Teil 13
Richtung Malatya 10.05.2012
[Christoph] Am nächsten Morgen schauen wir uns zunächst einmal den "Freiluftpark der Kirchen" bei Göreme an. Sehr beeindruckend und durchaus weiter zu empfehlen. Im Freiluftpark haben die verschiedenen christlichen Richtungen jeweils ihre Kirche in den Tuffstein geschlagen und ausgemalt. Bis zu 3.000 Kirchen sollen in Kappadokien in den Tuffstein gegraben worden sein. Hier finden sich mindestens 100 kleine und große Kirchen.
Wir machen es wie bisher. Schon früh geht es zum Kirchenpark und so haben wir wieder das Glück zunächst relativ wenige Touristen zu sehen. Leider bleibt es nicht lange und Touristen aus aller Herrenländer bevölkern den gut angelegten Park. In den meisten Kirchen kann man fotografieren. Nur in der Elmali Kilise (Apfelkirche) nicht. Hier wacht sogar ein wirklich unfreundlicher Wächter über die Einhaltung der Vorschriften. Diese Kirche wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen, bevor sie aufwendig restauriert wurde. Auch sieht man hier den Bilderstreit in der christlichen Welt. Im neunten Jahrhundert wurde die bildliche Darstellung von Jesus, den Aposteln und Heiligen durch Kaiser Leo III als Sün de verboten. Also fehlen auch hier in einigen Kirchen die Abbilder der Vorgenannten.
Da wir durch die Besichtigung erst um 11:00 Uhr los kommen, wollen wir nur noch ein Stück fahren. Die Planung soll uns über kleinere Straßen führen. Dies lassen wir dann aber fallen und legen als Grobziel Malatya fest. Unterwegs solle doch wohl ein Hotel zu finden sein. Unterwegs kommt aber nicht wirklich eins, wir waren trotz des späten Aufbruchs früh dran und so landen wir abends in Malatya. 421 km sind es bis dahin doch geworden.
Das Gesicht der Türkei ändert sich. Gerade sind wir noch in einem touristischen Highlight. Jetzt fahren wir auf der nahezu leeren D-300 Richtung Malatya. Ab und zu überholen wir einmal einen LKW oder ein Auto. So alle gefühlte 1/4 Stunde. Beim Fotostopp können wir mitten auf der Straße stehen. Keinen stört es.
Leider hat sich das Wetter geändert. Zum Glück haben wir uns aber für die großen Straßen entschieden. Auf den teilweise buckligen kleinen Straßen kann man gut im Trockenen fahren, aber bei Regen? Auch auf den größeren Straßen ist es teilweise rutschig. Wir reduzieren das Tempo auf max. erlaubte Geschwindigkeit. Gegen Mittag machen wir in einem kleinen Ort einen Nothalt um die Regensachen anzuziehen. Wir drehen und fahren ein paar Kilometer zurück zum nächsten Ort. Auf der Suche nach einem Teehaus finden wir einen Bakal und stoppen, denn jetzt fängt es richtig an zuregnen.
Der Besitzer des kleinen Bakals lädt uns zum Tee ein und wir revanchieren uns dafür in dem wir Süßes kaufen. Nebenan ist eine Schule und auch die Schüler kommen schnell einmal um eine Kleinigkeit zu kaufen. Manche sind schüchtern, andere forsch. Es dreht sich immer um die Frage Woher, Wohin etc. Außerdem sind die Schüler im Englischen wohl gerade dabei die Fragen nach dem Namen zu lernen. Denn vielmehr als "My name is Hassan" "What is your name?" kommt leider nicht.
Weiter geht es im leichten Regen, der bald wieder aufhört. Es wird merklich kühler. Mehrfach erreichen wir die Schneegrenze. Alter, verharschter Schnee liegt noch in einigen Mulden. Wir befinden uns durchschnittlich auf 1300 m. Höhe. Mehrfach fahren wir bis auf 1800 m, einmal bis auf 1900 m hoch. Oben mal ein kleiner Ausschnitt wie es auf und ab geht.
Links und rechts sehen wir Landschaften, die stark an den Grand Canyon erinnern. Zugegeben, nicht so spektakulär, aber auch hier sieht man die typischen Formationen der Erosion.
Da wir gut in der Zeit sind, beschließen wir bis Malatya zu fahren. Bis auf den Regen, der uns zum Glück nur im Tal erwischt, klappt alles ganz gut. Zuvor haben wir noch schnell ein Hotel aus dem "Lonely Planet" eingegeben. Als wir ankommen, ist das Hotel weg. Nach einigem Nachfragen finden wir dann an einer großen Ausfallstraße noch ein Hotel. Es gibt hier teilweise einen echten Renovierungsstau und zum ersten Mal in der Türkei erlebe ich, das einem der Angestellten eine Nachfrage zu viel ist und er eigentlich lieber seine Ruhe haben möchte. Dafür ist der Manager des Hauses bemüht und lässt alles in Ordnung bringen. Na ja, Hauptsache ein Bett für die Nacht und schon fahren wir weiter.
Malatya selbst ist eine junge Stadt. Rund herum werden Aprikosen angebaut. Diese sind weit über die Grenzen der Türkei bekannt und gern gegessen. In der Provinz werden ca. 300.000 t Aprikosen geerntet und vermarktet. Auch steigen immer mehr Bauern auf biologischen Anbau um. Außerdem werden die getrockneten Aprikosen nicht mehr geschwefelt, sondern gehen so in den Verkauf. Diese sind dann nicht mehr so schön goldgelben, sondern eher braun. Schmecken aber um einiges besser. Außerdem wird hier viel Tabak angebaut und verarbeitet.
Das alles interessiert uns aber alles nicht. Wir wollen essen und Bier trinken. Latschen durch die Stadt und finden nichts. Wir halten uns an die große Moschee, denn hier muss es doch etwas zu essen geben. Kein Restaurant, was uns anspricht. Vor lauter Verzweiflung wollen wir wieder zurück ins Hotel, aber zuvor spreche ich noch einen Mann in einer Eisdiele an. Der verweist uns auf ein Restaurant, an dem wir schon zweimal vorbei gelaufen sind. Das Essen ist wie üblich gut, nur ein Bier bekommen wir nicht.
[Schwager] Wir haben gelernt, wie groß die fuß läufige Entfernung von einem "Christoph" ist - Aus zeitlichen Gründen setzen wir sie aber mit dem Moped um: Freilichtmuseum mit Felsenkirchen - wieder die Apostel im Hinterkopf. Mittags ab in den Osten: Bis Malatya haben wir's geschafft: Krampfhafte Hotelsuche in einer Millionenstadt Mitten im Nichts. Krampfhafte Restaurantsuche - das war dann doch noch gut - nur Bier gab's nicht!
[Thomas] Dann ließen wir Kappadokien hinter uns und machten uns auf den fast 500 km langen Weg nach Osten ins "wilde Kurdistan". Wie eine Achterbahn nur zum Glück ohne Looping, schlängelte sich die Straße über einen Pass nach dem Anderen. Der höchste erreichte immerhin 1900 m. Die Fahrt selbst war ziemlich öde und so mussten wir uns an dem erfreuen was kam: Mal ein Kuhhirte mit seiner Herde links, mal ein Schäfer mit seinen Tieren rechts, dann wieder eine durch riesige Neubauprojekte verursachte Schotterpiste. Und plötzlich links und rechts direkt neben uns: Schneefelder. Zwischendurch bot aber auch die Landschaft etwas Abwechslung und die karge Felswüste zeigte sich von ihrer dramatischeren Seite mit tiefen kantigen Schluchten. Ein Vergleich mit dem kleinen Grand Canyon wäre nicht übertrieben. Dann wieder Wiesen und Felder in saftigem grün weil ein Bach genügend Wasser und die Bauern genügend Arbeit hinein fließen ließen.
Aber der Bach blieb heute nicht das einzige Wasser, welches wir zu sehen bekamen. Der Himmel verfinsterte sich mehr und mehr und plötzlich waren heftige Regenschwaden zu sehen, kurz danach auch zu fühlen. Zum Glück ein Dorf gleich neben der Straße, mit einem Kramladen, einer kleinen Schule und einigen verfallen wirkenden Häusern. Der freundliche, alte Kramladenbesitzer gewährte uns Unterschlupf, seine Frau heißen Tee und leckere Haselnüsse.
Inzwischen sind wir trocken in dem Moloch Malatya angekommen und freuen uns schon drauf morgen wieder in unberührtere Natur fahren zu können.
[Christoph] Und so wird getankt. Schön in einer Reihe aufstellen und alle Mopeds nacheinander betanken. Dann in die staunenden Augen des Tankwarts schauen und schmunzeln. Besonders beim Zahlen waren die Tankwarte immer wieder erstaunt, wie groß der Tank einer GS Adventure doch ist.
Gezahlt haben wir immer im Wechsel. Thomas, der Herr der Finanzen, hat dafür gesorgt das keiner übervorteilt wurde. Die gemeinsame Kasse galt auch für Unterkunft und Essen. Jeder war mal dran und hat seinen Teil gezahlt.
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Teil 14
Am Nemrut Dağhi 11.05.2012[Christoph] Nach einiger Planung haben wir den sicheren Weg, heißt über Karte und Navi, bekannte Straßen zum Nemrut, gewählt. Aber auch hier konnte uns das Land nicht enttäuschen. Von Malatya zunächst über die D-800 sind wir dann hinter Sürgü in ein schönes Tal abgebogen. Hier wird der Boden mit viel weiterem Mutterboden aufgearbeitet. Kornfelder stehen schon kniehoch. Wein wird hier wohl auch in jüngster Zeit angebaut. Die Weinstöcke sind noch sehr klein. Von wegen muslimisches Land und Alkoholverbot. In der Türkei wird viel Wein gekeltert, wobei sich der Wein auf der internationalen Bühne noch nicht durchgesetzt hat.
Vor Adiyaman biegen wir in eine kleine Straße ab. Zuvor aber noch das Mittagessen in einem Restaurant direkt an der Kreuzung an der wir abbiegen wollen. Der Zufall lässt grüßen.
Es ist mittlerweile wieder heißer geworden und so freuen wir uns im Restaurant zu sitzen. Thomas und der Schwager haben mal wieder Glück. Es gibt frischen Fisch und ich bekomme mal wieder Köfte. Anschließend noch das mittägliche Nickerchen und dann ging es gegen zwei Uhr weiter.
Wir biegen später auf die D-360 ein und bleiben auch nach Kahta auf dieser Straße. Jetzt sind wir schon ganz nah am großen Atatürk Stausee. Die D-360 wird jetzt wieder kurviger und bei Narince weist uns ein Schild den Weg zum Nemrut Dağhi. Einige Kilometer vor dem Nemrut Daghi wurde die Straße mit Betonsteinen gepflastert. Das zog sich letztendlich bis zum Nemrut Daghi hoch. Wenn das mit der Hand gesetzt wurde...
Etwa 15 km vor dem Tagesziel fahren wir durch das kleine Dorf Karadut. Einige junge Männer winken uns zu. Sie wollen uns ein Zimmer für die Nacht anbieten. Wir haben uns aber schon für eine Pension, nur einige Kilometer vor dem Nemrut Daghi entschieden. Das Kevansaray Hotel verfügt über kleine Doppelzimmer mit Bad. Außerdem befindet sich ein Pool vor dem Haus. Alles sieht ein bisschen heruntergewirtschaftet aus. Die Zimmer sind aber trotzdem sauber und nach langen und zähen Verhandlungen übernachten wir hier. Das Hotel hat quasi ein Alleinstellungsmerkmal. Es gibt zwar noch ein weiteres Hotel direkt nebenan. Dieses wird aber von der gleichen Familie geführt und ist auch nicht billiger. Dieses Mal ohne Çami (Moschee) in der Nähe. Der Muezzin kann uns in der Nacht nicht wecken, aber dafür giebt es ein hübsches Froschkonzert.
Wir wollen zum Sonnenuntergang auf dem Berg sein und haben daher noch Zeit zu waschen. Thomas springt in den Pool. Bei gefühlten 10°C Wassertemperatur bin ich stolz auf ihn. Mich bekommt er nicht rein.
Wieder einmal eine schöne Tour durch die unbekannte Türkei. Auch für mich ist dies Neuland, war ich doch bisher eher im Westen unterwegs. Die Leute wie immer freundlich. Fragen drehen sich meist um das Woher und Wohin. Dafür ist unsere Karte auf den Koffern ein tolles Mittel mit den Menschen in Kontakt zu kommen und ein paar einfache Dinge zu besprechen. Schlimm an der Fahrerei sind nur die vielen Pausen. Es gibt so viel zu fotografieren.
Der Nemrut Dağhi ist schon beeindruckend, auch wenn der Sonnenuntergang wegen leichter Bewölkung eher unspektakulär ausgefallen ist.
Eine karge Landschaft rund herum. Wovon die Leute leben? Mehr als extensive Landwirtschaft scheint nicht möglich zu sein. Wir sehen einige Frauen über die Hänge am Berg laufen und ab und zu etwas aufheben. Wahrscheinlich suchen sie nach Kräutern um diese weiter zu verarbeiten. Selbst Schafe werden hier oben nicht glücklich. Denn schon bald wird das Grün von der Sonne verbrannt sein.
So gegen fünf Uhr machen wir uns auf den Weg zum Nemrut. Der Weg ist gut ausgeschildert und wir fahren bis zur Bergstation. Ab hier geht es nur noch zu Fuß weiter. Neben uns auf dem Parkplatz hält ein Art Expeditionsbus. Die Leutchen übernachten hier in einem großen Schlafsaal, oder zelten nebenan. Da lobe ich mir doch ein Hotel.
20 Minuten geht es steil bergauf. Gepflegte Wanderwege sind es nicht gerade, die wir hochlaufen. Wer keine Lust mehr hat, kann auch auf dem Rücken eines Maultieres nach oben kommen. Das will ich dem Tier aber nicht antun und so laufe ich auf Schusters Rappen bergan. Pünktlich zum Sonnenuntergang sind wir oben. Einige Touristen sind vor uns da. Aber außer einer größeren türkischen Touristengruppe, die gerade vom Reiseleiter instruiert wird, ist aber nicht viel los. Wir befinden uns auf der West-Terrasse. Erstens kann man nur hier die Sonne untergehen sehen und zweitens ist die Ost-Terrasse noch gesperrt, da der Weg noch unter Schneefeldern verborgen ist.
2206m sind wir jetzt hoch. Wir blicken auf die Berge des Taurusgebirge. Rund herum wurde das Gebiet 1988 zum Nationalpark erklärt. Wir befinden uns in der Provinz Adıyaman nur ca. 90km von der gleichnamigen Stadt entfernt.
Jetzt ein bisschen Geschichte.
Auf dem Gipfel lies König Antiochos I. Theos (69-36 v. Chr. eine Kombination von Heiligtum und Grabstätte errichten. Also hat er seine Untertanen gezwungen nochmal bis zu 75m mit der Hand aus Geröll aufzuschütten. Damit wollte er ein Zeichen seiner von ihm gegründeten Religion, einer Mischung zwischen persischer und griechischer Mythologie, setzen. Der Namenszusatz Theos bedeutet Gott. Er legte als Gott natürlich genau fest, wie er verehrt werden wollten. Erdbeben und auch die Menschen haben dafür gesorgt, dass die einstmals 8-10m hohen Statuen kopflos auf den Terrassen stehen. Im aufgeschütteten Hügel vermutet man eine Grabstelle, allerdings ist dies bis heute nicht nachgewiesen.
Wir genießen die Aussicht und fahren in der Dämmerung wieder zurück zu unserem "Hotel". Die Einrichtung im Restaurant ist eher einfach. In der Mitte steht ein Holzofen und das ca. sieben Meter lange Ofenrohr wird durch ein Fenster nach draußen geführt. Wir bekommen aber ein vernünftiges Essen und natürlich unsere Biere. Selbst hier oben kurz vor dem Nemrut gibt es eine Internetverbindung. Schön das ich mal wieder meine Frau über Skype sehen kann. Zum Schluss arbeiten wir mal wieder an der Internetseite, damit die Daheimgebliebenen etwas zu lesen haben.
[Schwager] Wunderschöne, zum Teil Bergstrecke zum Nemrut Nationalpark. Schönes Hotel mit viel Fröschen ....... und etwas Bier. Abends zum Sonnenuntergang rauf zum Nemrut (ca. 2100 m) mit Moped, die restlichen 200 Höhenmeter zu Fuß zum Königsgrab auf dem Gipfel. Der Sonnenuntergang wurde leider durch eine große Wolke vorgezogen. Nun noch arbeiten, damit ihr etwas zu lesen und zu schauen habt.
[Thomas] Sind das Landschaften. Ich hätte nie gedacht, dass es hier so schön ist. Da die Strecke heute nicht so lang war, hatten wir viel Zeit, um Fotos zu machen, von Schluchten, Tälern und kargen Bergrücken.
Immer wieder konnten wir beobachten, wie hier Landwirtschaft betrieben wird. Selbst die unfruchtbarsten, felsigen Böden werden in mühevoller Handarbeit kultiviert. Ganz selten hilft ein kleiner Traktor bei der schweißtreibenden Arbeit. Keine Ahnung wo sie die Unmengen an Mutterboden dazu herbekamen. In der sengenden Mittagshitze werden die kleinen Nutzflächen dann von Hand eingesät. Manchmal sind nur der Bauer und die Bäuerin auf dem Feld zu sehen.
Unser Ziel der Nemrut Dağhi Nationalpark, auf dessen höchsten Gipfel wir krackselten, bot uns eine unbeschreibliche Kulisse. Zum einen eine gigantische Aussicht über die Umgebung und dann die riesigen, in den Stein gehauenen Königsfiguren. Der Berg war mit über 2200 m auch gleichzeitig unser bisher höchster Punkt. Nach dieser körperlichen Ertüchtigung, schmeckte uns das Abendessen in der gemütlichen Pension hervorragend, besonders aber die von Christoph mit dem Zimmerpreis ausgehandelten drei Flaschen Pils. Natürlich pro Person.