Ein Seitenblick auf Keith Code
Nahmdt 'fiep' !
Keith Code geht in seinem Buch den umgekehrten Weg - während Bernt Spiegel an sein Buch (und an sein Publikum) wissenschaftliche Ansprüche anlegt, bemüht sich Keith Code bzw. sein Lektor oder ghost-writher darum, so weit wie möglich das Klischee vom Bildungsfernen "foll-Rohr-ey-biker" zu bedienen, der mit Mühe lesen, seinen Namen schreiben und rechnen bis 500 (PS?) gelernt hat. In einer bemühten und sehr blumigen Strassenkumpel- und Thekensprache wird das verpackt und versteckt, worum es geht - leider Gottes, weil es steckt sehr viel in den Büchern von Code. Ich jedenfalls mußte mich für Code weitaus mehr anstrengen, als für Spiegel, ja ich habe sogar mal erwogen, daß Code'sche Gelabere ins Deutsche zu übertragen - aber letztlich bin ich doch zu faul für sowat.
Spiegel hält sich, was die Blickführung anbelangt, äusserst bedeckt. Er beschränkt sich auf die alte Weisheit, man möge weiiit vorausschauen. Das ist zweifellos richtig und wichtig - aber das alleine langt nicht. Es muß kein Fehler sein von Spiegel, hierauf nicht intensiver eingegangen zu sein, wahrscheinlich war es weise Selbstbeschränkung; sein Buch hätte locker nochmal 50-100 Seiten länger werden können.
Von Keith Code habe ich folgende wesentlichen Anregungen mitgenommen:
1) "Den Blick teilen" - der optische Fokus ist an den Horizont der Strasse geheftet, die "bewußtseinsmässige" Aufmerksamkeit dem Strassenzustand vor einem, der Zone des "Traktorfahrerblicks" gewidmet. Das ist anstrengend und will geübt sein - mir gelingt es allenfalls für einige glückliche Minuten, in denen das Fahren dann allerdings von einer göttlichen Leichtigkeit ist. Dieser vom optischen Fokus abgetrennte 'geistige' Folus kann selbstverständlich auch dazu benutzt werden, eine Einmündung, eine Einfahrt, den Gegenverkehr, Fußgänger, Waldrand (insbesondere zur Wildwechselzeit) oder sonst was unter Kontrolle zu halten.
2) Das Festlegen von "Orientierungspunkten" - Dieses 'Strategem' entstammt der Rennstrecke, wo man Ölflecken und ähnliche streckenfeste Punkte festlegt, die z.B. Einlenk-, Schalt und Bremspunkte markieren. Auch auf der Landstrasse und im unbekannten Geläuf kann man sich solche Orientierungspunkte festlegen, und sich "von Punkt zu Punkt durchhangeln". Damit vermeidet man z.B. den Orientierungsverlust in einer schnell (hanging off) gefahrenen Kurve, und spart sich Gehirnkapazitäten.
3) Der sparsame Umgang mit den Hirnkapazitäten - Code vergleicht diese Notwendigkeit passend mit einem Geldbetrag, den man nur einmal ausgeben kann, und den man "rationieren" muß. Das bedeutet auch: Reizüberflutung zu wehren. Radio, MP3, Mobiltelefon und Sprechfunk (mit Ausnahme von Ausbildung oder sonstigen objektiven Notwendigkeiten) haben auf dem Moped nix verloren. Es gilt, permanent im Sichtfeld das wesentliche vom unwesentlichen zu unterscheiden, und sich konsequent auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren. Wer sich für die Landschaft interessiert, sollte entweder viel langsamer fahren, oder sich ne Postkarte kaufen.
4) Ruhig Blut beim driften oder sonstigen Anormalien - die sinnvollste Art und Weise, mit diesen Phänomenen umzugehen, besteht in der Regel darin, nichts zu tun. Das Motorrad ist eigenstabil, und fängt sich wieder von alleine. Anders wird es erst in dem Bereich, den Spiegel das "Zaubern" nennt - und das geht weit über das hinaus, was sinnvollerweise auf der Strasse gelernt oder praktiziert werden sollte.
Zum Trail und sonstigen Aktivitäten in Matsch, Schotter und Schlamm kann ich nix beitragen - das liegt jenseits meiner Kenntnisse und auch jenseits meiner derzeitigen Ambitionen. Mein Schnabeltier wird zu den vielen gehören, die so gut wie immer Asphalt unter den Reifen haben. Daß mir dabei viel entgeht, und das Geländefahren völlig zurecht als "die hohe Schule" des Motorradfahrens angesehen wird, weiß ich - gleichwohl. Alleine schon physisch bin ich dem nicht gewachsen, und lasse die Finger davon.
Gruß
Kroni