Meine Honda CRF 1100 Affentwin ist serienmäßig mit einem TFT-Display ausgestattet, das Apple CarPlay bzw. Android Auto kann. Ich habe deshalb auf ein separates Navi verzichtet und nutze mein iPhone zum Navigieren. Ich kenne das Gerät, das hier vorgestellt wird, nicht. Ich möchte dennoch einige Gedanken beitragen, die eventuell bei der Entscheidung über eine Anschaffung beitragen können.
1. Anbindung: Meine Honda bietet serienmäßig nur wired Carplay, d.h. ich muss das iPhone über ein Kabel mit der Honda verbinden. Doch wo lasse ich das Handy, das ich bei Carplay eigentlich nicht mehr anfassen muss? Also doch das Handy mit einer Halterung an den Lenker spaxen? Oder, wenn man einen hat, das Handy in den Tankrucksack legen und mit einem langen Kabel laden. Das hier angesprochene Carpuride-Teil beherrscht offenbar wireless Carplay, also ohne Kabel. Das habe ich bei meiner Honda über einen Adapter nachgerüstet. Mein iPhone kann also während der Fahrt in der Jacke bleiben - das ist für mich einer der Hauptvorteile von Carplay gegenüber direkter Handy-Nutzung. Allerdings wird es dort nicht geladen, und Carplay zieht ziemlich viel Saft. Bei jeder Fahrt über zwei Stunden ist es sinnvoll, sich eine Lademöglichkeit zu überlegen. Ich habe bei längeren Fahrten eine kleine Powerbank dabei, ich hatte auch schon mal eine Handy-Hülle mit eingebautem Zusatz-Akku, die ist aber schnell kaputt gegangen.
2. Montage: Bei meiner Honda schätze ich es, dass das Display fest im Cockpit verbaut ist. Der Wireles-Adapter ist unsichtbar montiert. Das Handy steckt in der Jacke. Das bedeutet, ich muss, wenn ich aufsteige, nichts montieren, und wenn ich absteige, nichts abbauen, was gestohlen werden könnte. Beim Carpuride sehe ich das nicht so. Das Ding ist nicht im Cockpit integriert. Wenn man es so befestigen möchte, dass es nicht jeder Trottel mit einem Leatherman abschrauben kann, wird man sich wohl was überlegen müssen. Wenn es darauf rausläuft, dass man das Carpuride zumindest über Nacht aus Sicherheitsgründen abbauen muss, kann man gleich ein Outdoor-Handy nehmen. Ich habe von Carpuride Videos gesehen, bei denen das Display so montiert war, dass es die Armaturen abdeckt. Ich halte das für Unsinn. Carplay ist als Ersatz für ein In-Car-Entertainmentsystem gedacht, nicht als Ersatz für ein Cockpit. Meine Honda hat ein StVO-konformes Not-Cockpit unter dem TFT, so habe ich auch dann, wenn auf dem TFT Apple Carplay läuft, einen Tacho, eine Ganganzeige und alle relevanten Warnlampen. Drehzahlmesser, Kühlwassertemperatur, Restreichweite, Tageskilometerzähler - alles Infos, die ich nur dann sehen kann, wenn ich mein TFT auf das Honda-Cockpit umgeschaltet habe. Wenn man sich ein Carpuride ans Mopped schraubt, dann darf es das Cockpit nicht abdecken, es muss also separat sitzen wie ein Navi. Der angesprochene Adapter für die BMW-Navihalterung klingt interessant. Hoffentlich ist dann auch eine Bedienung via Multicontroller möglich.
3. App-Angebot: Längst nicht alle relevanten Apps unterstützen Carplay. So hat Kurviger jetzt eine iPhone-App angekündigt, Carplay-kompatibel soll sie erst mal nicht sein. Bei TomTom läuft die normale Navi-App TomTom Go auf Carplay, die motorradoptimierte Ride-App nicht. Bei Android Auto ist es angeblich noch schlimmer. Und, ehrlich gesagt: Wenn man von dem Funktionsniveau eines Garmin XT oder eines TomTom Rider ausgeht, sind viele Navi-Apps für Carplay noch ganz schön buggy. Bei Calimoto zum Beispiel kann man direkt am iPhone Zieladressen eingeben, die dann auch gefunden werden. Über den Carplay-Bildschirm geht das nicht. Gut finde ich allerdings, dass die Carplay-Darstellungen der Apps motorradgerechter sind, mit großen Buttons und wenig kleinteiliger Oberfläche. Und es gibt ein paar schräge Lösungen. So vermeidet zum Beispiel die CarPlay-Variante von WhatsApp konsequent die Eingabe von Text via Tastatur. Neue Messages muss man sprechen, sie werden dann in Text umgewandelt. Und ankommende Nachrichten kann man nicht lesen, sie werden einem mit synthetischer Stimme vorgelesen. Interessant auch die App Pace Drive, sie erlaubt an ausgesuchten Tankstellen das bargeldlose Tanken. Geldbörse und Smartphone bleiben am Mann, man muss zum Tanken weder den Helm noch die Handschuhe ausziehen. Das ginge auch mit einem Smartphone am Lenker, aber da muss man meistens die Handschuhe dann doch ausziehen.
Unter dem Strich würde ich sagen: Bevor ich mir eigens ein Outdoorhandy kaufe und es als Navi-Ersatz ans Krad schraube, wäre eine Lösung a la Carpuride durchaus eine Alternative. Besonders für diejenigen, die vielleicht schon im Auto CarPlay haben.