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noIR
Themenstarter
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- 19.10.2015
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- 283
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- 1200gs 2007
Hallo zusammen!
Aktuell bin ich noch mit meiner Freundin unterwegs auf unserer 6kkm Spanien-Tour. Momentan sind wir auf dem Rückweg in Annecy, Frankreich. Auf unserer Reise waren wir Ersthelfer bei einem Unfall und ich habe dieses Erlebnis in unserem Blog (Fernwind - Fernwind) niedergeschrieben. Vielleicht hat ja hier der ein oder andere Lust, eine Erfahrungen mit der spanischen Polizei sowie der Ambulanz mal zu lesen![Lächeln :) :)](/styles/gsforum/smilies/smile.png)
----
In Spanien kann keiner Englisch sprechen!
Als wir nun also, unterwegs nach Granada, die Landschaft auf uns wirken ließen, bemerkte ich einen Mann, der versuchte, aus dem Straßengraben wieder auf die Straße zu klettern. In der Hand hielt er einen verkratzen Schalenhelm und sein Gesicht war blutüberströmt. Ich holte Tine, die vorfuhr, schnell ein, wir stellten die Motorräder hinter der nächsten Kurve ab und rannten die 100m zufuß zurück.
Ich kam als erstes bei dem Mann an. „What happend? Are you injured?“ fragte ich. „Mir geht’s gut, ihr seid deutsche, oder nicht?“ antwortete der Mann. Er hatte unsere Nummernschilder gesehen. An was passiert war, erinnerte er sich jedoch nicht: „Ich hab dort meinen Helm gefunden, weiß nicht, wie der dahin kommt“. Er wischte sich Blut aus den Augen, welches aus einer Platzwunde an der Augenbraue lief. Er hatte blutende Schürfungen an beiden Händen und am Kinn, das durch den Schalenhelm nicht abgedeckt wird. Trotz der vielen Wunden machte er einen gefassten und stabilen Eindruck. Er stellte sich mit „Rudi“ vor, war circa Mitte fünfzig und trug eine Winterjacke, Jeans und keine Handschuhe. Rudi hatte sich mit einem gemieteten Motorroller abgelegt, es irgendwie geschafft dieses am Straßenrand zu drapieren, aber auch daran erinnerte er sich nicht. Tine fing an ihm seine Wunden zu verbinden und stellte ihm Fragen um ihn zu beruhigen und um abzuklären, ob er eine Gehirnerschütterung erlitten hatte. Ich wollte einen Krankenwagen rufen, Rudi intervenierte jedoch: „ruf meine Frau an, die ist Ärztin und regelt das!“ . Das Telefonat mit ihr war kurz und gefasst: ich stellte den Sachverhalt dar, sie Fragte ob er ansprechbar sei, wir verständigten uns darauf, dass ich ihr den Standort per Whatsapp schicke, und sie fuhr los. Als ich gerade aufgelegt hatte, erzählte Rudi „ja, meine frau, ruf die mal an, die ist auch Ärztin“. „Das hast du uns doch gerade schon erzählt!“ sagte Tine. „Hab ich?“ – okay also doch Krankenwagen!
„Hospital de Granada, dónde están, cuáles son sus nombres, lo que pasó?“
- „English or Germany please!“
„Conecto, un momento!“
Es folgte 2 Minuten lang Beethovens „für Elise“ in Klingelton-Qualität.
In etwa so: http://tinyurl.com/hwebs2l
„Hello, Hospital Granada, how we help?“
In den darauf folgenden fünf Minuten versuchte ich, der gebrochen englisch sprechenden Gegenseite bei noch schlechterem Empfang auf einer Landstraße ohne Namen die GPS-Koordinaten des Unfallorts durchzugeben.
„Ambulance now come, I connect you to accident assistant, hold call!“
- „English assistance please!“
„okay!“
** fünf Minuten Beethoven **
Und dann war das Gespräch weg. Schade!
Tine hatte Rudi mittlerweile komplett verbunden – sein Gesicht war quasi weiß vor Pflastern. Seine Frau hatte mich noch angewiesen, dass wir ihn zum sich Hinlegen überreden. Während Rudi am Straßenrand, mit dem Erste-Hilfe-Päckchen als Kopfkissen, lag, kamen wir ins Gespräch. Er erzählte uns was er beruflich macht, dass er in Deutschland auch Motorrad fährt (sogar eine BMW GS!) und dass morgen eigentlich der Flug zurück gehen sollte. „Mit meiner GS wäre mir das nicht passiert!“ sagte er. Das Gespräch wandelte sich von medizinischer Abklärung zu einer sehr herzlichen Unterhaltung. Rudi war uns beiden einfach unglaublich sympathisch.
Circa 30 Minuten vergingen. Ein Auto der „Guardia Civil“, einer spanischen Polizeieinheit, hielt auf unserer Höhe. Zwei Polizisten stiegen aus; ein Dicker und einer, den ich aufgrund des Aussehens einfach mal „Bushido“ nennen würde. Beide zogen seelenruhig Warnwesten an und schlenderten dann zu uns rüber. Der Dicke sprach mich an.
„¿Qué pasó aquí?“
- „English or German?“
Er guckte wie ein Reh im Lichtkegel eines heran schnellenden Autos. Nun wandte er sich an Tine:
„¿Qué pasó aquí?“
-„Ich spreche nur ein bisschen spanisch“ antwortete Tine auf Spanisch.
Mit Händen und Füßen erklärten wir, was passiert war, dass wir den Rettungswagen bereits gerufen hatten und es dem Mann den Umständen entsprechend gut gehe. Beide Polizisten gingen zurück zu ihrem Wagen. Der Dicke sprach irgendwas in sein Funkgerät und Bushido zog sich seine Ray-Ban-Sonnenbrille an, kam dann zu mir und fragte mich:
„¿Qué marca es su moto?“
Ich guckte verdutzt.
„MARCA! MOTO!“
Ah, er meint die Marke meines Motorrads. Während ich ihm in gebrochen Spanisch erklärte, dass das eine BMW sei und auch noch seine Frage zu der Hubraumgröße beantwortete, befragte der Dicke Polizist Rudi auf Spanisch. „Only English or German“ antwortete Rudi. Der Dicke setzte sich ins Auto. Bushido gab mir zu verstehen, dass unsere Motorräder hinter der nächsten Kurve gefährlich stehen. Ich sagte „Moto bienne! Moto bienne!“. Er schien mit der Antwort zufrieden zu sein und setzte sich auch ins Auto.
Als ein vorbei fahrendes Auto über eine Bodenwelle quietschte, erinnerte sich Rudi auf einmal an den Unfallhergang: „ACHSO! Ich weiß es wieder! Über genau diese Bodenwelle bin ich geflogen.“
Es verstrichen 45 Minuten seit meinem Notruf bis der Rettungswagen, gefolgt von einem weiteren Polizeiauto und einem Pickup, beladen mit Schildern zur Sicherung von Unfallstellen, eintraf. Eine Ärztin und eine Helferin stiegen aus. Nach dem routinierten „English or German?“ schauten sich alle verdutzt an. Nun wurde der arme Rudi wieder auf Spanisch gefragt, was ihm denn fehlte. Tine regelte. Die Ärztin verpasste Rudi eine Halskrause, und sie luden Ihn in den Rettungswagen und fuhren los. Ich verständigte Rudis Frau, dass er nun auf dem Weg zum Krankenhaus von Granada ist.
Tine und ich fuhren weiter nach Granada. Dort hatten wir eigentlich viel vor, aber das erlebte hatte uns viel Zeit und Kraft gekostet. Wir besuchten noch kurz die Alhambra von Granada, aber der Eintritt von 14€ für die Attraktionen war uns in Anbetracht der Uhrzeit und unserer verbleibenden Energie einfach zu teuer. Mit mehr Zeit und Lust aber bestimmt sehr sehenswert!
Wir fuhren also zu unserem ausgesuchten Campingplatz weiter. Rudis Frau schrieb mir am gleichen Abend noch per Whatsapp, dass es Rudi gut gehe, er keine schweren Schäden davon getragen habe und er morgen sogar den Flug zurück nach Deutschland wie geplant antreten könne. Beide bedankten sich mehrfach für unsere Hilfe und luden uns auf einen Besuch zu ihnen nach Hause in die Nähe von München ein. Das liegt leider nicht auf unserer geplanten Route, aber wir werden das Angebot zu einem späteren Zeitpunkt dieses Jahres wahrnehmen. Gute Besserung, Rudi! Abschließend bleibt aus unserer Sicht zu sagen: Schutzklamotten sind unglaublich wichtig, sogar beim Rollerfahren. Hätte Rudi eine komplette Kombi getragen, wäre ihm viel, viel weniger passiert. Tine wird wohl nie wieder in Jeans zur Uni fahren. Außerdem erfüllen die spanischen Behörden und Dienstleister leider die Vorurteile, die man oft über Frankreich hört: keiner spricht englisch. Trotzdem hatten auf unserer bisherigen Reise alle sehr viel Geduld damit, unsere Anliegen zu verstehen.
Aktuell bin ich noch mit meiner Freundin unterwegs auf unserer 6kkm Spanien-Tour. Momentan sind wir auf dem Rückweg in Annecy, Frankreich. Auf unserer Reise waren wir Ersthelfer bei einem Unfall und ich habe dieses Erlebnis in unserem Blog (Fernwind - Fernwind) niedergeschrieben. Vielleicht hat ja hier der ein oder andere Lust, eine Erfahrungen mit der spanischen Polizei sowie der Ambulanz mal zu lesen
![Lächeln :) :)](/styles/gsforum/smilies/smile.png)
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In Spanien kann keiner Englisch sprechen!
Als wir nun also, unterwegs nach Granada, die Landschaft auf uns wirken ließen, bemerkte ich einen Mann, der versuchte, aus dem Straßengraben wieder auf die Straße zu klettern. In der Hand hielt er einen verkratzen Schalenhelm und sein Gesicht war blutüberströmt. Ich holte Tine, die vorfuhr, schnell ein, wir stellten die Motorräder hinter der nächsten Kurve ab und rannten die 100m zufuß zurück.
Ich kam als erstes bei dem Mann an. „What happend? Are you injured?“ fragte ich. „Mir geht’s gut, ihr seid deutsche, oder nicht?“ antwortete der Mann. Er hatte unsere Nummernschilder gesehen. An was passiert war, erinnerte er sich jedoch nicht: „Ich hab dort meinen Helm gefunden, weiß nicht, wie der dahin kommt“. Er wischte sich Blut aus den Augen, welches aus einer Platzwunde an der Augenbraue lief. Er hatte blutende Schürfungen an beiden Händen und am Kinn, das durch den Schalenhelm nicht abgedeckt wird. Trotz der vielen Wunden machte er einen gefassten und stabilen Eindruck. Er stellte sich mit „Rudi“ vor, war circa Mitte fünfzig und trug eine Winterjacke, Jeans und keine Handschuhe. Rudi hatte sich mit einem gemieteten Motorroller abgelegt, es irgendwie geschafft dieses am Straßenrand zu drapieren, aber auch daran erinnerte er sich nicht. Tine fing an ihm seine Wunden zu verbinden und stellte ihm Fragen um ihn zu beruhigen und um abzuklären, ob er eine Gehirnerschütterung erlitten hatte. Ich wollte einen Krankenwagen rufen, Rudi intervenierte jedoch: „ruf meine Frau an, die ist Ärztin und regelt das!“ . Das Telefonat mit ihr war kurz und gefasst: ich stellte den Sachverhalt dar, sie Fragte ob er ansprechbar sei, wir verständigten uns darauf, dass ich ihr den Standort per Whatsapp schicke, und sie fuhr los. Als ich gerade aufgelegt hatte, erzählte Rudi „ja, meine frau, ruf die mal an, die ist auch Ärztin“. „Das hast du uns doch gerade schon erzählt!“ sagte Tine. „Hab ich?“ – okay also doch Krankenwagen!
„Hospital de Granada, dónde están, cuáles son sus nombres, lo que pasó?“
- „English or Germany please!“
„Conecto, un momento!“
Es folgte 2 Minuten lang Beethovens „für Elise“ in Klingelton-Qualität.
In etwa so: http://tinyurl.com/hwebs2l
„Hello, Hospital Granada, how we help?“
In den darauf folgenden fünf Minuten versuchte ich, der gebrochen englisch sprechenden Gegenseite bei noch schlechterem Empfang auf einer Landstraße ohne Namen die GPS-Koordinaten des Unfallorts durchzugeben.
„Ambulance now come, I connect you to accident assistant, hold call!“
- „English assistance please!“
„okay!“
** fünf Minuten Beethoven **
Und dann war das Gespräch weg. Schade!
Tine hatte Rudi mittlerweile komplett verbunden – sein Gesicht war quasi weiß vor Pflastern. Seine Frau hatte mich noch angewiesen, dass wir ihn zum sich Hinlegen überreden. Während Rudi am Straßenrand, mit dem Erste-Hilfe-Päckchen als Kopfkissen, lag, kamen wir ins Gespräch. Er erzählte uns was er beruflich macht, dass er in Deutschland auch Motorrad fährt (sogar eine BMW GS!) und dass morgen eigentlich der Flug zurück gehen sollte. „Mit meiner GS wäre mir das nicht passiert!“ sagte er. Das Gespräch wandelte sich von medizinischer Abklärung zu einer sehr herzlichen Unterhaltung. Rudi war uns beiden einfach unglaublich sympathisch.
Circa 30 Minuten vergingen. Ein Auto der „Guardia Civil“, einer spanischen Polizeieinheit, hielt auf unserer Höhe. Zwei Polizisten stiegen aus; ein Dicker und einer, den ich aufgrund des Aussehens einfach mal „Bushido“ nennen würde. Beide zogen seelenruhig Warnwesten an und schlenderten dann zu uns rüber. Der Dicke sprach mich an.
„¿Qué pasó aquí?“
- „English or German?“
Er guckte wie ein Reh im Lichtkegel eines heran schnellenden Autos. Nun wandte er sich an Tine:
„¿Qué pasó aquí?“
-„Ich spreche nur ein bisschen spanisch“ antwortete Tine auf Spanisch.
Mit Händen und Füßen erklärten wir, was passiert war, dass wir den Rettungswagen bereits gerufen hatten und es dem Mann den Umständen entsprechend gut gehe. Beide Polizisten gingen zurück zu ihrem Wagen. Der Dicke sprach irgendwas in sein Funkgerät und Bushido zog sich seine Ray-Ban-Sonnenbrille an, kam dann zu mir und fragte mich:
„¿Qué marca es su moto?“
Ich guckte verdutzt.
„MARCA! MOTO!“
Ah, er meint die Marke meines Motorrads. Während ich ihm in gebrochen Spanisch erklärte, dass das eine BMW sei und auch noch seine Frage zu der Hubraumgröße beantwortete, befragte der Dicke Polizist Rudi auf Spanisch. „Only English or German“ antwortete Rudi. Der Dicke setzte sich ins Auto. Bushido gab mir zu verstehen, dass unsere Motorräder hinter der nächsten Kurve gefährlich stehen. Ich sagte „Moto bienne! Moto bienne!“. Er schien mit der Antwort zufrieden zu sein und setzte sich auch ins Auto.
Als ein vorbei fahrendes Auto über eine Bodenwelle quietschte, erinnerte sich Rudi auf einmal an den Unfallhergang: „ACHSO! Ich weiß es wieder! Über genau diese Bodenwelle bin ich geflogen.“
Es verstrichen 45 Minuten seit meinem Notruf bis der Rettungswagen, gefolgt von einem weiteren Polizeiauto und einem Pickup, beladen mit Schildern zur Sicherung von Unfallstellen, eintraf. Eine Ärztin und eine Helferin stiegen aus. Nach dem routinierten „English or German?“ schauten sich alle verdutzt an. Nun wurde der arme Rudi wieder auf Spanisch gefragt, was ihm denn fehlte. Tine regelte. Die Ärztin verpasste Rudi eine Halskrause, und sie luden Ihn in den Rettungswagen und fuhren los. Ich verständigte Rudis Frau, dass er nun auf dem Weg zum Krankenhaus von Granada ist.
Tine und ich fuhren weiter nach Granada. Dort hatten wir eigentlich viel vor, aber das erlebte hatte uns viel Zeit und Kraft gekostet. Wir besuchten noch kurz die Alhambra von Granada, aber der Eintritt von 14€ für die Attraktionen war uns in Anbetracht der Uhrzeit und unserer verbleibenden Energie einfach zu teuer. Mit mehr Zeit und Lust aber bestimmt sehr sehenswert!
Wir fuhren also zu unserem ausgesuchten Campingplatz weiter. Rudis Frau schrieb mir am gleichen Abend noch per Whatsapp, dass es Rudi gut gehe, er keine schweren Schäden davon getragen habe und er morgen sogar den Flug zurück nach Deutschland wie geplant antreten könne. Beide bedankten sich mehrfach für unsere Hilfe und luden uns auf einen Besuch zu ihnen nach Hause in die Nähe von München ein. Das liegt leider nicht auf unserer geplanten Route, aber wir werden das Angebot zu einem späteren Zeitpunkt dieses Jahres wahrnehmen. Gute Besserung, Rudi! Abschließend bleibt aus unserer Sicht zu sagen: Schutzklamotten sind unglaublich wichtig, sogar beim Rollerfahren. Hätte Rudi eine komplette Kombi getragen, wäre ihm viel, viel weniger passiert. Tine wird wohl nie wieder in Jeans zur Uni fahren. Außerdem erfüllen die spanischen Behörden und Dienstleister leider die Vorurteile, die man oft über Frankreich hört: keiner spricht englisch. Trotzdem hatten auf unserer bisherigen Reise alle sehr viel Geduld damit, unsere Anliegen zu verstehen.
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