Bekloppt würde ich es nur bedingt nennen, eher chaotisch...
Nachdem ich mit 23 den Moppedlappen wegen drohendem Stufenführerschein nachmachte sollte es natürlich mit der frisch gebraucht besorgten SR 500 auch angemessen in Camping-Urlaub gehen. Ein Freund wollte mit, als Sozius. Da abzusehen war, daß so gänzlich ohne Gepäcksystem nicht auszukommen war baute ich eine Givi-Gepäckbrücke aus Chromrohr mit Kunststoffsteckverbindern samt passender Koffern an. Irgendwoher fand ein riesiger Topcase den Weg zu mir und wurde flugs auf den Träger geschraubt.
Somit war gewährleistet, daß außer den dringend nötigen Sachen z.B. auch Luxusartikel wie Wechselwäsche untergebracht werden konnten. Daß ich auf den Fotos 3 Wochen lang scheinbar die gleiche Unterhose trug war eine Fehlinterpretation, da ich einen hohen Anteil eines optisch identischen 5er-Packs mitnahm.
Also stand dem ersten, euphorisch geplanten Motorradurlaub an die Algarve nichts mehr im Weg!
Dick (ich, aber nicht wirklich übergewichtig!) und Doof (mein Kumpel Jo, 2,02 m bei ca. 70 kg, nur manchmal doof) zwängten sich auf die SR und los ging's Richtung Süden...
Wetter gut, Urlaubsstimmung gut, Alles gut!
So gelangten wir frohen Mutes nahe an die französisch-spanische Grenze, wo wir in Bezieres beschlossen, die Regenklamotten in einem Bahnhofsschließfach zu deponieren. Schließlich fuhren wir im Sommer gen Süden, also lagerten wir den unnützen Ballast aus und wollten ihn auf der Rückfahrt wieder abholen. Weiter ging's an die Costa del Sol, wo wir nach einem heftigen Regenschauer völlig durchnäßt eine etwas längere Pause in einem Café einlegten, nicht wirklich zur Begeisterung des Besitzers. Danach war das Wetter überwiegend unserer fehlenden Regenkleidung angepaßt. Kurz vor Alicante klappte dann der obere Teil der Gepäckbrücke samt Monster-Beautycase nach hinten weg. Spanngummies halfen notdürftig weiter... Annähernd zeitgleich funktionierte die Elektrik nicht mehr richtig. Nachdem wir bei meinen Freunden in Alicante eintrafen nutze ich die Gelegenheit, die völlig überbewertete Erholungsurlauszeit zur Suche nach dem Elektrolurch zu verwenden. Nachdem ich - bar jeglicher KFZ-Bastelkenntnisse - das halbe Möppi zerlegt hatte fiel mir auf, daß durch den auseinandergerutschten Gepäckträger die Blinker keine richtige Masse mehr hatten. Brücke dazwischengebastelt, alles wieder im Lot und Mopped wieder zusammengebaut. Weiter Richtung Gibraltar, wo uns Spanier mit Steinen bewarfen, wohl im Glauben, wir gehören zu der verhaßten englischen Besatzungsmacht. Mit den echten Engländern hätten sie das sicher nicht gemacht, hinter jedem der Typen hätten Jo und ich uns problemlos verstecken können, eventuell hätte noch jemand dahintergepaßt. Arnie war ein Schmarrn dagegen. Dann mal kurz die anderen Affen auf dem berühmten Felsen angeschaut und ab an die Algarve zum Campingplatz.
Dort sind wir dann mal schnell in Shorts und Schlappen ins Dorf einkaufen gefahren. Auf dem Rückweg rutschte ich in der frisch asphaltierten Auffahrtkurve zur Schnellstraße weg. Während Jo einfach nur die Füße runternahm und sich mittig in die Kurve stellte warf ich mich aufopfernd unter die SR, denn sie sollte uns ja noch wohlbehalten nach Hause bringen. Fazit: Fußknöchel, Oberschenkel, Handrücken und Schulter großzügig aufgescheuert, was mich dazu bewegte, nie mehr ungeschützt unterwegs zu sein.
Tat natürlich schweineweh, Jod besorgt und großflächig aufgetragen. Blöd war, daß die Lederhose in der Folge beim Fahren auf der Oberschenkelwunde festtrocknete. Sobald ich mich bewegte löste sich die Hose vom Oberschenkel, ankicken kam auch gut und sorgte eindringlich erinnernd dafür, daß ich garantiert niiiieeee mehr ohne Klamotten fahren würde!
Mahlzeiten wurden an Supermärkten abgehalten, Baguette, Flasche Wein und Glas Erdnußbutter o.ä. sorgten für ausreichend Kalorienzufuhr und das Leergut konnte umweltfreundlich beim Marche wieder hinterlassen werden.
Nachdem wir bisher die Küste abgeklappert hatten sollte es nun über Andorra zurückgehen. Am Füße der Pyrenäen bei rund 23 Grad brachen wir auf, um weiter oben in einen Hagelsturm zu geraten. Seitdem plane ich immer Regenschutz mit ein, damals war einzig noch ein Paar Nylon-Innenhandschuhe im Gepäck, das durch die Nässe nur psychologischen Nutzen hatte. Auf'm Bersch sind wir dann in ein Gasthaus eingekehrt, wo wir zitternd am Liebsten den rettenden Ölofen umarmt hätten. Da ich ja vom Fach bin schien es mir jedoch ratsam, von diesem Plan Abstand zu nehmen. Aber wenigstens die Handschuhe und Innenhandschuhe wollte ich etwas trocknen. Das nahm das Nylon mir übel, denn mit leichter Weltuntergangsstimmung mußte ich feststellen, daß sich die fluffigen Handschuhe in Sekundenbruchteilen zu einem unförmigen Klumpen Kunststoffmasse verformten. Mittlerweile ein wenig depressiv taumelten wir nach dem Kaffee wieder zum Mopped und wollten schnellstmöglich nach Bezieres, die Regenkombis samt Gummihand- und Überschuhen wieder ihren völlig durchnäßten und durchgefrorenen Eigentümern zuführen.
Zur Hölle, ich bereue heute noch, daß ich Französisch als Sprache damals in der Schule nach zwei Jahren abgewählt hatte! Das Schließfach war leer und wir völlig fassungslos... Diebe knacken das Fach und klauen unsere Regenklamotten??? Als wir daß der Bahnhofspolizei mitteilen wollten wurden wir mit Händen und Füßen darüber aufgeklärt, daß wir unsere Sachen gegen eine kleine Gebühr (für das Geld hätten wir locker vorher unterwegs Neuteile bekommen) wieder haben können. Wir hatten ein Kurzzeitfach genommen, und da sich unser Verständnis von Kurzzeit nicht mit dem der Bahnhofsmenschen deckte war alles in Sicherheitsverwahrung genommen worden. Mangels Alternativen lösten wir unsere Klamotten aus und fuhren weiter Richtung Schwarzwald, wo eine trockene, beheizte Einliegerwohnung im Haus meiner Oma auf uns wartete. Die Strecke legten wir wegen ununterbrochenem Regen in einem Stück zurück, nicht ohne hin und wieder auf Autobahntankstellen an den Händetrocknern alles trockenzuföhnen, was aus ästhetischen Gesichtspunkten vertretbar war... UNSEREN natürlich, die Grenze lag mittlerweile relativ niedrig. Ein weiteres Problem war, daß die SR - vermutlich wegen des aufgeweichten Luftfilters - mit einer Tankfüllung nur noch knapp 100 km schaffte, sodaß die Weiterfahrt eigentlich nur Tankstellenhopping war. Nachts auch nicht so prickelnd, das schränkt doch sehr die Möglichkeiten ein. Wir waren total fertig, und wenn Jo nicht hintendrauf eingeschlafen wäre und dadurch mit seinem Helm immer gegen meinen klackerte wäre ich wohl selber eingepennt. Unter anderen Voraussetzungen wäre es eine schöne Schwarzwaldstrecke gewesen, aber in meinem komatösen Zustand mangelte es mir irgendwie an Fahrfreude. Irgendwann morgens fielen wir tot ins Bett und pennten erst mal einen Tag durch, in der Zwischenzeit trockneten die Klamotten.
Nachdem wir auch hygienisch betrachtet wieder zumutbar waren machten wir uns auf den Weg zur letzten Etappe. Eigentlich konnte nichts mehr schiefgehen. Eigentlich...
Wir wollten endlich wieder heim und nahmen deshalb für die letzten rund 400 km die Autobahn. Wir waren mal grade so 50 km unterwegs, da macht es einen tierischen Schlag, die Kiste schlingert wie verrückt und mir gelang es noch grade so, unfallfrei auf der Standspur zum Stehen zu kommen. Erst glaubte ich an einen Platten, aber es waren ungefähr 1/3 der Speichen am Hinterrad gebrochen. Durch das Schladdern des Rades hatte sich ein Schraubenkopf an der Schwinge ziemlich tief seitlich in den Reifen gefräst. DAS wäre dann noch zusätzlich ein Platter geworden.
Laut ADAC hätte ich vor Ort ein Hotel usw. haben können, aber wir wollten ENDLICH nach Hause!!!
Also mit ADAC geregelt, daß wir einen VW-Bus nehmen, Mopped rein, bequem und entspannt haben wir es dann tatsächlich geschafft.
Damals habe ich mir geschworen, wenn Moppedurlaub so geht, dann nie wieder...
Mittlerweile weiß ich, es geht auch anders.