…Der Rainer war nun also mit einem Kampfauftrag unterwegs.
Was auch immer ihn zu derartigen Aktionen treibt … man weiß es nicht.
Wir standen jedenfalls da und blickten hinter ihm her.
In dem Klassiker “Luftschlacht um England“ stehen einige Piloten am Rande des Flugfeldes und beobachten wie ihre Kameraden abheben, um sich dem bösen Feind entgegenzuwerfen.
Konzentriert, entschlossen … aber beherrscht. So stehen sie da und warten auf ihren Einsatz, die englischen Spitfire-Piloten. In diesem Film. Eine wirklich gut gemachte Szene.
„Ich kann die Holländer auch nicht leiden!“, ließ Charly verlauten.
Wir konnten trotz AC/DC hören, wie Rainer seine R1 hochdrehte.
Ganz allein würde er sich nun dem Feind entgegenwerfen.
Und wir standen dort herum und hielten Maulaffen feil.
Wobei ich nicht die geringste Ahnung habe, was zur Hölle wohl Maulaffen sein könnten.
„Ich mag sie auch nicht, die haben den Völler angespuckt“, fiel Dietmar noch ein. Der kam eigentlich aus Leverkusen und Rudi Völler war dort Sportdirektor … bei Bayer 04. Fußball ist Dietmars große Leidenschaft, aber das hatte ich wohl schon erwähnt.
Er meinte wohl die Holländer … von den Maulaffen konnte er ja nichts wissen.
Nach AC/DC folgte ein lautes, hartes und ziemlich aufpeitschendes Stück.
Den Titel und den Namen der Gruppe habe ich vergessen.
„Wir sollten mal so langsam los!“ Rolf sah auffordernd in die Runde.
„Hat irgendjemand ’ne Idee?“, fragte ich. Obwohl mir eigentlich längst klar war, wohin die Fahrt gehen würde. Niemand antwortete.
Na gut, dann also los!
Wir holten unsere Helme und den Rest der Klamotten. Unsere vier BMWs standen schön nebeneinander … fast wie eine Staffel startklarer Spitfires.
Im besagten Film würde jetzt “Battle of Britain“ erklingen. Aber der alte Transit schwieg inzwischen. Schade eigentlich … aber dieses Stück hatten die Streetfighter mit Sicherheit auch nicht im Programm.
Ich machte den Wing Commander. Weniger aus Überzeugung als vielmehr aus Gründen der besseren Ortskenntnisse.
Manchmal trauere ich ein wenig meiner Goldwing hinterher. Wenn man da die bordeigene Stereoanlage richtig bestückt, dann pflügt man mit dem Dickschiff über die Landstraße, wie die Jungs aus „Das Boot“, mit ihrem lahmen Kahn durch die Straße von Gibraltar. Subjektiv am Limit … von außen betrachtet eher bescheiden schnell.
Alles eine Frage des Standpunktes bzw. Sitzpunktes.
Aber meine GS hat nun mal keine Stereoanlage … sondern nur den Außenlautsprecher des Herrn Zach. Der spielt allerdings immer das gleiche Stück. Mir gefällt’s … aber unbeteiligte Zuhörer reagieren gelegentlich mit Unverständnis. Die Geschmäcker sind eben verschieden!
Im Formationsflug näherten wir uns dem Tal. Einige der entgegenkommenden Zweiräder warnten uns mit der Lichthupe. Schon klar … Wochenende!
Laserpistolen waren eindeutig gefährlichere Gegner … als die spuckfreudigen und hochgewachsenen Amateurbiker von der Nordseeküste.
Am Besten ist immer … man fährt die komplette Strecke einmal gemütlich ab. Gemütlich und sehr aufmerksam. Dann kann man sie immer gut erkennen … die Kameraden mit ihren Laserpistolen auf dem Dreibein. Die wechseln zwar gelegentlich den Standort … aber das dauert eben. Da muss man dann einfach schneller sein. Schneller als die Polizei erlaubt … natürlich.
Aber das waren die meisten Bikerkollegen sowieso!
Einen konnten wir entdecken. Ziemlich gut getarnt … hinter einem Stapel aufgeschichteter Baumstämme, knapp hinter, fast noch in einer schönen schnellen Kurve.
Fette Beute würde er an diesem Tag machen … das stand schon mal fest. Von der anderen Seite konnte man ihn überhaupt nicht erkennen … noch nicht einmal erahnen. Ein strategisch perfekter Standort. Weiter unten würden sie dann eingesammelt … die Opfer der modernen Lasertechnik. Entkommen war nahezu unmöglich. Zahltag in Tirol!
Und da kamen sie schon angeflogen, die bunten Jockeys. Schön bunt, schön schräg und … schön schnell.
Ganz im Stil der alten Jagdflieger betätigten wir die Knöpfe unserer Lichthupen. In unserem Fall allerdings in eindeutig pazifistischer Absicht.
Diesen Kurvenflug schlagartig zu verlangsamen … da brauchte es allerdings schon einige Erfahrung. Vielleicht waren es ja Holländer … in diesem Fall würde die Kasse ordentlich klingeln. Aber die alten Österreicher waren ja Verbündete … damals … als die Holländer noch die Spitfires flogen. Einige Wenige wenigstens. Holländer meine ich… aber die heißen ja eigentlich Niederländer. Wir wollen doch politisch korrekt bleiben.
Aber Schluss jetzt … mit diesem revanchistischen Zeug!
Am oberen Ende der Strecke sammelten wir uns auf einem Parkplatz. Wir waren dort allerdings nicht allein. Eine ganze Menge speedhungriger Kollegen trafen dort ihre Startvorbereitungen. Rainer korrigierte gerade seine Federvorspannung. Oder er tat zumindest so … als ob. Rainer hat eigentlich immer ein optimal justiertes Fahrwerk. Reine Show … vermutlich.
Seine Taktik war klar. Die hatte er mir irgendwann anvertraut.
Abwarten, bis eine Gruppe Holländer … ich meine natürlich Niederländer … startet … und dann … hinterher und hetzen.
Da hat er Spaß dran … der Verrückte!
„ Laser … der Holzstapel … in der Kurve nach der Försterbude …!“, raunte er mir im Verschwörerton zu. „Da jage ich sie rein … die Pappnasen!“
Rolf stand neben mir und kratzte sich am Kopf.
Wir sahen uns an. Ne, wirklich nicht!
Auch wenn kein direkter Personen-oder Maschinenschaden zu erwarten war. Das ist nicht die Art eines stolzen GS-Fahrers. Holländer hin oder her.
Jetzt mal ganz abgesehen davon … dass es nicht unbedingt einem Sektfrühstück gleichkommt … eine Horde „Fireblades“ oder andere hochkarätige PS-Boliden durch dieses Tal zu scheuchen.
Mit einer Kuh!
Dazu musste man schon ein paar Pferdchen mehr unter dem Tank haben … und zusätzlich ein paar Schrauben locker…im Oberstübchen.
Rainer und seine R1 erfüllten all diese Bedingungen.
Wir nur teilweise.
Ff