MiraculixSertao
Themenstarter
Teth Nationalparkrunde / Albanien nachUnwettern bei Regen:
Eine sehr emotionale Bilanz
Schon seit ich im Vorjahr die SH 20 von Vermosh nach Hani –i – Hotit gefahren bin, eine wunderschöne Schotterpiste durch das Hochtal der Cemi, träume ich davon, einmal die Teth Nationalparkrunde zu fahren.
Heuer ist es so weit, und ich hab die Sertao mit TKC 80 bereift, damit sollte so ziemlich jedes Terrain einigermaßen zu schaffen sein, auch wenn für den Abend eine Gewitterfront mit Starkregen angesagt ist, und die Berge von Koplik aus verhangen und in Wolken aussehen.
Von unserem Forum Mitglied Tim – GS hatte ich die Info, daß er die Runde in ca. 5 Stunden von Shkoder bis Shkoder mit Tourance Bereifung geschafft hat, also kanns ja nicht so schlimm werden…
Also, was solls, ich probiers einfach, nachdem ich mich schon so darauf gefreut habe.
Über die albanisch asphaltierte meist einspurige Straße geht’s nach Boge, ab dort steigt die SH 21 wirklich bergauf in Richtung des Terthoria Passes mit 1630 m über 31 Spitzkehren.
Zwei Hausschweine laufen auf der Straße, ein Glücksbringer ?
Auf halber Höhe zum Paß beginnt die Mega – Baustelle, da sind die Asphaltierer unterwegs, und die Schotterstrecke am Verschwinden. Asphaltarbeiten bei laufendem Verkehr, jeder zieht seine Spuren in den frischen, dampfenden Asphalt, … ob da noch mal eineWalze darüber fährt ?
Am Paß, es hat inzwischen zu regnen begonnen, ist es aus mit dem Asphaltband und die ursprüngliche Schotterpiste, ein in die Felsen eingesprengter Track zieht sich im Nebel talwärts.
Kleine Pause und ein Fragezeichen bezüglich des Regens quält mich, - wird es bei Nässe und Regen sicher zu befahren sein mit voll aufgepackter Maschine ? Aber nachdem Schlechtwetter für den Abend angesagt ist mit Gewittern und Starkregen, würde die Piste dann morgen überhaupt befahrbar sein ? Also los ins Abenteuer und bergab.
Griffige und rutschige Passagen wechseln, ich überhole etliche 4 X 4 Touris und treffe auf die erste relativ seichte Furt, - geht mit Schwung trotz Kurve und der Dreck ist wieder von der Maschine runter. Unzählige Kehren und rutschige Steilpassagen wechseln mit Schrägfahrten durch den Wald, es tröpfelt nur mehr und gelegentlich sind die Berge zu erahnen. Überall sprudelt das Wasser aus Quellen, aus den Felswänden und gestaltet die Strecke bachbettähnlich.
Immer wieder kommt Gegenverkehr, Fahrzeuge, die die Steigung mit Schwung fahren um nicht hängen zu bleiben, und dementsprechend interessant sind die Begegnungen auf der einspurigen Strecke.
Ich bin begeistert, wie gut der TKC 80 im Vergleich zum Karoo 3, den ich vorher draufhatte, auf dem nassen und rutschigen Terrain auf den 800 Höhenmetern Abstieg vom Paß nach Teth hält.
In der, sich kilometerlang durch das Shala Tal ziehenden Ortschaft Teth , suche ich mir nahe der Brücke eine nette kleine Gastwirtschaft, und werde vom etwas Englisch sprechenden Wirt als einziger Gast mit guter Jause und Getränken verwöhnt zum Preis von ca. € 2,30. Bevor ich fertig bin, kassiert er und sperrt seine Frau in der Gastwirtschaft ein. Sicher ist sicher… oder ?
Die Wolken reißen etwas auf und zeigen einige Berggipfel,und so beschließe ich, da ich noch ca. 5 h bis Sonnenuntergang habe, die Runde über das Shala und Kir Tal nach Shkoder zu fahren und nicht den gleichen Weg zurück.
Also einen Maultierreiter überholend die Hauptstrasse talabwärts und die breitere Spur entlang der Shala, eine Felsnase, dahinter 200m Lehmrutsche mit tiefen Lachen und dann ein sensationell steiler Felstrack hinauf zu einer Kapelle. Hm,… Ende derStrecke. Gegenüber auf der anderen Flußseite ist ein Fahrweg, in den Fels eingesprengt zu sehen, das muß die gesuchte Straße sein.
Also 3 km zurück, und wieder über die Shala Brücke und zur Abzweigung, über die ich in den Ortgekommen war.
Hm … Shkoder ? …ist mit Pfeil angeschrieben, aber über die Strecke, auf der ich über Boge gekommen war, … seltsam. Laut Karte geht’s aber den Fluß entlang talwärts, dann über einen 1200 m Paß in das Kir Tal, … und entlang des Kir nach Shkoder. Was solls, werd ich schon finden, auch wenn das mit den Wegweisern in Albanien abseits der Hauptstrassen so eine Sache ist.
Die Shala ist ganz schön angeschwollen von Regenfällen und Unwettern, die einige Tage zuvor hier niedergegangen sind, und ebenso haben sich die Pisten durch die Regenfälle in Wasserläufe mit tief eingerissenen Spurrillen längs und quer verwandelt. Überall sprudelt das Wasser, rinnt und spritzt aus den Felswänden und der Regen setzt wieder ein.
Also fahr ich der Shala entlang, der Track führt entlang einer Felswand und an der engsten Stelle, es geht steil bergab, kommt ein ca.40 Jahre alter Mercedes Kastenwagen wild gestikulierend entgegen, ich solle Platz machen, da er weder hängen bleiben, noch in Richtung Shala abstürzen will. Ich quetsch mich mit dem Moped zur Felswand so gut es geht, aber da ist für ein weiteres Ausweichen kein Platz mehr, ich steh schon mit dem Koffer an der Felswand an. Also Blechkontakt, er zieht am linken Koffer seine x-teLackschicht hinterlassend vorbei und weiter geht’s in 2 Serpentinen bergab.
Die Piste ist hier wieder griffig, und bei einer Abzweigung nehm ich nach Kartenstudium die zwar kleinere, aber dem Fluß folgende Spur über eine überraschend gut ausgebaute Brücke die Shala entlang.
Nach einer scharfen Linkskurve geht’s rutschig steil bergab in einen Graben mit breiter Furt. Stehenbleiben und schauen ist unmöglich, in der Mitte grobe Steine, links zum Hang schaut es nach feinerem Schotter aus und ist klar, also in den TT Fußrasten stehend hinein und Gas… einmal die Stiefel von oben vollgetankt, das klare Wasser war natürlich die tiefste Stelle und nachdem die Bugwelle bis knapp unter die Knie ging, kommen mir schon Bedenken wegen der Wattiefe der Sertao. Ich baggere mich durch und außer nassen Schuhen, von oben war ich ohnehin vom Regen feucht, war nix passiert. Also, das nächste Mal über die groben Steine, so schön auch Sand und blaues Wasser aussehen mögen. Und aus dem nächsten Mal wurden viele nächste Male, jeder Seitenbach brachte längere und verschieden tiefe Furten mit sich.
Nach ein paar km wird das Tal etwas weiter, vereinzelt Häuser, ohne daß jemand zu sehen ist, verfallende Bauten, eine ehemalige Kirche/ Kloster, die die nunmehr extrem ausgewaschene Geröllpiste steil bergab umrundet und kurze Pause bei einer Fußgänger Hängebrücke über die Shala… ichbin froh, daß ich da nicht mit dem Moped drüber muß…
Einen km weiter dann eine Kehre und die Beton Brücke überdie Shala, bei der ich mir nicht sicher bin, ob mehr Wasser darunter, oder auf der Brücke zwischen den Trägern ist.
Also durch durch die braune 20 m Badewanne, nun geht’s wieder auf den nächsten Paß auf teils rutschigem, teils extrem ausgewaschenem Track über unzählige Spitzkehren und Kurven auf etwa 1200m. Das Vorankommen ist aufgrund der extremen Bedingungen langsam, und die tief eingeschnittenen Furchen zwischen dem Geröll machen mir zu schaffen. Ein Gelände für eine leichte Motocrossmaschine, aber grenzwertig mit der für 4 Wochen Urlaub beladenen Sertao. Die Reifen und der Motorschutz machen es möglich, diese Strecke auch im von Unwettern verwüsteten Zustand zu fahren, aber die Zeit läuft und läuft und ich bin mir nicht mehr so sicher, wie weit ich schon bin auf der Strecke, und wieviel ich noch vor mir habe.
Gut 2 Stunden nach der Begegnung mit dem Mercedes treffe ich auf 2 Einheimische, die auf einem Fußpfad neben der „Strasse“ durchs Gelände gehen und die Ansammlung grober Felsen und Steine mit tiefen Furchen dazwischen, genannt „Strasse“, meiden. Amüsiert beobachten sie mich beim Rodeo mit der Sertao.
Ihr Gesichtsausdruck frei nach Asterix: „ Die spinnen, die Römer“
Noch vor dem Paß, nach der Karte und dem Kilometerzähler sollte ich eigentlich schon lange nahe Shkoder sein, lege ich eine Pause ein, ich bin fix und fertig und geb mir einen Elektrolytdrink. Ausnahmsweise hat der Regen Pause gemacht und ich hab sogar etwas Bergsicht.
Mit der Zeit kreisen so die Gedanken: warum tust Du alter Depp Dir sowas an, …bist Du verrückt, alleine so ein Risiko einzugehen, diese Strecke in diesem Zustand mit beladenem Moped zu fahren, … Aber der „ point of no return“ war schon lange vorbei, die Zeit des verbleibenden Tageslichts und bis zur angekündigten Gewitterfront zu kurz um umkehren zu können, also los und durch.
Umschalten vom „was wäre wenn- Modus“ auf den Modus:“Geht nicht – gibt’s nicht“ !
Die Geröllpassagen werden immer schlimmer und ich kann mir den Weg, den die Maschine springt, mit Vorder- und Hinterrad gleichzeitig seitlich auf den nassen Felsbrocken abrutschend, nur mehr grob aussuchen. Aber eine gewisse Routine und Selbstvertrauen kehren ein, und ich nehme die auf der „Fahrbahn“ fast unfahrbar gewordenen total ausgespülten Kehren in Motocrossmanier mit Schwung auf dem erdigen Außenhang der Kehre und wundere mich über mich selbst, daß dies sturzfrei und eher elegant gelingt.
Nach dem Paß zwischen Shala – und Kirtal geht’s wieder in unzähligen Kehren teils auf felsigem, oft aber auf extrem rutschigen lehmigen Untergrund, immer bestens von Quellen bewässert bergab, teils sehr steil bergab. Ein zerlemperter Pajero mit Einheimischen kämpft sich mit Schwung wild schlingernd und über die Felsen springend mir entgegen und wir schaffen es,ohne Berührung trotz Felsen - Lehmgemisch aneinander vorbeizukommen.
Ein paar Furten und Geröllpassagen weiter treffe ich auf eine improvisierte Hütte, und es gibt einen raschen Kaffee, da es schon spät geworden ist und ich keine Ahnung mehr habe, wie weit es noch bis zum nächsten Asphalt ist. Shkoder bei Tageslicht zu erreichen ? Eher unmöglich.
Weiter geht’s über den nächsten, ebenso von den Fahrbahnverhältnissen grenzwertigen Höhenrücken über unzählige, nunmehr von schräg verlaufenden schiefrigen und im Nassen extrem rutschigen Steinplatten durchsetzte Kurven , Kehren und ausgesetzte Schrägfahrten, über Lehmpassagen mit hohem Gefälle und durch Bachläufe in Richtung Shkoder. Nach den km Angaben auf der WMP Albanienkarte und den Zeitangaben von Tim müsste ich schon lange am Ziel sein … hab ich mich wo verfahren ? Stimmt die Karte so ungefähr ? Aber da ist nichts außer grenzwertiger Piste, Landschaft, Regen, einer heraufziehenden Gewitterfront und einbrechender Dämmerung.
Vom laufenden vollen Körpereinsatz ziemlich geschafft, erlaubt der rasch nahende Abend keine Pausen, nein, da ist forciertes Tempo gefragt, denn das Letzte, was ich mir wünsche, ist eine Nachtfahrt auf dieser Piste unter diesen Gegebenheiten. Inzwischen ists nach 18 Uhr, und der Track wird kein bißchen besser, Lehm, Fels, Löcher, in denen sich offenbar 4 X 4 Autos eingegraben hatten, Wasserläufe zum Durchqueren und auf der „Fahrbahn“, lange Schrägfahrten in der Felswand wieder mit den, zum Tal hin geneigten Schiefer – Gleitflächen und den Bruchflächen der nächsten Schicht zum Halt finden… und es wird immer dunkler.
Die, der Felswand entlang und in der Felswand verlaufende Trasse nähert sich nun langsam dem darunter fließenden Flüßchen, nach jeder Kurve des Tals wünsch ich mir, am Ziel zu sein, aber da geht’s noch eine gefühlte Ewigkeit die Wand entlang. Nach einer umrundeten Felsnase – es ist schon fast dunkel, endlich eine Ansiedlung und fester Grund unter den Reifen. Geschafft !
Zu meiner großen Freude, die Strecke unter diesengrenzwertigen Bedingungen gemeistert zu haben, mischt sich auch der Selbstvorwurf, mehr als notwendig Risiko eingegangen zu sein, auch wenns gutgegangen ist.
Übrigens, am Beginn der Ortschaft steht ein Fahrverbotsschild, und eine Absperrung, ich bin nur von der falschen Seite zu dieser gekommen. Die Strecke ist also wegender extremen Ausspülung durch die herbstlichen Unwetter gesperrt.
Die 20 km nach Shkoder fahr ich gemütlich im Dunkeln hinter einem LKW, der den Schlaglöchern und Allem, was albanische Strassen in der Dunkelheit sonst noch zu bieten haben, ausweicht und mir die Hindernisse anzeigt. Hotel gesucht, Dusche, Bier, warmes Abendessen und ins Bett. Von den nächtlichen Gewittern krieg ich nichts mehr mit…
Fazit:
Für alle, die die Strecke gefahrarm fahren wollen : grundsätzlich bei Trockenheit und wenns länger nicht geregnet hat, und wenn möglich gut bereift mit leerer Maschine und vollem Tank . Außerhalb derHauptsaison, in der doch einige Touri – Motorräder pro Tag fahren, besser nicht alleine fahren.
Bei den Verhältnissen, die ich vorgefunden habe, ists etwas für Motocrosser … und bitte nicht alleine.
Ich bin dankbar, daß ich gut durchgekommen bin und um sehr viele Erfahrungen reicher.
LG Günther
P.S.: Fotos von den leichteren Streckenabschnitten, dort wos brutal wird, hast Du keine Lust und Zeit zum Bilder machen, da gibt’s andere Prioritäten, - und die Kamera ist wetter- und Furten - bedingt immer wasserfest verstaut..
PP.S.: übrigens war es von Koplik über Teth nach Shkoder ca.140 km und knapp 9 Stunden. Wenns wen interessiert, Google Maps auf Satellitschalten…
Eine sehr emotionale Bilanz
Schon seit ich im Vorjahr die SH 20 von Vermosh nach Hani –i – Hotit gefahren bin, eine wunderschöne Schotterpiste durch das Hochtal der Cemi, träume ich davon, einmal die Teth Nationalparkrunde zu fahren.
Heuer ist es so weit, und ich hab die Sertao mit TKC 80 bereift, damit sollte so ziemlich jedes Terrain einigermaßen zu schaffen sein, auch wenn für den Abend eine Gewitterfront mit Starkregen angesagt ist, und die Berge von Koplik aus verhangen und in Wolken aussehen.
Von unserem Forum Mitglied Tim – GS hatte ich die Info, daß er die Runde in ca. 5 Stunden von Shkoder bis Shkoder mit Tourance Bereifung geschafft hat, also kanns ja nicht so schlimm werden…
Also, was solls, ich probiers einfach, nachdem ich mich schon so darauf gefreut habe.
Über die albanisch asphaltierte meist einspurige Straße geht’s nach Boge, ab dort steigt die SH 21 wirklich bergauf in Richtung des Terthoria Passes mit 1630 m über 31 Spitzkehren.
Zwei Hausschweine laufen auf der Straße, ein Glücksbringer ?
Auf halber Höhe zum Paß beginnt die Mega – Baustelle, da sind die Asphaltierer unterwegs, und die Schotterstrecke am Verschwinden. Asphaltarbeiten bei laufendem Verkehr, jeder zieht seine Spuren in den frischen, dampfenden Asphalt, … ob da noch mal eineWalze darüber fährt ?
Am Paß, es hat inzwischen zu regnen begonnen, ist es aus mit dem Asphaltband und die ursprüngliche Schotterpiste, ein in die Felsen eingesprengter Track zieht sich im Nebel talwärts.
Kleine Pause und ein Fragezeichen bezüglich des Regens quält mich, - wird es bei Nässe und Regen sicher zu befahren sein mit voll aufgepackter Maschine ? Aber nachdem Schlechtwetter für den Abend angesagt ist mit Gewittern und Starkregen, würde die Piste dann morgen überhaupt befahrbar sein ? Also los ins Abenteuer und bergab.
Griffige und rutschige Passagen wechseln, ich überhole etliche 4 X 4 Touris und treffe auf die erste relativ seichte Furt, - geht mit Schwung trotz Kurve und der Dreck ist wieder von der Maschine runter. Unzählige Kehren und rutschige Steilpassagen wechseln mit Schrägfahrten durch den Wald, es tröpfelt nur mehr und gelegentlich sind die Berge zu erahnen. Überall sprudelt das Wasser aus Quellen, aus den Felswänden und gestaltet die Strecke bachbettähnlich.
Immer wieder kommt Gegenverkehr, Fahrzeuge, die die Steigung mit Schwung fahren um nicht hängen zu bleiben, und dementsprechend interessant sind die Begegnungen auf der einspurigen Strecke.
Ich bin begeistert, wie gut der TKC 80 im Vergleich zum Karoo 3, den ich vorher draufhatte, auf dem nassen und rutschigen Terrain auf den 800 Höhenmetern Abstieg vom Paß nach Teth hält.
In der, sich kilometerlang durch das Shala Tal ziehenden Ortschaft Teth , suche ich mir nahe der Brücke eine nette kleine Gastwirtschaft, und werde vom etwas Englisch sprechenden Wirt als einziger Gast mit guter Jause und Getränken verwöhnt zum Preis von ca. € 2,30. Bevor ich fertig bin, kassiert er und sperrt seine Frau in der Gastwirtschaft ein. Sicher ist sicher… oder ?
Die Wolken reißen etwas auf und zeigen einige Berggipfel,und so beschließe ich, da ich noch ca. 5 h bis Sonnenuntergang habe, die Runde über das Shala und Kir Tal nach Shkoder zu fahren und nicht den gleichen Weg zurück.
Also einen Maultierreiter überholend die Hauptstrasse talabwärts und die breitere Spur entlang der Shala, eine Felsnase, dahinter 200m Lehmrutsche mit tiefen Lachen und dann ein sensationell steiler Felstrack hinauf zu einer Kapelle. Hm,… Ende derStrecke. Gegenüber auf der anderen Flußseite ist ein Fahrweg, in den Fels eingesprengt zu sehen, das muß die gesuchte Straße sein.
Also 3 km zurück, und wieder über die Shala Brücke und zur Abzweigung, über die ich in den Ortgekommen war.
Hm … Shkoder ? …ist mit Pfeil angeschrieben, aber über die Strecke, auf der ich über Boge gekommen war, … seltsam. Laut Karte geht’s aber den Fluß entlang talwärts, dann über einen 1200 m Paß in das Kir Tal, … und entlang des Kir nach Shkoder. Was solls, werd ich schon finden, auch wenn das mit den Wegweisern in Albanien abseits der Hauptstrassen so eine Sache ist.
Die Shala ist ganz schön angeschwollen von Regenfällen und Unwettern, die einige Tage zuvor hier niedergegangen sind, und ebenso haben sich die Pisten durch die Regenfälle in Wasserläufe mit tief eingerissenen Spurrillen längs und quer verwandelt. Überall sprudelt das Wasser, rinnt und spritzt aus den Felswänden und der Regen setzt wieder ein.
Also fahr ich der Shala entlang, der Track führt entlang einer Felswand und an der engsten Stelle, es geht steil bergab, kommt ein ca.40 Jahre alter Mercedes Kastenwagen wild gestikulierend entgegen, ich solle Platz machen, da er weder hängen bleiben, noch in Richtung Shala abstürzen will. Ich quetsch mich mit dem Moped zur Felswand so gut es geht, aber da ist für ein weiteres Ausweichen kein Platz mehr, ich steh schon mit dem Koffer an der Felswand an. Also Blechkontakt, er zieht am linken Koffer seine x-teLackschicht hinterlassend vorbei und weiter geht’s in 2 Serpentinen bergab.
Die Piste ist hier wieder griffig, und bei einer Abzweigung nehm ich nach Kartenstudium die zwar kleinere, aber dem Fluß folgende Spur über eine überraschend gut ausgebaute Brücke die Shala entlang.
Nach einer scharfen Linkskurve geht’s rutschig steil bergab in einen Graben mit breiter Furt. Stehenbleiben und schauen ist unmöglich, in der Mitte grobe Steine, links zum Hang schaut es nach feinerem Schotter aus und ist klar, also in den TT Fußrasten stehend hinein und Gas… einmal die Stiefel von oben vollgetankt, das klare Wasser war natürlich die tiefste Stelle und nachdem die Bugwelle bis knapp unter die Knie ging, kommen mir schon Bedenken wegen der Wattiefe der Sertao. Ich baggere mich durch und außer nassen Schuhen, von oben war ich ohnehin vom Regen feucht, war nix passiert. Also, das nächste Mal über die groben Steine, so schön auch Sand und blaues Wasser aussehen mögen. Und aus dem nächsten Mal wurden viele nächste Male, jeder Seitenbach brachte längere und verschieden tiefe Furten mit sich.
Nach ein paar km wird das Tal etwas weiter, vereinzelt Häuser, ohne daß jemand zu sehen ist, verfallende Bauten, eine ehemalige Kirche/ Kloster, die die nunmehr extrem ausgewaschene Geröllpiste steil bergab umrundet und kurze Pause bei einer Fußgänger Hängebrücke über die Shala… ichbin froh, daß ich da nicht mit dem Moped drüber muß…
Einen km weiter dann eine Kehre und die Beton Brücke überdie Shala, bei der ich mir nicht sicher bin, ob mehr Wasser darunter, oder auf der Brücke zwischen den Trägern ist.
Also durch durch die braune 20 m Badewanne, nun geht’s wieder auf den nächsten Paß auf teils rutschigem, teils extrem ausgewaschenem Track über unzählige Spitzkehren und Kurven auf etwa 1200m. Das Vorankommen ist aufgrund der extremen Bedingungen langsam, und die tief eingeschnittenen Furchen zwischen dem Geröll machen mir zu schaffen. Ein Gelände für eine leichte Motocrossmaschine, aber grenzwertig mit der für 4 Wochen Urlaub beladenen Sertao. Die Reifen und der Motorschutz machen es möglich, diese Strecke auch im von Unwettern verwüsteten Zustand zu fahren, aber die Zeit läuft und läuft und ich bin mir nicht mehr so sicher, wie weit ich schon bin auf der Strecke, und wieviel ich noch vor mir habe.
Gut 2 Stunden nach der Begegnung mit dem Mercedes treffe ich auf 2 Einheimische, die auf einem Fußpfad neben der „Strasse“ durchs Gelände gehen und die Ansammlung grober Felsen und Steine mit tiefen Furchen dazwischen, genannt „Strasse“, meiden. Amüsiert beobachten sie mich beim Rodeo mit der Sertao.
Ihr Gesichtsausdruck frei nach Asterix: „ Die spinnen, die Römer“
Noch vor dem Paß, nach der Karte und dem Kilometerzähler sollte ich eigentlich schon lange nahe Shkoder sein, lege ich eine Pause ein, ich bin fix und fertig und geb mir einen Elektrolytdrink. Ausnahmsweise hat der Regen Pause gemacht und ich hab sogar etwas Bergsicht.
Mit der Zeit kreisen so die Gedanken: warum tust Du alter Depp Dir sowas an, …bist Du verrückt, alleine so ein Risiko einzugehen, diese Strecke in diesem Zustand mit beladenem Moped zu fahren, … Aber der „ point of no return“ war schon lange vorbei, die Zeit des verbleibenden Tageslichts und bis zur angekündigten Gewitterfront zu kurz um umkehren zu können, also los und durch.
Umschalten vom „was wäre wenn- Modus“ auf den Modus:“Geht nicht – gibt’s nicht“ !
Die Geröllpassagen werden immer schlimmer und ich kann mir den Weg, den die Maschine springt, mit Vorder- und Hinterrad gleichzeitig seitlich auf den nassen Felsbrocken abrutschend, nur mehr grob aussuchen. Aber eine gewisse Routine und Selbstvertrauen kehren ein, und ich nehme die auf der „Fahrbahn“ fast unfahrbar gewordenen total ausgespülten Kehren in Motocrossmanier mit Schwung auf dem erdigen Außenhang der Kehre und wundere mich über mich selbst, daß dies sturzfrei und eher elegant gelingt.
Nach dem Paß zwischen Shala – und Kirtal geht’s wieder in unzähligen Kehren teils auf felsigem, oft aber auf extrem rutschigen lehmigen Untergrund, immer bestens von Quellen bewässert bergab, teils sehr steil bergab. Ein zerlemperter Pajero mit Einheimischen kämpft sich mit Schwung wild schlingernd und über die Felsen springend mir entgegen und wir schaffen es,ohne Berührung trotz Felsen - Lehmgemisch aneinander vorbeizukommen.
Ein paar Furten und Geröllpassagen weiter treffe ich auf eine improvisierte Hütte, und es gibt einen raschen Kaffee, da es schon spät geworden ist und ich keine Ahnung mehr habe, wie weit es noch bis zum nächsten Asphalt ist. Shkoder bei Tageslicht zu erreichen ? Eher unmöglich.
Weiter geht’s über den nächsten, ebenso von den Fahrbahnverhältnissen grenzwertigen Höhenrücken über unzählige, nunmehr von schräg verlaufenden schiefrigen und im Nassen extrem rutschigen Steinplatten durchsetzte Kurven , Kehren und ausgesetzte Schrägfahrten, über Lehmpassagen mit hohem Gefälle und durch Bachläufe in Richtung Shkoder. Nach den km Angaben auf der WMP Albanienkarte und den Zeitangaben von Tim müsste ich schon lange am Ziel sein … hab ich mich wo verfahren ? Stimmt die Karte so ungefähr ? Aber da ist nichts außer grenzwertiger Piste, Landschaft, Regen, einer heraufziehenden Gewitterfront und einbrechender Dämmerung.
Vom laufenden vollen Körpereinsatz ziemlich geschafft, erlaubt der rasch nahende Abend keine Pausen, nein, da ist forciertes Tempo gefragt, denn das Letzte, was ich mir wünsche, ist eine Nachtfahrt auf dieser Piste unter diesen Gegebenheiten. Inzwischen ists nach 18 Uhr, und der Track wird kein bißchen besser, Lehm, Fels, Löcher, in denen sich offenbar 4 X 4 Autos eingegraben hatten, Wasserläufe zum Durchqueren und auf der „Fahrbahn“, lange Schrägfahrten in der Felswand wieder mit den, zum Tal hin geneigten Schiefer – Gleitflächen und den Bruchflächen der nächsten Schicht zum Halt finden… und es wird immer dunkler.
Die, der Felswand entlang und in der Felswand verlaufende Trasse nähert sich nun langsam dem darunter fließenden Flüßchen, nach jeder Kurve des Tals wünsch ich mir, am Ziel zu sein, aber da geht’s noch eine gefühlte Ewigkeit die Wand entlang. Nach einer umrundeten Felsnase – es ist schon fast dunkel, endlich eine Ansiedlung und fester Grund unter den Reifen. Geschafft !
Zu meiner großen Freude, die Strecke unter diesengrenzwertigen Bedingungen gemeistert zu haben, mischt sich auch der Selbstvorwurf, mehr als notwendig Risiko eingegangen zu sein, auch wenns gutgegangen ist.
Übrigens, am Beginn der Ortschaft steht ein Fahrverbotsschild, und eine Absperrung, ich bin nur von der falschen Seite zu dieser gekommen. Die Strecke ist also wegender extremen Ausspülung durch die herbstlichen Unwetter gesperrt.
Die 20 km nach Shkoder fahr ich gemütlich im Dunkeln hinter einem LKW, der den Schlaglöchern und Allem, was albanische Strassen in der Dunkelheit sonst noch zu bieten haben, ausweicht und mir die Hindernisse anzeigt. Hotel gesucht, Dusche, Bier, warmes Abendessen und ins Bett. Von den nächtlichen Gewittern krieg ich nichts mehr mit…
Fazit:
Für alle, die die Strecke gefahrarm fahren wollen : grundsätzlich bei Trockenheit und wenns länger nicht geregnet hat, und wenn möglich gut bereift mit leerer Maschine und vollem Tank . Außerhalb derHauptsaison, in der doch einige Touri – Motorräder pro Tag fahren, besser nicht alleine fahren.
Bei den Verhältnissen, die ich vorgefunden habe, ists etwas für Motocrosser … und bitte nicht alleine.
Ich bin dankbar, daß ich gut durchgekommen bin und um sehr viele Erfahrungen reicher.
LG Günther
P.S.: Fotos von den leichteren Streckenabschnitten, dort wos brutal wird, hast Du keine Lust und Zeit zum Bilder machen, da gibt’s andere Prioritäten, - und die Kamera ist wetter- und Furten - bedingt immer wasserfest verstaut..
PP.S.: übrigens war es von Koplik über Teth nach Shkoder ca.140 km und knapp 9 Stunden. Wenns wen interessiert, Google Maps auf Satellitschalten…
Zuletzt bearbeitet: