit Tortellini ohne Speck. Auch wenn es 23.- kostet, die Portion langt jeweils fast für zwei und es schmeckt absolut ausgezeichnet.

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Mit dem Col du Parpaillon, und damit einem meiner wichtigsten „Bucket List“ Punkte, im Rücken fahren wir langsam über die Bundesstraße durch das Bosco Tal wieder Richtung Italien und der Kontrast könnte nicht größer sein. Eben noch mitten im Nirgendwo auf der Schotterstraße in den Bergen und nach wenigen Stunden schon wieder mit 140 auf der Autobahn in Richtung Turin. Der Tag endet im „Camping Bella Torino“, wo wir den Abend mit Gin Tonic, Bierra Moretti und ein oder zwei oder drei gläsern Rum beschließen. Kaum zu glauben und irgendwie befremdlich, dass morgen Nacht wieder jeder in seinem eigenen Bett zuhause schlafen wird.

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Ein Dank an dieser Stelle an meine Multifunktions-Brunhilde. Stadt-Flitzer, Autobahn-Heizer, Landstraßen-Cruiser, Offroad-Tier, Wasser-Plantscher und Kleider-Ständer ❤
 
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Herrlicher Tourenbericht - genialer Schreibstil!!!

VIELEN DANK und hoffentlich dürfen wir bald die Fortsetzung lesen!

Viele Grüße
Gernot
Servus Landsmann!
(hab bis vor zwei Jahren in Aldrans gewohnt)
Danke für die Blumen! Sie wünschen, wir spielen. Tag 4 ist online.

Grüßle
Philipp
 
Bikerscout

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Toller Bericht, schöne Bilder und kurzweilig zum Lesen.

Den Satz habe ich mir jetzt auch hinter die Ohren geschrieben.

„Entscheide dich für einen Weg, zieh ihn durch, schau nie auf den Vorderreifen, im Zweifel Gas geben, drehende Räder sind Stabilität, Augen immer dorthin, wo du hinfahren willst…“
 
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„Entscheide dich für einen Weg, zieh ihn durch, schau nie auf den Vorderreifen, im Zweifel Gas geben, drehende Räder sind Stabilität, Augen immer dorthin, wo du hinfahren willst…“
Guter Hinweis - aber wissen tun das die meisten von uns
  • das man, wenn man ein Hinderniss vor dem Vorderreifen sieht eh nicht mehr ausweichen kann
  • und das man das, was man im Auge hat auch anvisiert ...
nach dem Moto "Guggsd du schei.e, fährst du Schei.e"

aber man muß da schon AKTIV an sich arbeiten, das eben nicht anzuvisieren :Augenzwinkern_2:
 
Dora9

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Danke fürs nette Feedback! Einen hab ich noch ;) Tag 5 kommt morgen denke ich.
 
Dora9

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Tag 5 – “The Last Hop Home”

Den letzten Tag unserer Reise gehen wir bewusst etwas langsamer an. Der Wecker klingelt heute erst um sieben. Das liegt nicht zuletzt daran, dass uns der Student am Vortag unmissverständlich zu verstehen gegeben hat, dass „You no starta de Moto prima delle 8:00, kapische?“. Ich bin aber schon lange vor dem Wecker wach und werde mit einem wunderschönen Sonnenaufgang über der Po Ebene belohnt.

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Zum Frühstück gönnen wir uns heute einmal kein Müsli, sondern leckere kleine Kalorienbomben aus dem Hause Barilla. Biskuit Teig gefüllt mit einer ordentlichen Portion Nutella-Ersatz.

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Ein letztes Mal packe ich mein Zelt ein und verstaue mein Hab und Gut in den zwei Koffern der GS. Gegen halb neun brechen wir auf und haben zwischen Turin und Mailand nochmal grob 150km Autobahn vor uns. Dann wollen wir aber wieder nach Norden abbiegen und am Comer See entlang langsam in Richtung Heimat zu tingeln. In Colico Piano machen wir kurz Pause und versuchen die Villa auf der anderen Seite zu erkennen, wo Bennifer grad angekommen sind, um ihre Flitterwochen zu verbringen (und ja, es ist peinlich als Mann sowas zu wissen).

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Da Petra mittlerweile genug von Pässen hat erspar ich ihr die vielen schönen Strecken, die sich bieten würden, aber über einen muss sie trotzdem noch drüber. Wir folgen den Schildern nach Bormio und fahren dann gemeinsam unseren letzten „richtigen“ Pass, den Stelvio aka Stilfser Joch.

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Für einen Mittwoch ist auf der Strecke außergewöhnlich viel los und die Fahrt stellt sich als weniger schön heraus wie erhofft. Oben angekommen suchen wir erst ewig nach einem Abstellplatz, denn es herrscht Rummelplatzstimmung.

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Für jemanden wie mich, der sonst immer nur vor acht Uhr morgens hier oben ist, ein seltsames und befremdliches Bild. Petra lädt mich auf eine „Hirschwurscht im Vintschgauer“ mit Kraut ein und wir verspachteln die Köstlichkeit in der Gesellschaft eines pensionierten Rennradfahrers.

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Nach einer etwa viertelstündigen Diskussion über Sinn- und Unsinn von E-Bikes verabschieden wir uns und wir nehmen die Route über den Umbrail zurück, denn die Strecke nach Prad sieht aus wie eine Karawane.

Die Entscheidung war goldrichtig, denn die Strecke nach Santa Maria ist praktisch leer. Bis auf ein paar einzelne Autos und Radfahrer haben wir komplett freie Fahrt bis zur schweizer/italienischen Grenze, um uns dann im Vintschgau wieder in den normalen Urlauber- und Apfelpflücker-Verkehr einzureihen. Den letzten Stopp machen wir am natürlich am Reschen, Pflichttermin für ein Foto.

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Petra fährt nochmal vor in der Überzeugung, dass ich sie einhole. Das hätte auch beinahe funktioniert, wäre mir nicht in Tösens bei gut 100km/h das iPhone aus der Jacke gefallen. Glück im Unglück, das kleine Biest ist tough und kein Auto ist drüber gerollt. Allerdings dauert die Bergung etwas länger und schlussendlich treffe ich Petra erst wieder in Ried im Oberinntal, weil ihr der Sprit bald ausgeht. Wir tanken hier ein letztes Mal, fahren bald auf die Inntalautobahn auf und heizen durch bis nach Telfs, meiner Homebase. Nach einer kurzen Verabschiedung, Petra und ich sind offensichtlich beide keine Freunde großartiger emotionaler Geplänkel, fährt sie noch die 150km nach Haus Richtung München und ich die 3,5km Richtung Car Port, wo ich Brunhilde nur noch abstelle, den Tankrucksack abnehme, erschöpft aber glücklich ins Haus gehe und in die Arme meiner Liebsten falle. Abgerüstet wird morgen.

Kaum zu glauben, was ich zwischen diesen beiden Bildern alles erleben durfte.

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Epilog

Was bleibt nach 2000km in fünf Tagen mit einem Big Bike und einer völlig Fremden? Jede Menge sensationeller Erinnerungen, 1000 wunderbare Eindrücke und eine neue Freundschaft. Die alte R1100 GS ist auch umgebaut absolut Offroad tauglich, wenngleich ich sie das nächste Mal mit weniger Gepäck und vlt. Softbags ins Rennen schicken werde. Mit Petra habe ich eine wundervollen Menschen kennengelernt von dem ich viel neues übers Offroad fahren gelernt habe und mir ist jetzt schon klar, dass wir nächstes Jahr die gleiche Runde nochmal fahren werden, dann aber hoffentlich mit stärkerer Besetzung. Meinen Traum habe ich verwirklicht und vollständig erfüllt, und damit aber auch (wieder) Offroad Blut geleckt. TET heißt das Zauberwort. Da gibt’s wohl noch einiges zu entdecken.

DlHzG und danke fürs lesen

Philipp

PS: Einige weitere Bilder und Videos werde ich auf meinem Insta Kanal www.instagram.com/foo_ridr posten. Gerne abonnieren und liken 😉


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Reincarnator

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Schön zu lesen vor allem, wenn man alle diese Strecken und Pisten schon mehrfach gefahren ist (3x LGKS, 4 x Parpaillon, sowie so ziemlich alles andere an Pässen und Schotterpisten der Region, MSKS, Assietta, Jafferau, Sommeiller, Mulatierra....)

Leider sind dies Strecken in den letzten Jahren immer voller geworden, der geschotterte Part der Maira-Stura mittlerweile für Motorräder gesperrt. Gut, dass ich die auch schon kenne.

Ein Handicap neben der schweren Boxer GS (ich bin das mit KLR650, F650GS Dakar, Honda Africa Twin und BMW F800GS gefahren) ist natürlich das schwere Gepäck mit Campingausrüstung. Die Zeiten sind bei mir längst vorbei. Mit ü60 muss ich auf meine Gräten achten. Da ist ein weiches Bett besser, als ein Stein unter der Isomatte.

Meine zweite Fahrt über den Parpaillon:

 
G

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Tag 3 – Montag, 21.08.2022 „Ein Hauch Monaco und jede Menge Pässe“

Beim Frühstück im „Shabby Hotel“ teilt mir Petra mit, dass sie von ihrem BMW-Systemhelm ein Stück am LGKS verloren zu haben scheint. Vielleicht können wir eine BMW-Vertretung anfahren und das fehlende Stück kaufen. Wir fahren erst eine BMW-Motorrad Vertretung in San Remo an, nur um festzustellen, dass diese bis Ende August Betriebsurlaub machen. Nachdem wir aber ohnehin nach Monaco wollen passt es gerade, denn dort gibt es die nächste „BMW-Motorrad“ Zweigstelle. Wir quälen uns durch den Morgenverkehr der Küste entlang und rinnen schon um acht Uhr morgens aus den Klamotten. Nachdem aber offensichtlich irgendwo in der italienischen Straßenverkehrsordnung der Passus „Gilt alles für Zweiräder nicht“ steht, blenden wir mit den einheimischen Scooter- und Motorradfahrern ein und schlängeln uns gekonnt durch den Verkehr. Petra tanzt wie eine Ballerina auf ihrer Maja durch den Verkehr, ich komm mir eher wie ein Tanzbär im Porzellanladen vor. Bald wechseln wir von Italien nach Frankreich. Die französische StVo scheint einen ähnlichen Passus zu haben.

Anhang anzeigen 519328

Anhang anzeigen 519333

Anhang anzeigen 519334

Monaco ist wunderschön. Von der Ferne. Fährt man rein, wird’s furchtbar. Stau zum Quadrat, eng und steil. Meine Kupplung protestiert schon mit einem deutlichen Geruch als wir endlich die BMW-Vertretung erreichen. Der Herr hinter dem Empfang sieht uns mit hochgezogener Augenbraue an, als wir zwei, von oben bis unten dreckigen Motorradfahrer, den Showroom betreten. Darin stehen etwa drei Millionen Euro und kein Hinweis auf BMW-Motorrad Zubehör. Sofort eilt uns ein Verkäufer im Armani Anzug entgegen und fragt nach unserem Begehr. Wir könnten schließlich zwei skurrile Millionäre sein, die eben mal einen M8 kaufen wollen. Petra fragt freundlich nach dem fehlenden Teil am Helm und er überreicht uns eine kleine Hochglanz-Karte mit einer Route zum BMW-Service Monaco. Wir mögen doch bitte dorthin gehen. Noch während wir den Showroom verlassen, eilt der Mann hinterm Tresen davon. Vermutlich geht er Kübel und Wischmopp holen.

Wir quälen uns also weiter durch den monegassischen Verkehr, um nach weiteren 30 Minuten im BMW-Service Monaco zu stehen. Hier wird uns freundlich mitgeteilt, dass man das Teil bestellen könne. Leider brauchen wir es gleich, und so stellen wir die Frage, wo denn die nächste Möglichkeit in Frankreich sei. Die Kollegen sehen sich an und lachen. Am Montag? Nirgends! Da haben alle Motorradgeschäfte in Frankreich geschlossen. Natürlich. Wir Dummerchen, wer möchte schon am Montag Motorradteile kaufen. Ich schmeiße langsam die Nerven weg und will nur noch raus. Es ist bereits nach Mittag und der Stop and Go Verkehr im Fürstentum macht mich fertig. Zudem sind die Straßen so eng, dass ein Vorbeikommen mit den großen Koffern kaum möglich ist. Nach gefühlten Stunden können wir die Stadt endlich nach Norden Richtung Sospel verlassen. In Sospel genehmigen wir uns in einem Bistro ein Panini und ein Coke.

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Leider müssen wir aber feststellen, dass Maja die LGKS auch nicht ganz unbeschadet überstanden hat. Das hintere Federbein hat ein Leck. Mit dem Col du Parpaillon noch vor uns macht das wenig Hoffnung... Wird sie es schaffen? Oder doch lieber die normalen Teerstraßen nach Hause?

Anhang anzeigen 519337

Dann geht’s durch die Gorge du Cians weiter nach Norden. Diese Schlucht ist ein absolutes Muss, wenn man in der Gegend ist. Blutrote Wände, kaum Verkehr und perfekter Teer.


In Beuil biegen wir rechts ab und der Plan wäre gewesen, noch zumindest bis zum Campingplatz „du plan d’eau“ zu kommen. In Saint-Sauveur-sur-Tinée rufe ich dort an und sie sind ausgebucht. Jetzt wird’s mit Campingmöglichkeiten schnell dünn und ich versuche bei weiteren Plätzen noch ein Fleckchen zu kriegen. Erst am Camping Municipal de Valdeblore werde ich fündig und das bedeutet, dass wir nochmal ein Stück Richtung Süden zurückfahren müssen. In dieser Gegend ist jede Straße ein Pass, und so sind es nochmal zahlreiche Kehren, bis wir endlich am Campingplatz angekommen sind. Dort fängt es natürlich prompt an zu regnen, während wir aufbauen.

Anhang anzeigen 519338

Es ist wieder spät und so packe ich meine zweite Notration, Knorr Fusilli in Käsesauce, aus, die wir in der Camping „Küche“ warm machen und uns teilen.

Anhang anzeigen 519339

Kaum liegen wir in unseren Zelten, da kommen wir in den Genuss des letzten Tags (und krönenden Abschlusses) eines dreitägigen Festivals mit Liveband, die am Fußballplatz in 50m Entfernung bis zwei Uhr früh Covers von Starship und den Dire Straits spielen. Der Schlaf kommt trotz Ohropax erst nach drei ordentlichen Gläsern Diplomatico.

To be continued :)
Danke, ein sehr schöner Bericht, die Erinnerungen kommen wieder.
Wo hast du den die Gamelle her zum kochen ?


Josef
 
Jungfux

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Hallo Rainman, wie geil. Ein Reisebericht genau nach meinem Geschmack.
Schöne Nebengeschichten, die die Sache spannend machen.
Habe erst Beitrag 1 und 2 gelesen und aber schon viel gelacht und mit gezittert.
So mag ich das. Danke schön.
 
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Baller

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Schön zu lesen vor allem, wenn man alle diese Strecken und Pisten schon mehrfach gefahren ist (3x LGKS, 4 x Parpaillon, sowie so ziemlich alles andere an Pässen und Schotterpisten der Region, MSKS, Assietta, Jafferau, Sommeiller, Mulatierra....)

Leider sind dies Strecken in den letzten Jahren immer voller geworden, der geschotterte Part der Maira-Stura mittlerweile für Motorräder gesperrt. Gut, dass ich die auch schon kenne.

Ein Handicap neben der schweren Boxer GS (ich bin das mit KLR650, F650GS Dakar, Honda Africa Twin und BMW F800GS gefahren) ist natürlich das schwere Gepäck mit Campingausrüstung. Die Zeiten sind bei mir längst vorbei. Mit ü60 muss ich auf meine Gräten achten. Da ist ein weiches Bett besser, als ein Stein unter der Isomatte.

Meine zweite Fahrt über den Parpaillon:

Super...geilomat...toll gemachter Bericht
Gruß Andi
 
akistenich

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Kompliment an den Verfasser. Da hat einer richtig Herzblut in den Bericht gebracht, Top und Danke, hat Spass gemacht zu lesen und schauen!!!

Gruß Arno
 
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Tag 3 – Montag, 21.08.2022 „Ein Hauch Monaco und jede Menge Pässe“

Beim Frühstück im „Shabby Hotel“ teilt mir Petra mit, dass sie von ihrem BMW-Systemhelm ein Stück am LGKS verloren zu haben scheint. Vielleicht können wir eine BMW-Vertretung anfahren und das fehlende Stück kaufen. Wir fahren erst eine BMW-Motorrad Vertretung in San Remo an, nur um festzustellen, dass diese bis Ende August Betriebsurlaub machen. Nachdem wir aber ohnehin nach Monaco wollen passt es gerade, denn dort gibt es die nächste „BMW-Motorrad“ Zweigstelle. Wir quälen uns durch den Morgenverkehr der Küste entlang und rinnen schon um acht Uhr morgens aus den Klamotten. Nachdem aber offensichtlich irgendwo in der italienischen Straßenverkehrsordnung der Passus „Gilt alles für Zweiräder nicht“ steht, blenden wir mit den einheimischen Scooter- und Motorradfahrern ein und schlängeln uns gekonnt durch den Verkehr. Petra tanzt wie eine Ballerina auf ihrer Maja durch den Verkehr, ich komm mir eher wie ein Tanzbär im Porzellanladen vor. Bald wechseln wir von Italien nach Frankreich. Die französische StVo scheint einen ähnlichen Passus zu haben.

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Anhang anzeigen 519334

Monaco ist wunderschön. Von der Ferne. Fährt man rein, wird’s furchtbar. Stau zum Quadrat, eng und steil. Meine Kupplung protestiert schon mit einem deutlichen Geruch als wir endlich die BMW-Vertretung erreichen. Der Herr hinter dem Empfang sieht uns mit hochgezogener Augenbraue an, als wir zwei, von oben bis unten dreckigen Motorradfahrer, den Showroom betreten. Darin stehen etwa drei Millionen Euro und kein Hinweis auf BMW-Motorrad Zubehör. Sofort eilt uns ein Verkäufer im Armani Anzug entgegen und fragt nach unserem Begehr. Wir könnten schließlich zwei skurrile Millionäre sein, die eben mal einen M8 kaufen wollen. Petra fragt freundlich nach dem fehlenden Teil am Helm und er überreicht uns eine kleine Hochglanz-Karte mit einer Route zum BMW-Service Monaco. Wir mögen doch bitte dorthin gehen. Noch während wir den Showroom verlassen, eilt der Mann hinterm Tresen davon. Vermutlich geht er Kübel und Wischmopp holen.

Wir quälen uns also weiter durch den monegassischen Verkehr, um nach weiteren 30 Minuten im BMW-Service Monaco zu stehen. Hier wird uns freundlich mitgeteilt, dass man das Teil bestellen könne. Leider brauchen wir es gleich, und so stellen wir die Frage, wo denn die nächste Möglichkeit in Frankreich sei. Die Kollegen sehen sich an und lachen. Am Montag? Nirgends! Da haben alle Motorradgeschäfte in Frankreich geschlossen. Natürlich. Wir Dummerchen, wer möchte schon am Montag Motorradteile kaufen. Ich schmeiße langsam die Nerven weg und will nur noch raus. Es ist bereits nach Mittag und der Stop and Go Verkehr im Fürstentum macht mich fertig. Zudem sind die Straßen so eng, dass ein Vorbeikommen mit den großen Koffern kaum möglich ist. Nach gefühlten Stunden können wir die Stadt endlich nach Norden Richtung Sospel verlassen. In Sospel genehmigen wir uns in einem Bistro ein Panini und ein Coke.

Anhang anzeigen 519340

Leider müssen wir aber feststellen, dass Maja die LGKS auch nicht ganz unbeschadet überstanden hat. Das hintere Federbein hat ein Leck. Mit dem Col du Parpaillon noch vor uns macht das wenig Hoffnung... Wird sie es schaffen? Oder doch lieber die normalen Teerstraßen nach Hause?

Anhang anzeigen 519337

Dann geht’s durch die Gorge du Cians weiter nach Norden. Diese Schlucht ist ein absolutes Muss, wenn man in der Gegend ist. Blutrote Wände, kaum Verkehr und perfekter Teer.


In Beuil biegen wir rechts ab und der Plan wäre gewesen, noch zumindest bis zum Campingplatz „du plan d’eau“ zu kommen. In Saint-Sauveur-sur-Tinée rufe ich dort an und sie sind ausgebucht. Jetzt wird’s mit Campingmöglichkeiten schnell dünn und ich versuche bei weiteren Plätzen noch ein Fleckchen zu kriegen. Erst am Camping Municipal de Valdeblore werde ich fündig und das bedeutet, dass wir nochmal ein Stück Richtung Süden zurückfahren müssen. In dieser Gegend ist jede Straße ein Pass, und so sind es nochmal zahlreiche Kehren, bis wir endlich am Campingplatz angekommen sind. Dort fängt es natürlich prompt an zu regnen, während wir aufbauen.

Anhang anzeigen 519338

Es ist wieder spät und so packe ich meine zweite Notration, Knorr Fusilli in Käsesauce, aus, die wir in der Camping „Küche“ warm machen und uns teilen.

Anhang anzeigen 519339

Kaum liegen wir in unseren Zelten, da kommen wir in den Genuss des letzten Tags (und krönenden Abschlusses) eines dreitägigen Festivals mit Liveband, die am Fußballplatz in 50m Entfernung bis zwei Uhr früh Covers von Starship und den Dire Straits spielen. Der Schlaf kommt trotz Ohropax erst nach drei ordentlichen Gläsern Diplomatico.

To be continued :)
Danke für deine tollen Eindrücke. War sehr interessant zu lesen.
 
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Kaffeefahrt zum Col du Parpaillon - oder "Mit der fetten Alten und der noch älteren Schlanken ins Abenteuer"

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