Auf speziellen Wunsch von Jochen (Boro): Reisebericht Kurztrip Südfrankreich ;-)

[Mechanikus]

Hallo Zusammen.

Ich lese gerne euere Reiseberichte, da kann man schön mitreisen und mitträumen. Deshalb, und auf speziellen Wunsch von Jochen, will ich euch auch an meinem Kurztrip teilhaben lassen.

Wir beginnen hier im Raum Heilbronn. Die Anreise wollte ich so schnell wie möglich hinter mich bringen und das aus folgenden Gründen: Ich hatte nur von Sonntag 10.9. bis Samstag 16.9. ein Zeitfenster für diesen Trip und wollte, nachdem ich im Sepember 2022 rund um Briancon war, dieses Mal etwas weiter in den Süden. Nun kann man sich einen Sonntag quer durch den Schwarzwald und durch die Schweiz lebhaft vorstellen. Genau, da wirst Du blöd dabei. Also rauf auf die BAB und direkt zum Startpunkt der klassischen RDGA nach Thonon les Bains an den Genfer See.

Sonntag 10.09.2023

Start der Route vom Genfer See aus (Thonon les Bains), Col de Gets, Col de la Colombiere, Col des Aravis, Col de Saises, Albertville, Col de Madeleine. Hier begann ich langsam nach einem Campingplatz zu suchen, musste aber feststellen, dass schon einige davon geschlossen hatten. Bei Sant Remy de Meurienne fand ich schliesslich noch was und beschloss, entgegen meinem ursprünglichen Plan einer Etappenrundreise, dann doch ein paar Tage an einer Station zu bleiben und von dort aus dann auszuschwärmen. Der Stress mit Suchen, Aufbauen, Abbauen, nasses Zelt einpacken war mir dann doch zu viel und brachte nicht die erhoffte Entspannung.
Da ich im Job als Bauleiter sehr eingespannt bin brauchte ich einfach diese Freiheit, diese Entspannung und diese Ungebundenheit die mir nur das Camping geben konnte.
Für mich ist Motorradfahren zusammen mit Camping der Inbegriff der Freiheit, Naturverbundenheit und Entspannung. Meine Regeln, meine Entscheidungen, meine Freiheit.

Und hier ein paar Bilder vom ersten Tag:

 

[emdee]

Servus,

das fängt gut an - bin mit meiner Frau die RGA runter, die Napoleon wieder etwas rauf und dann entlang der Südseite Alpen via ITA/A/SLO/CZ zurück gefahren. da sehe ich schon Einiges mit Wiedererkennungswert

 

[Mechanikus]

Montag 11.09.2023

Liebe Kinder. Ich erzähle euch jetzt mal eine kleine Geschichte. Ein Motorrad hat einen Hauptständer und einen Seitenständer. Wenn das Motorrad schwer beladen ist, dann bekommt man es schlecht auf den Hauptständer gehoben. Deshalb stellt man es am Seitenständer ab. Wenn man aber Zeltet, dann sind die meisten Plätze mit Gras und das ist weich. Also schraubt man an den Seitenständer eine Seitenständerauflagevergrösserungsplatte dran. Das sieht dann so aus:

Nächstes Kapitel: Wenn man Motorrad fährt, dann hat man Motorradstiefel an. Die sind stabil aber geben auch ganz schön warm, besonders bei über 30 Grad. Also ist man froh wenn man die Latschen am Campingplatz anziehen kann.

Wenn man jetzt aber meint, die Maschine steht ungünstig, und man schiebt sie noch ein paar Zentimeter zurück, und vergisst die Seitenstütze einzuklappen, und hat Badelatschen an, und bleibt mkt dem grossen Zeh an der Auflagevergrösserung hängen, und denkt sich AUA, und meint dass nix passiert ist, und sieht kjrz dannach wie sich der Socken im Bereich des grossen Zehs rot färbt, und denkt dann, MIST Verdammter. Ich konnte mir das Unheil gar nicht ansehen. Socken aus. Mehrere Pflaster drüber und schauen was passiert. Das war gestern abend. Ich dachte. Shit. Jetzt ist die Tour gelaufen. Krankenhaus. Nähen. Verband. Nix mehr mit Mopped fahren. Die Kiste kriegst du nicht mehr geschaltet. Schaltung ist links beim kaputten Zehen. Naja. Die ganze Nacht hat der Dreckszeh gepocht. Morgends vorsichtig in den Stiefel rein. Verdammt, das wird doch gehen. Puha bin ich heute rumgeschlichen. Jeder Schaltvorgang war eine Qual. Aber ich hab wieder viel gesehen.

Es ging über Briancon nach Embrun und rüber nach Barcelonnette. Dort schlug ich mein Basislager auf. Dann noch den gesperrten Allos rauf und rüber nach Super Sauze.

 

[Mechanikus]

Dienstag 12.09.2023

Bin noch bei Barcelonnette auf dem Campingplatz. Klein aber frei. Frei von Regeln, Schranken, Toren und Bürokratie. Auf französisch hat der ältere Herr mir zu verstehen gegeben ich möge meinen Namen auf einen mir gereichten Notizblock schreiben. Das Datum schrieb er oben drüber, das war es schon mit der Anmeldung. Such Dir einen Platz aus hies es. Bezahlen? Le lendemain. So was gechilltes habe ich selten erlebt....Franzosen halt...total tiefenentspannt. Endlich hat die ersehnte Tiefenruhe begonnen auf mich zu wirken. Alles ist plötzlich ruhig und easy. Südfrankreich beginnt zu wirken und genau deshalb mag ich diese Gegend so sehr.

Heute war ich eine Runde über den Bonette, Isola, Roubion, Entrevaux, Gorges du Cians, Gorges de Dalouis, Col de Champs, Colmars, Col de Cayolle.

Ich lasse hier mal die Bilder der fantastischen Landschaft für sich sprechen. Wobei ein Foto NIE die wahren Gefühle ausdrücken kann, die man empfindet wenn man mit allen Sinnen diese Gegend geniesst.
DAS ist für mich Motorradfahren. Das hat schon fast etwas meditatives.

 

[Mechanikus]

Es fehlen noch zwei Bilder.

Komisch, ich drücke auf Vollbild...kommt aber zum Schluss nur die Vorschau.
Liegt wohl an meinem superschnellen Internet. Ich vermute mal 56kB Faxmodem ;-)

 

[Gast 11529]

Und den blutigen Zeh und die Seitenständervergrößerungsteuertechplatte wolltest Du uns vorenthalten ? Brüller des Tages. Danke dafür....hab ich gelacht.

 

[Mechanikus]

13.09.2023 Mittwoch.

Ich war schon mal beim Canyon von Verdon und bin die nördliche Strecke mit der Route des Cretes gefahren. Dieses Mal wollte ich die südliche Strecke testen.
Und was soll ich sagen...MEGABEEINDRUCKEND.

Aber erst mal unterwegs Polizeikontrolle. Ausserhalb sieht man keinen, aber in den Ortschaften, speziell in den 30er Zonen wird schon ein Auge darauf gehabt, dass man sich benimmt. Dank meines 7. Sinns befuhr ich diese Ortsdurchfahrt mit der Tempomateinstellung weil mich die Jungs zuvor überholt hatten.

Das Gespräch war dann (auf Englisch, mein Französisch ist nicht so toll) sehr entspannt. Ich interessierte mich mehr für die Moppeds der Beiden. Wieder ein schöner Eindruck der französischen Polizei, sehr sympatisch.

 

[Mechanikus]

14.09.2023 Donnerstag

Schade. Ich trete wieder die Rückreise an. Zu gerne hätte ich noch die Eine oder Andere Ecke erkundet. Die Gegend hier ist so wunderbar vielfältig. Die Geologie ist an jeder Ecke verschieden. Man hat schwarzen Schiefer, Schichtgestein, zinnoberrote Felsen, unbeleuchtete Tunnels, Schroffe Felsen und enge Schluchten. Auch geschichtlich gibt die Gegend einiges her. An jeder Ecke sieht man alte Festungen, Zitadellen, Bunker und Kasematten.

Es ging zurück über den Lac de Serre Pocon Richtung Gap, dann Richtung Albertville und an den Annecy See. Strassen? Keine Ahnung...einfach querbeet. Der Track vom Navi wird es mir zuhause schon zeigen wo ich war. Hat auf jeden Fall Spass gemacht die kleinen Nebensträsschen zu erkunden.

 

[Mechanikus]

Freitag 15.09.2023

Es geht nach Hause. Aber Freitags auf deutschen BABs.....NÖÖÖÖ. Also habe ich mich über die Schweiz Richtung Schluchsee begeben um noch ein paar Sräßchen im Schwarzwald zu benutzen.
Warum nicht über Land durch die Schweiz. Boa. An dem Tag hatte ich die Schnauze voll. Ich hatte ein paar Meter in der Schweiz gemacht und musste feststellen, dass da anscheinen ein landesweiter Blitzmarathon im Gange war. In jeder Ortschaft, in jeder Baustelle, bei jeder Geschwindigkeitsbegrenzung stand da ein mobiler Blitzer oder ein Laserbewaffneter Beamter. Nö, da passe ich. Rauf auf die AB Tempomat rein und durch.
Als ich dann im Schwarzwald bei Wehr ankam und Richtung Schluchsee fuhr, bemerkte ich wie schön doch eigentlich der Schwarzwald ist. Durch das Wehrtal war ein Genuss sondersgleichen. Besonders der Südschwarzwald, so ab Wolfach abwärts, der hat es mir wirklich angetan. Herrlich hier. Muss ich öfter wieder mal machen.

Bilder hab ich nur wenige gemacht. Der Flow war so schön. :-)

Kennt ihr das: Man hat eine schöne, kurvenreiche Strecke mit 0 Verkehr, der Grip ist gut, der Boxer Brummt zufrieden, man lässt das Gas stehen, hält die Maschine auf Zug und wedelt einfach nur so von Kurve zu Kurve...mit einem dicken, fetten Grinsen im Gesicht.

 

[emdee]

Schöne Bilder und schön geschrieben....und es bleibt für die Daheimgebliebenen nur ein Eindruck.
Lässt sich nur ändern wenn man selbst dahin fährt.
Die Gegenden gäben Monate an Touren her
Danke fürs Teilhabenlassen und alles Gute für den Zeh !

 

[Mechanikus]

Samstag 16.09.2023

Es geht auf kleinen und kleinsten Wegen zurück nach Hause. Der Schwarzwald hat mir wieder mal gezeigt in was für einer schönen Gegend wir hier doch leben.

Die knapp 2800 km Kurzreise hat mir wieder sehr gefallen, den Akku wieder gefüllt. Bei aller Kritik am BMW Boxer...er klappert, er scheppert, er rumort, aber er läuft zuverlässig und haut einen auch aus den Spitzkehren wenn man sich mal vertan hat und im zu grossen Gang unterwegs ist. Mittlerweile mag ich den Schleppermotor.

Ich hoffe euch ein wenig mitgenommen zu haben.

Jürgen

 

[GS-Gaydoul]

Hast du ! Tolle Bilder, schöne Tour und hoffentlich geht es dem Zeh wieder besser !

 

[ChiemgauQtreiber]

Hallo Jürgen,

Danke auch für deinen schönen Reisebericht - wäre schade gewesen, wenn du uns den vorenthalten hättest

Das ist so richtig schön mitgenommen und mitträumen können - Südfrankreich ist schon herrlich.
und auch dein "Kampf" Zeh vs. Seitenständervergrößerung" lässt einen beim lesen förmlich selbst den Schmerz fühlen - gut das die Reise an der Stelle nicht zu ende war ! Gute Besserung für deinen zeitweilig unfreiwilligen "Helden" in der Geschichte.
Ja und auch der Südschwarzwald hat schon was - das Wehrtal mag ich auch sehr gerne - und Hexenlochmühle ist auch immer ein Muss.

Alles Richtig gemacht !

 

[boro]

Mensch Jürgen.
Und den tollen Reisebericht wolltest Du uns vorenthalten? Sehr gut, dass Du Dich umentschieden hast.

Ach ja, Frankreich ist einfach ein super tolles Reiseland. Gerade der Süden und für uns Motorradfahrer.
Früher habe ich ja auch viel gezeltet. Ich überlege schon ganze Zeit, ob ich das nicht mal wieder versuche .Mir hat das immer Spaß gemacht (zumindest wenn es keinen Dauerregen gab )

Gut, dass der Große Zeh nicht die Reise beendet hat.


Vielen Dank für den Tollen Bericht.


Gruß
Jochen

 

[the-pianoman]

Ich hoffe euch ein wenig mitgenommen zu haben.

Jürgen

Hallo Jürgen,
super schöner Bericht, mit tollen Bildern, die mir alle sehr bekannt vorkommen .
Und ich kann alle deine Eindrücke dermaßen nachvollziehen

Ich hab zum Glück eine kleine Truppe, die jedes Jahr eine Woche mit Camping in die Seealpen fährt.
Die RDGA ist bei uns nicht mehr strickt vorgegeben, weil die ganze Gegend ein Motorrad-Paradies ist.
Nicht nur wegen der großartigen Landschaft und tollen Strecken auch links und rechts der RDGA, nein, auch weil die Franzosen so freundlich und locker sind, und wir in all den Jahrzehnten, wo wir diese Woche dahinfahren, noch nie kontrolliert, gelasert oder sonst was worden sind. Allerdings lassen wir auch nicht "die Sau raushängen", etwas über dem Limit gerade bei den Col´s ist aber schon drin .

Gibt echt nichts Schöneres und Entspannenderes, als dort auch auf den kleineren Cols (zB Cayolle, d´Allos) noch eine gechillte Abendrunde zu drehen, wenn man das Zelt aufgebaut hat:














So, und jetzt darf ich nicht dran denken, daß es bis zum nächsten Mal noch rund 9 Monate sind.....

Danke für´s Mitnehmen!!!!

 

[Nordisch]

Moin,

Vielen Dank, gerade auch für die Bilder. Ich war letzte Woche auch dort unterwegs, habe aber kaum fotografiert. So hatte ich einiges noch Mal vor Augen.

Ich überlege schon ganze Zeit, ob ich das nicht mal wieder versuche

Mach das. Ich war nie der große Camper, habe dieses Jahr aber Schlafsack und Matratze erneuert und es in den Alpen nicht bereut. Ein herrliches Gefühl, direkt der Wärme und Kälte an frischer Luft "ausgesetzt" zu sein. Nur wenn man des Nachts einmal raus muss, das war früher besser ...

 

[Gast 11529]

Hallo Namensvetter......fein gemacht. Wäre echt schade wenn Du Dich nicht hättest überreden lassen uns allen diese tolle, wenn auch kurze Reise in Bildern und witzigen Texten zu zeigen. Vielen Dank dafür !

 

[Mechanikus]

Zum Thema Camping:
Nicht dass ich mir ein Hotelzimmer nicht leisten könnte oder die Vorzüge eines eigenen Raumes mit Dusche und Toilette zu schätzen wüsste, nein. Das Camping ist für mich der Teil der Freiheit der mir im von Anderen bestimmten Berufsalltag und den Verpflichtungen gegenüber der Familie so abhanden gekommen ist. Zurück zu den Ursprüngen, zu den einfachen Dingen des Lebens, zur Verbundenheit mit der Natur. Nachts aufzuwachen (wir Älteren wissen warum ;-)) und im Stockdunkeln den Sternenhimmel zu sehen, die Stille dazu, die Unendlichkeit der Lichtpunkte, das ist schon was ganz Besonderes. Ich kann mich nicht erinnern hier im Raum Heilbronn mal die Milchstrasse so deutlich gesehen zu haben.
Dann ist es noch das flair auf den Campingplätzen. Hier trifft sich der Kriminalhauptkommissar aus Brandenburg, der Ingenieur aus Marseille, das Mädel aus Peru, die Jungs aus Köln, die eine 6000km Charitytour durch Europa machen, der arbeitslose Künstler aus Paris, der durch das Land tingelt für einen neuen Job, Motorradfahrer aus Spanien, Finnland, Niederlanden usw..... Alles schon erlebt. Kurz: Vergesst die ganzen Medien, Zeitungen und sonstige Meinungsbeeinflusser. Wenn man unter die Leute geht, sich mit ihnen unterhält, auch mal zuhört... Dann merkt man wie die Welt da draussen wirklich ist. Jede Reise die ich bisher gemacht habe lies meinen Horizont wieder ein Stück grösser werden. Man lernt nicht mehr nach Nationalität und Hautfarbe zu schauen, sondern nur noch den Menschen gegenüber zu sehen und zu verstehen.
Es ist toll, wenn einem jemand, dessen Sprache man nicht versteht, erklärt wie sein neu gekaufter Moppedanhänger funktioniert und wie toll er seine Himalayan findet. Oder wenn einen ein Französisches Ehepaar im Wohnmobil zum Kaffee einlädt und erzählt warum sie schon so früh in Rente gegangen sind.
Ja. Für mich ist das Reisen mit dem Mopped nicht nur flottes Passgeheize (wobei das auch Spass macht), sondern ein Gesamtpaket aus Selbstfindung, Freiheitsliebe, Weltoffenheit, Naturverbundenheit und Abenteuerlust.

Danke fürs zuhören (lesen)

Jürgen

 

[assindia]

Danke für den schönen Bericht.
Du brauchst Dich doch nicht fürs campen rechtfertigen. Ich campe auch für mein Leben gern - genau aus den Gründen die Du genannt hast. Ja gut ich fahre mit dem Auto und die Mopets auffen Anhänger - elektrische KühlboGSen usw.
Ist ein Traum abseits des Mainstreams - genau mein Ding - solange ich nachts und morgens von der Matte aus eigner Kraft hochkomme ....

 

[nobbe]

danke für den bericht- campen in FR ist das beste, was du machen kannst