Serpel
Themenstarter
Ich mach mal einen neuen Strang auf, damit nicht andere Themen weiter zugemüllt werden. Den Beitrag aus dem Conti Road Attack 3-Strang stelle ich nochmals ein - damit klar ist, worum’s geht.
Auf die Frage von CH31 hatte ich versprochen, Bilder einzustellen von drei Reifenpaarungen, die ich alle auf denselben Strecken mit vergleichbarem Einsatz des Gasgriffs gefahren habe.
Bridgestone S20 (linke Spalte): Vorne zeigt er von allen dreien die deutlichste Abflachung der Flanken. Ich kann mich erinnern, dass er am Ende wirklich nicht mehr schön zu fahren war und den oben beschriebenen Effekt des unvermittelten Abkippens in gefährlich tiefe Schräglagen am deutlichsten zeigte. Hinten blieb die Kontur erstaunlich rund, wofür ich keine rechte Erklärung habe.
Bridgestone S22 (mittlere Spalte): Vorne zeigt er nahezu idealen Verschleiß, die Flanken haben kaum gelitten. Der Reifen hat noch genügend Restprofil. Hinten jedoch ist er an den Flanken komplett durch und ganz außen fast platt gefahren. Dass er gegen Ende noch deutlich neutraler und agiler zu lenken war als der ältere Bruder, rührt daher, dass der Hinterreifen auf das Lenkverhalten weniger Einfluss hat als der Vorderreifen. Der überproportionale Abrieb hinten ist der extrem haftfähigen Gummimischung an den Flanken geschuldet in der Verbindung mit den Temperaturen im Hochsommer, die sehr sportlichen Einsatz auf der Landstraße möglich machten.
Michelin Pilot Power 2CT (rechte Spalte): Er zeigt vorne wie hinten optimalen Abrieb, was aber auch damit zu tun hat, dass ich den Reifen nicht zu Ende gefahren habe. Und natürlich damit, dass die Gummimischung an den Flanken deutlich härter ausfällt als bei den beiden Bridgestones. Was wiederum dafür sorgt, dass Kurven weniger heftig angebremst werden und aus Kurven heraus weniger stark beschleunigt wird. Wodurch der Verschleiß an den Flanken doppelt profitiert. Wer nicht auf der letzten Rille fährt und Freude am Sparen hat, sollte sich diesen Reifen unbedingt näher ansehen.
Schließlich noch zu CH31s Frage: Den bevorzugten Schräglagenwinkel kann man zwar nicht vermeiden, aber man kann zum Beispiel Kurven und Kehren frühzeitig anbremsen und Bremsen weitgehend vermeiden, sobald die bevorzugte Schräglage erreicht ist. Durch möglichst tiefes Runtergehen kann man ferner die Ausbildung der gefährlichen Kante am Rand zum unbenutzten Bereich des Profils des Vorderreifens abschwächen.
Gruß
Serpel
Serpel schrieb:Verantwortlich für gleichmäßiges, gut kontrollierbares Einlenken ist der ballige Querschnitt speziell des Vorderreifens, wie bei sämtlichen Neureifen mehr oder weniger der Fall. Mit der überproportional stärkeren Abnutzung des Profils auf der Reifenschulter beginnt das Dilemma des ungleichmäßigen Kräfteverlaufs beim Einlenken.
Im ersten Moment (des Einlenkens) noch kaum zu unterscheiden von Neureifen wächst die aufzubringende Gegenkraft mit zunehmender Schräglage am kurveninneren Lenkerende immer stärker an bis zu dem Punkt, wo der Fahrer in seiner Komfortzone üblicherweise die Kurven umrundet. Dabei ist beim dachförmig abgefahrenen Reifen selbst in stabiler Kurvenfahrt immer noch deutlich spürbare Haltekraft nötig, damit sich das Motorrad nicht schlagartig wieder aufrichtet. Je flacher die Flanken abgenutzt sind, desto größer diese Haltekraft.
Möchte der Fahrer noch tiefer in Schräglage (zum Beispiel aufgrund einer unvermittelt auftretenden Gefahrensituation), so ist kurzfristig noch größerer Gegendruck am Lenker erforderlich und der Reifen stößt in den Bereich vor, wo das Profil und damit die Kontur der Lauffläche noch weitgehend dem Neuzustand entspricht. Für diesen Bereich ist die Kraft am Lenker aber nun plötzlich zu groß und das Motorrad kippt unvermittelt viel weiter ab als vom Fahrer beabsichtigt (und der Situation zuträglich). Die Haftung reißt ab und der Sturz ist unvermeidlich.
Da der Fahrer dieses Verhalten natürlich antizipiert (in der Regel, ohne sich dessen bewusst zu sein), werden größere Schräglagen mit zunehmender Reifenabnutzung mehr und mehr gemieden, wodurch die Abflachung der Reifenflanken nur noch schneller voranschreitet. Der Reifen taugt dann nur noch für gemütliches Reisetempo und ist für die flotte Kurvenfahrt kaum mehr zu gebrauchen und bei unvorhersehbaren Ausweichmanövern sogar brandgefährlich - tiefere Schräglagen werden zum Vabanquespiel. Für mich ein Grund den gesamten Reifensatz zu wechseln, sobald die (von mir gefürchtete) dachförmige Abplattung am Vorderrad auftritt.
Es hat lange gebraucht, bis ich das Problem verstanden hatte. Seither versuche ich, Kurven und Kehren möglichst weich und gleichmäßig anzubremsen und einzulenken, um den Abrieb am Vorderreifen gleichmäßig auf die ganze Lauffläche zu verteilen. Auch vermeide ich nach Möglichkeit einen bevorzugten Schräglagenwinkel, damit das Profil bis zum Rand ausgenutzt und die Ausbildung einer äußeren "Kante" vermieden wird.
Auf die Frage von CH31 hatte ich versprochen, Bilder einzustellen von drei Reifenpaarungen, die ich alle auf denselben Strecken mit vergleichbarem Einsatz des Gasgriffs gefahren habe.
Hier sind sie - von links nach rechts: S20, S22, MPP (obere Reihe jeweils 120/70ZR17, untere Reihe jeweils 190/55ZR17):31 schrieb:Wie willst du den den bevorzugten Schräglagenwinkel vermeiden? Wenn du in einer Gegen bist mit charakteristischem Kurvenprofil, wirst du mit deiner Geschwindigkeit immer wieder beim gleichen Schräglagenwinkel landen.
Wie sieht die Alternative aus?
Bridgestone S20 (linke Spalte): Vorne zeigt er von allen dreien die deutlichste Abflachung der Flanken. Ich kann mich erinnern, dass er am Ende wirklich nicht mehr schön zu fahren war und den oben beschriebenen Effekt des unvermittelten Abkippens in gefährlich tiefe Schräglagen am deutlichsten zeigte. Hinten blieb die Kontur erstaunlich rund, wofür ich keine rechte Erklärung habe.
Bridgestone S22 (mittlere Spalte): Vorne zeigt er nahezu idealen Verschleiß, die Flanken haben kaum gelitten. Der Reifen hat noch genügend Restprofil. Hinten jedoch ist er an den Flanken komplett durch und ganz außen fast platt gefahren. Dass er gegen Ende noch deutlich neutraler und agiler zu lenken war als der ältere Bruder, rührt daher, dass der Hinterreifen auf das Lenkverhalten weniger Einfluss hat als der Vorderreifen. Der überproportionale Abrieb hinten ist der extrem haftfähigen Gummimischung an den Flanken geschuldet in der Verbindung mit den Temperaturen im Hochsommer, die sehr sportlichen Einsatz auf der Landstraße möglich machten.
Michelin Pilot Power 2CT (rechte Spalte): Er zeigt vorne wie hinten optimalen Abrieb, was aber auch damit zu tun hat, dass ich den Reifen nicht zu Ende gefahren habe. Und natürlich damit, dass die Gummimischung an den Flanken deutlich härter ausfällt als bei den beiden Bridgestones. Was wiederum dafür sorgt, dass Kurven weniger heftig angebremst werden und aus Kurven heraus weniger stark beschleunigt wird. Wodurch der Verschleiß an den Flanken doppelt profitiert. Wer nicht auf der letzten Rille fährt und Freude am Sparen hat, sollte sich diesen Reifen unbedingt näher ansehen.
Schließlich noch zu CH31s Frage: Den bevorzugten Schräglagenwinkel kann man zwar nicht vermeiden, aber man kann zum Beispiel Kurven und Kehren frühzeitig anbremsen und Bremsen weitgehend vermeiden, sobald die bevorzugte Schräglage erreicht ist. Durch möglichst tiefes Runtergehen kann man ferner die Ausbildung der gefährlichen Kante am Rand zum unbenutzten Bereich des Profils des Vorderreifens abschwächen.
Gruß
Serpel