Man kann froh sein, dass die Regierung des größten deutschen Bundeslandes genug Ei** in der Hose hat, um den angeblichen Umweltgehilfen den Spaß am Destruktiven zu nehmen. Wenn NRW seine Bezirksregierungen anweist, grds. keine Dieselfahrverbote zu verhängen, wird dies eine Vorbildfunktion für andere, kleinere Bundesländer haben.
Ich frage mich, ob die Eier des Herrn Laschet in diesem Zusammenhang die entscheidende Größe sind.
Bitte korrigiert mich, wenn ich da falsch liege, aber meines Erachtens ist die Faktenlage folgendermaßen:
1. Es gibt eine EU-Umweltgesetzgebung, die bestimmte Höchstwerte vorschreibt und die die Mitgliedsstaaten verpflichtet, etwas gegen Umweltverschmutzung zu tun, wenn diese Werte zu häufig überschritten werden.
2. Das Mitgliedsland Deutschland tut nicht genug, die Werte werden bei uns in Ballungsräumen überschritten. Die Bundes- und die Landesregierungen bleiben untätig und sitzen die Sache aus.
3. Die Umweltaktivisten wollen das nicht hinnehmen und verklagen die Städte dazu, wirksame Maßnahmen zur Luftreinhaltung zu ergreifen. Sie fordern ein Fahrverbot für Dieselautos.
Jetzt wird's langsam spannend:
4. Die Städte weigern sich, Fahrverbote zu erlassen. Erstens sehen sie sich nicht in der Pflicht, Maßnahmen zur Luftreinhaltung durchzusetzen, zweitens sehen sie sich rechtlich nicht in der Lage, pauschal Fahrverbote zu erlassen. Ihnen fehlt dafür schlicht und einfach die Rechtsgrundlage. Eine Stadt könnte vermutlich auch nicht einfach beschließen, den Rathausplatz nur noch für beige Autos zu öffnen, weil Beige so schön zur Fassade des Rathauses passt. Dafür müsste es ein Gesetz geben, und das gibt es nicht.
5. In der Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht geht es darum, ob Städte eigenverantwortlich Maßnahmen zur Luftreinhaltung ergreifen müssen und ob sie dazu auch Fahrverbote erlassen dürfe, wenn es erforderlich ist. Die Klägerin DUH sagt ja, die verklagten Städte sagen nein. Das Gericht entscheidet für die DUH. Dass diese Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt wurde, zeigt ja schon, worum es ging: um Zuständigkeitsfragen bei der Umsetzung von Maßnahmen.
6. Wenn jetzt das Gericht entschieden hat, dass Städte selbst für die Ergreifung von Maßnahmen zur Luftreinhaltung zuständig sind und dass zu diesen Maßnahmen auch Diesel-Fahrverbote gehören können, dann kann ich mir schlecht vorstellen, dass die Landesregierung ihre Kommunen anweisen darf, ein Gerichtsurteil zu ignorieren. Auf welcher Rechtsgrundlage sollte eine Landesregierung das dürfen?
Wie gesagt, korrigiert mich, wenn ich das falsch sehe.
Es gäbe natürlich noch eine etwas andere Lösung, die meines Wissens gerade in Bayern durchgezogen wird. Da hat die DUH den Freistaat verklagt, weil dieser sich weigert, ein Konzept zur Luftreinhaltung vorzulegen. Im Januar erging ein Urteil:
Dieselfahrverbote: Bayern muss Zwangsgeld zahlen - München - Süddeutsche.de
Die Richterin folgte der Klage der DUH und verhängte ein Zwangsgeld von 4.000 Euro gegen den Freistaat. Der hat zur Aufgabe bekommen, dass er binnen vier Monaten ein Konzept zur Luftreinhaltung vorlegt. Tut er dies nicht, dann werden erneut 4.000 Euro fällig.
Und was, wenn der Freistaat das Zwangsgeld einfach zahlt und ansonsten nichts tut? Wohin wandern denn in Bayern Zwangsgelder, die bei Gericht eingehen? Doch vermutlich in den bayerischen Steuertopf. Und woher nimmt der Freistaat die Gelder, aus denen er Zwangsgelder bezahlt? Ich meine, selbst wenn das Zwangsgeld anschließend in den Länderfinanzausgleich kommt und in MeckPomm landet: Was würde es denn kosten, ein solches Konzept zu erarbeiten? Sechsstellige Beträge, nehme ich mal an. Und was würde dessen Umsetzung kosten?
Kann es sein, dass die bayerische Staatsregierung so auf Zeit spielt und darauf wartet, dass sich das Problem einfach mit der Zeit von selbst löst?